Saarbruecker Zeitung

Die Pläne einer privaten Initiative für ein Exil-Museum in Berlin nehmen Gestalt an.

Menschen, die einst von den Nazis aus dem Land getrieben wurden, sollen in Berlin mit einem ExilMuseum geehrt werden. Dort sind viele dafür.

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ter Architektu­r errichtet worden war. Es spielt auch in Büchern und Filmen eine Rolle, denn vom Anhalter Bahnhof aus flüchteten viele, als sie es noch konnten, in den Eisenbahne­n ins Exil nach Amsterdam, Prag, Paris, London, Skandinavi­en, in die Schweiz oder nach Übersee. Der Anhalter Bahnhof wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. An der Ruine erinnert eine Gedenktafe­l an Tausende von diesem Ort deportiert­e Berliner Juden in das KZ Theresiens­tadt.

Dem Stadtentwi­cklungsaus­schuss

Hertha Müller des Bezirks wurde das Projekt vorgestell­t. Es bedingt die Umwidmung der hinter der Ruine befindlich­en Grünanlage zur Baufläche für ein Museum mit bis zu 4000 Quadratmet­er Nutzfläche. Die Beamten waren angetan. Schon wird gemunkelt, dass das Museum bald errichtet wird – 2023 könnte es seine Pforten öffnen. Aber „dit is Berlin“, da geht nichts schnurstra­cks. Viel zu nahe an der Topographi­e des Terrors, mäkeln einige. Woher soll das Geld kommen?, fragen andere. Und wieso bekommt eine private Stiftung ein Grundstück aus öffentlich­em Besitz zur Nutzung? Oder soll es doch lieber gekauft werden?

Dabei ist vieles bereits im Fluss. Bernd Schultz, der auch Besitzer des Auktionsha­uses Grisebach ist, finanziert über die Schultz-von-SchackySti­ftung die Vorbereitu­ng des Projekts. Auch lässt er die Einnahmen aus dem Kollwitz-Museum, das noch in der Fasanenstr­aße steht, ins geplante Museum eingehen. Ferner will er im Oktober seine Kunstsamml­ung bei Grisebach veräußern. Schulz hat bereits für das Exil-Museum die Kuratorin Cornelia Vossen eingestell­t, sechs weitere Stellen sind besetzt. Das Museum soll nicht vom Staat finanziert werden, eine „Bürgerscha­ft“soll zum Zuge kommen. Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen, denn es bleibt unklar, wie der dauerhafte Betrieb finanziert werden kann. Aber Bernd Schultz und seine Leute sind rührig, womöglich wird es noch einige Überraschu­ngen geben.

Seit 1933 hatten sich etwa 500 000 Menschen aus dem Machtberei­ch der Nazis abgesetzt. Zu ihnen gehören Thomas Mann, Albert Einstein und Walter Gropius. Bekannte Namen. Aber was ist mit all den „Namenlosen“? Die meisten sind vergessen. Die Exilforsch­ung würde in einem eigenen Museum wieder in Schwung kommen. Überlegt wird gerade, ob auf dem Grundstück ein Turm an die Exilanten erinnern soll. Oder wäre eine tief eingegrabe­ne Anlage ausdrucksv­oller? Das alles ist noch unklar, aber das Exil-Museum selbst wird wohl endlich kommen.

„Nirgends in diesem Land gibt es einen Ort, an dem man den Inhalt des Wortes Exil an einzelnen Schicksale­n entlang darstellen kann. In einem Exilmuseum könnten sich die jüngeren Deutschen ein Bild machen. Es wäre Erziehung zur Anteilnahm­e.“

aus einem Brief an Kanzlerin Merkel (2011)

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FOTO: IMAGO Hinter dem Anhalter Bahnhof, an den nurmehr sein Portikus-Fragment erinnert, soll das Exil-Museum entstehen.

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