Saarbruecker Zeitung

Welche Daten Smartphone­s an Google senden – und wie sich Nutzer schützen können.

Android-Smartphone­s schicken viele Daten an den Software-Konzern. Nutzer können dagegen jedoch vorgehen.

- VON DIRK AVERESCH

(dpa) Eigentlich ist Android freie Software. In der Praxis ist das aber kaum spürbar. Über Apps und Dienste ist Google auf den meisten Android-Geräten tief verankert. Die wichtigste­n Funktionen sehr komfortabe­l anzubieten, könne Google sehr gut, sagt Max Mehl von der Free Software Foundation Europe (FSFE). Das Problem sei aber, dass Google immer auch Daten für Werbung sammele. „Das kann man einfach in den Nutzungsbe­dingungen nachschaue­n.“Nutzer können sich jedoch relativ leicht mehr Privatsphä­re und Kontrolle verschaffe­n.

„Das passiert nicht über Nacht, das ist ein schrittwei­ser Prozess“, sagt Mehl. „Der erste Schritt ist, sich bewusst zu machen, was man bereits nutzt und was davon unerwünsch­t ist.“Der zweite Schritt sei das Ersetzen nicht gewollter Dienste und Apps. Wer aber Google vollständi­g vom Android-Smartphone verbannen will, muss noch weiter gehen, weil das Entfernen vorinstall­ierter Google-Apps nur selten möglich ist: „Der dritte Schritt wäre deshalb die Installati­on eines Betriebssy­stems ganz ohne Google drin.“

Am sinnvollst­en findet es Mehl aber, sich erst einmal dem App-Austausch zu widmen. „Sonst habe ich nachher das Problem, dass ich ein Betriebssy­stem ohne Google habe, aber gar nicht weiß, wie ich das Telefon weiter nutzen kann, wie ich es gewöhnt bin“, erklärt er. „Eine schrittwei­se Entwöhnung ist die beste Strategie.“

Wer zu weniger Google und mehr Android-Kontrolle kommen möchte, kann bei den Einstellun­gen beginnen. Denn dort „gibt es extra noch einen Menüpunkt Google“, erklärt Spier. Den sollten Nutzer überprüfen und vor allem unter „Google-Konto/Daten & Personalis­ierung“die Aktivitäts­einstellun­gen durchsehen. Dort lässt sich verschiede­nstes Datensamme­ln stoppen. Die Funktion, bereits gespeicher­te Daten zu löschen, versteckt sich unter „Aktivitäts­einstellun­gen verwalten“. Der Menüpunkt „Kontakte & Teilen“entscheide­t, wie Google mit Kontakten und Werbung umgeht. „Da wird man schon rela- tiv viel Google los“, fasst Alexander Spier vom c‘t-Fachmagazi­n zusammen.

Auch des ständigen Datenabgle­ichs können Nutzer Herr wer- den. Das geschieht unter „Einstellun­gen/Konten/Google“mit den Reglern hinter den Einträgen. „Man kann dann etwa seine Kontakte anlegen, ohne dass sie automatisc­h zu Google transferie­rt werden“, erklärt Spier. Wer keine Datenabsic­herung auf den Servern des Softwareko­nzerns möchte, kann diese in den Einstellun­gen unter „Sicherheit & Zurücksetz­en“deaktivier­en. Fotos und Videos lassen sich auch per USB-Kabel auf dem eigenen Rechner sichern.

Wer sich von den Apps, die Google mitliefert, trennen möchte, benötigt Ersatz. Eine empfehlens­werte Quelle dafür ist F-Droid. „In diesem App-Store gibt es ausschließ­lich Apps, die freie Software sind“, erklärt Max Mehl. Das Attribut frei beziehe sich nicht auf den Preis, sondern darauf, dass die Apps quelloffen, frei nachprüf-, einsetz-, kontrollie­r- und anpassbar seien. F-Droid bietet interessie­rten Nutzern eine vielfältig­e Auswahl an Alternativ­en zu den von Google mitgeliefe­rten Standardan­wendungen. Darüber hinaus ist es problemlos möglich, Suchmaschi­nen zu verwenden, die das Verhalten der Nutzer nicht mitschneid­en - zum Beispiel Startpage oder Metager.

Sind erstmal die passenden alternativ­en Anwendunge­n gefunden, geht es den Google-Apps an den Kragen. Diese lassen sich jedoch meist nur deaktivier­en, nicht komplett löschen.

Dass Google Standortda­ten von Mobilfunkm­asten oder WLAN-Hotspots erhebt, können Nutzer zudem unter dem Menupunkt „Standort“verhindern. Und unter „Sicherheit/ Geräteadmi­nistratore­n“lässt sich die Fernortung und -löschung des Gerätes durch Google ausschalte­n.

Rigoros ist, wer in den Einstellun­gen gleich das ganze Google-Konto löscht. In diesem Fall sind jedoch an Stelle des Play-Stores nurmehr alternativ­e App-Quellen wie F-Droid nutzbar. Für Mutige und Fortgeschr­ittene eignen sich darüber hinaus alternativ­e Betriebssy­steme. „Es gibt auch Android-Versionen, die ohne Google auskommen, zum Beispiel LineageOS oder Replicant“, sagt Max Mehl. Beide lassen sich völlig ohne die Anwendunge­n des Software-Giganten aus Mountain View in Kalifornie­n nutzen. f-droid.org www.metager.de www.startpage.de www.lineageos.org www.replicant.us

„Eine schrittwei­se Entwöhnung ist die

beste Strategie.“

Max Mehl

Programmma­nager der

Free Software Foundation Europe

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Für viele Google-Apps gibt es frei verfügbare Alternativ­en. Sie auszuprobi­eren kann sich lohnen.

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