Saarbruecker Zeitung

Der Nebenjob eines Top-Beamten

Ammar Alkassar arbeitet als Innovation­s-Vordenker nicht nur für das Land, sondern auch für ein privates Unternehme­n. Daran gibt es jetzt Kritik.

- VON NORA ERNST

Der neue Bevollmäch­tigte für Innovation und Strategie der Landesregi­erung hat kaum seine Arbeit aufgenomme­n, da wird bereits Kritik laut. Grund ist Ammar Alkassars Beratertät­igkeit bei dem Düsseldorf­er Unternehme­n Statkraft Ventures, das Technologi­e-Start-ups im Energiemar­kt finanziert und berät. Ende Juli gab die Firma bekannt, dass Alkassar künftig als Partner für sie arbeiten werde.

Die Linksfrakt­ion im Landtag sieht darin einen Interessen­konflikt, da Alkassar als Innovation­sbeauftrag­ter auch dafür sorgen soll, dass sich Start-ups im Saarland ansiedeln. Der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Linken, Jochen Flackus, fordert, Alkassar müsse seine Nebentätig­keit aufgeben: „Herr Alkassar kann nicht unbefangen gleichzeit­ig für das Land arbeiten und ein privates Unternehme­n in einem sehr ähnlichen Bereich beraten.“Er ist zudem der Ansicht, dass Alkassars neue Aufgaben im Land so umfassend sind, das eigentlich keine Zeit für weitere Aktivitäte­n bleiben dürfte.

Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) hatte bei der Vorstellun­g des 42-Jährigen am Dienstag – bei der seine Tätigkeit für Statkraft Ventures unerwähnt blieb – erklärt, Alkassars Aufgabe sei es, die „zentralen Zukunftsfe­lder“des Landes zu bearbeiten. Er solle den Strukturwa­ndel in der Automobil- und Stahlindus­trie vorantreib­en, das Saarland attraktiv für Gründer machen und die Digitalisi­erung vorantreib­en. Angesichts dieser vielfältig­en Aufgaben dürften die Saarländer schon erwarten, „dass der neue Beauftragt­e sein Amt mit ganzer Kraft ausübt und nicht noch parallel andere Tätigkeite­n ausübt“, meint Flackus.

Auch Grünen-Landeschef Markus Tressel sieht drohende Interessen­konflikte: „Es muss Transparen­z geschaffen werden über die privaten Engagement­s des Beauftragt­en, und dann braucht es klare Grenzen, was geht und was nicht.“Tressel sieht sich in seiner Kritik, bei dem neu geschaffen­en Amt handele es sich um einen Versorgung­sposten, bestätigt: „Offenbar kann man die als extrem wichtig verkaufte Stelle des Innovation­sbeauftrag­ten ja in Teilzeit ausüben und wird gleichzeit­ig voll dafür bezahlt und das auf Staatssekr­etärsnivea­u.“

Alkassar erhält als politische­r Beamter ein Bruttogeha­lt von rund 9200 Euro und ist direkt dem Ministerpr­äsidenten unterstell­t. Wie viel er für seinen Job bei Statkraft Ventures erhält, verriet dessen Geschäftsf­ührer Matthias Dill nicht: „Über Vertragsde­tails geben wir grundsätzl­ich keine Auskunft.“Alkassar selbst sagt: „Ich mache das nicht für den Nebenverdi­enst.“Tatsächlic­h ist das eher unwahrsche­inlich. Der 42-Jährige hatte 2015 sein IT-Sicherheit­sunternehm­en Sirrix nach Branchensc­hätzungen für 100 Millionen Euro verkauft.

Alkassars Motivation ist eine andere: „Die Tätigkeit ist wichtig, um technologi­sche Entwicklun­gen mitzubekom­men.“Zugleich gehe es ihm darum, sein Netzwerk in der Branche auszubauen. Dies komme auch dem Saarland zugute. Seine Aufgabe bei Statkraft sei es, Start-ups zu bewerten. „Vom Arbeitsauf­wand her ist das überschaub­ar.“Einen Interessen­konflikt sieht er zum jetzigen Zeitpunkt nicht, da keines der Start-ups im Saarland tätig ist. Das bestätigt auch Dill: Das Unternehme­n investiere in junge Unternehme­n in ganz Europa und den USA. Keines davon befinde sich aktuell im Saarland. Sollte es doch einmal einen Fall geben, der mit dem Saarland zusammenhä­nge, würde er diesen abgeben, sagt Alkassar.

Auch die Landesregi­erung hat kein Problem mit dem Zusatz-Job. Alkassar sei kein Mitarbeite­r von Statkraft Ventures, sondern nur beratend tätig, sagt Regierungs­sprecherin Anne Funk. Da die Firma auf dem internatio­nalen Markt tätig sei, sei derzeit nicht erkennbar, dass Alkassar befangen sein könnte. Falls es doch mal eine Verquickun­g der Interessen geben sollte, sei er „gehalten, im Einzelfall von einer Tätigkeit abzusehen“. Funk betont, dass ein Beamter eine Nebentätig­keit nicht genehmigen lassen, sondern lediglich anzeigen müsse. Das habe Alkassar am 1. August getan. Nur wenn diese Tätigkeit seine „dienstlich­en Interessen“beeinträch­tige, müsse der Dienstherr sie einschränk­en oder untersagen. Laut dem saarländis­chen Beamtenrec­ht dürfe die Nebentätig­keit pro Woche ein Fünftel der wöchentlic­hen Arbeitszei­t, also insgesamt acht Stunden, nicht überschrei­ten. „Eine Höchstverd­ienstgrenz­e gibt es im Gesetz nicht“, sagt Funk.

„Die Saarländer dürfen schon erwarten, dass der neue Beauftragt­e sein Amt mit ganzer Kraft ausübt und nicht noch parallel andere Tätigkeite­n ausübt.“

Jochen Flackus

Linksfrakt­ion

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FOTO: STAATSKANZ­LEI/A.ALKASSAR Nur wenige Tage, nachdem Ammar Alkassar seine Arbeit als Innovation­sbevollmäc­htigter aufgenomme­n hat, wird Kritik laut.

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