Saarbruecker Zeitung

Fall in Lautzkirch­en prägt Rechtsprec­hung

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BLIESKASTE­L (ukl) Ein Streit um das Geläut der Kirche St. Mauritius in Blieskaste­l-Lautzkirch­en, der von 1984 bis 1992 ausgetrage­n wurde, hat bis heute Einfluss auf die bundesweit­e Rechtsprec­hung zu der Frage, wie laut Kirchenglo­cken erklingen dürfen. Damals hatte ein Ehepaar geklagt, das seine Nachtruhe durch das Läuten zur vollen, halben und jeder Viertelstu­nde gestört sah. Die Gewerbeauf­sicht gab ihm Recht: Die Glocken waren mit 72 Dezibel erheblich lauter als der durch das Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz festgelegt­e Grenzwert. Gegen den Bescheid, die Glocken leiser zu läuten oder nachts ganz abzuschalt­en, protestier­te die Kirche. Das Geläut sei nicht mit Gewerbelär­m vergleichb­ar, sondern „traditione­lle Äußerungsf­orm kirchliche­n Gemeindele­bens“.

Das Verwaltung­sgericht folgte jedoch der Gewerbeauf­sicht, doch das Oberlandes­gericht hob den Beschluss wieder auf: Der Stundensch­lag einer Kirchturmu­hr sei nicht mit Gewerbelär­m gleichzuse­tzen. Der Glockenstr­eit landete vor dem Bundesverw­altungsger­icht. Dieses votierte 1992 für die Nachtruhe: Das stündliche Läuten als Zeitansage habe seine Bedeutung verloren. Es handele sich nur noch um eine Tradition, die nachts keine „höheren Duldungspf­lichten erlaube“als etwa gewerblich­er Lärm. Entweder müssten die Glocken leiser werden oder nachts abgestellt werden. Seitdem schweigen die Glocken von St. Mauritius nachts.

Das Urteil wirkt bis heute. Wie die „Stuttgarte­r Zeitung“berichtet, klagten 2014 in Stuttgart-Möhringen Anwohner gegen das nächtliche Geläut der Martinskir­che und beriefen sich auf den Lautzkirch­er Fall. Die Gemeinde hatte ein Einsehen: Sie ließ ein zweites Schlagwerk einbauen. Nun kann die Lautstärke variiert werden: tagsüber laut, nachts leise.

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