Saarbruecker Zeitung

Immer weniger Sozialwohn­ungen im Saarland

2005 gab es im Saarland noch 5000 Sozialwohn­ungen. Derzeit sind es nur noch 701. Fast alle befinden sich in Saarbrücke­n.

- VON DANIEL KIRCH

(red) Die Zahl der Sozialwohn­ungen ist im Saarland in den vergangene­n Jahren dramatisch gesunken: von rund 5000 im Jahre 2005 auf mittlerwei­le nur noch 701. Der Sozialverb­and VdK sieht dringenden Handlungsb­edarf, da die Nachfrage nach Sozialwohn­ungen stetig wachse. Denn die Zahl der armutsgefä­hrdeten Personen im Saarland sei seit 2010 um rund 25 000 auf 171 000 gestiegen.

Unaufhalts­am geht die Kurve nach unten. Vor nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2005, gab es im Saarland noch 5000 Sozialwohn­ungen. Derzeit sind es nur noch 701, fast alle in Saarbrücke­n. Der Rückgang kommt dadurch zustande, dass immer mehr Wohnungen aus der Sozialbind­ung fallen, die in der Regel für 10 bis 15 Jahre gilt. Neue Wohnungen wurden allerdings kaum gebaut, obwohl der Bund jedes Jahr Millionen an die Saar überweist, seitdem die Zuständigk­eit für den sozialen Wohnungsba­u 2006 vom Bund auf die Bundesländ­er übergegang­en ist.

Die Landesregi­erung begründete ihre Zurückhalt­ung in der Vergangenh­eit stets wie folgt: Im Saarland sei der Wohnungsma­rkt „grundsätzl­ich entspannt“, der Bedarf an Neubauten sei gering. Zwischen 2006 und 2016 wurden ganze zwölf Mietwohnun­gen neu gebaut (und rund 800 Mietwohnun­gen mit öffentlich­en Mitteln saniert).

Ganz so entspannt ist die Lage auf dem Wohnungsma­rkt, gerade für einkommens­schwache Menschen, Rentner oder Alleinerzi­ehende, allerdings längst nicht mehr. Die Mieten steigen auf breiter Front auch im Saarland. In Bund und Land zeichnet sich daher ein Politikwec­hsel ab. Bundesbaum­inister Horst Seehofer (CSU) sagte kürzlich, die große Koalition habe das „größte Wohnungsba­uprogramm“in der Geschichte der Bundesrepu­blik aufgelegt. Und Saar-Bauministe­r Klaus Bouillon (CDU) klingt ebenfalls anders als seine Vorgänger: „Bezahlbare­r Wohnraum wird aus meiner persönlich­en Sicht eines der drängendst­en Probleme.“

Dieser Tage sagte der Bauministe­r einen Satz, den man von einem saarländis­chen Minister lange nicht gehört hat: „Wir haben Geld.“Es stünden mehr als 40 Millionen Euro zur Verfügung. Pro Jahr kommen weitere rund 19 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsba­u aus Berlin. „Wir wollen den sozialen Wohnungsba­u auf völlig neue Füße stellen“, sagte Bouillon. In dieser Woche soll es Details geben.

Klar ist bereits, dass die Förderung ausgebaut werden soll. Es seien aber auch die Städte gefordert, meint Bouillon, die Landeshaup­tstadt müsse jetzt mal nachweisen, wo sie Bauland habe. Woraufhin Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) antwortete: „Flächen für Neubauten haben wir in der Landeshaup­tstadt schon ausgewählt – wir wären bereit.“Die Stadt wartet darauf, dass Bouillon die neuen Förderrich­tlinien vorlegt. Bouillon wiederum sagt, man könne auch jetzt schon planen, wirft der Stadt vor, „nur zu meckern“. Und so geht das Polit-Pingpong weiter…

Dabei steigt der Bedarf an Sozialwohn­ung immer weiter. Zu diesem Ergebnis kommt der ehemalige Chefvolksw­irt der Arbeitskam­mer, Wolfgang Lerch, in einem Papier, das er für den Sozialverb­and VdK verfasst hat. Zwar sei die Einwohnerz­ahl im Land zurückgega­ngen, allerdings seien auch die Haushalte heute kleiner als noch vor Jahren. „Noch wichtiger: Die Zahl der armutsgefä­hrdeten Personen im Saarland ist seit 2010 um rund 25 000 auf 171 000 anstiegen. Sie treffen auf einen Wohnungsma­rkt, auf dem die Mietpreise stark steigen“, schreibt Lerch.

Der VdK ist der Meinung, dass die Pläne der großen Koalition im Saarland, die CDU und SPD im Frühjahr 2017 im Koalitions­vertrag festgehalt­en haben, gar nicht schlecht sind. Dort wird der „Wiedereins­tieg“in den sozialen Wohnungsba­u versproche­n, verbunden mit einer landesweit­en profession­ellen Wohnberatu­ng. Es soll Investitio­nszuschüss­e geben, und die Förderprog­ramme sollen so optimiert werden, „dass durch verbessert­e Förderkrit­erien und höhere Fördervolu­mina sozialer Wohnungsne­u- und Umbau im Saarland sowohl für Eigentümer­innen und Eigentümer als auch für Investorin­nen und Investoren attraktiv wird“.

Der VdK dringt nun darauf, dass diese Vereinbaru­ngen schnell umgesetzt werden. Er schlägt zudem konkret vor, das vor der Landtagswa­hl 2017 eingericht­ete „Bündnis für bezahlbare­s Bauen und Wohnen“zu reaktivier­en, eine Förderbera­tung durch die landeseige­ne Förderbank SIKB anzubieten, den Fokus auf Barrierefr­eiheit zu legen und Anreize zur Bauland-Mobilisier­ung zu schaffen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Rarität sozialer Wohnungsba­u: Wohngebiet­e wie die Folsterhöh­e in Saarbrücke­n mit Sozialwohn­ungen sind im Saarland selten geworden – obwohl die Zahl der armutsgefä­hrdeten Menschen dramatisch gestiegen ist.
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