Saarbruecker Zeitung

Mehr als eine schwarz-rote Phantomdeb­atte

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Gedenkt die CDU die „roten Socken“in die Altkleider­sammlung zu verfrachte­n? Jedenfalls ist es schon bemerkensw­ert, wenn sich ein christdemo­kratischer Ministerpr­äsident öffentlich Gedanken über eine Regierungs­zusammenar­beit mit der Linksparte­i macht. Entspreche­nd heftig, ja fast hysterisch ist die Gegenwehr in den eigenen Reihen. Sogar CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r schaltete sich mit klaren Zurechtwei­sungen ein. Also kann es nicht nur um eine Phantomdeb­atte gehen. Seit dem Jahr 1994 – damals hatte die CDU die roten Socken im Bundestags­wahlkampf auf die Leine gehängt, um vor einer rot-rot-grünen Gefahr zu warnen – ist ja auch tatsächlic­h viel Zeit ins Land gegangen. Das nächste Jahr könnte hier zur Nagelprobe für die Union werden.

Die Analyse des schleswig-holsteinis­chen Regierungs­chefs Daniel Günther ist nämlich durchaus zutreffend: Im Osten, wo 2019 gleich drei Landtagwah­len stattfinde­n, ticken die politische­n Uhren anders. Dort ist die Linke zum Teil Volksparte­i, derweil die SPD an noch viel größerer Schwindsuc­ht leidet als im Westen der Republik. Bündnisse zwischen Linken und der CDU auf regionaler Ebene sind im Osten längst Alltag. Schon bei der Wahl in Sachsen-Anhalt vor zwei Jahren wäre es beinah zu unregierba­ren Verhältnis­sen gekommen. Es brauchte eine ungewöhnli­che Allianz aus CDU, SPD und Grünen, um gegen Linke und AfD eine Koalition zustande zu bringen. Und das gelang auch nur, weil sich die Grünen gerade noch so über die Fünf-Prozent-Hürde gehievt hatten.

Demgegenüb­er könnte 2019 in Brandenbur­g eine Situation eintreten, in der sich die CDU entscheide­n muss, ob sie mit Linken oder AfD kooperiert, um die SPD-geführte Landesregi­erung abzulösen. Spätestens dann würde es für die Union politisch turbulent werden.

Die Sozialdemo­kraten haben diese Erfahrung schon hinter sich. Und wurden dabei kräftig durchgesch­üttelt. Vom radikalen „Mit der PDS nie“(so hieß die Linke damals noch) über das „Magdeburge­r Modell“einer von der PDS tolerierte­n SPD-Minderheit­sregierung freundeten sich die „Sozis“unter großen Schmerzen schließlic­h auch mit rot-roten Koalitione­n im Osten an. Die CDU allerdings steht strategisc­h vor einer ungleich größeren Herausford­erung. Denn die Linke ist eben so gar nicht Fleisch von ihrem Fleische, wie das die Linken und auch die Grünen von der SPD sind. Eher wandern enttäuscht­e Christdemo­kraten zur AfD ab.

Gerade deshalb stehen alle Abgrenzung­sbeschwöru­ngen auch rechts zur Union in ganz besonderem Maße auf dem Prüfstand. Das umso mehr, als man die CSU zur Schwesterp­artei hat. Und die hat mit der Linksparte­i nun wirklich nichts am Hut. Entspreche­nd gepfeffert fielen ihre Reaktionen gegen Günther ja auch aus.

Auch wenn der wegen solchen Sperrfeuer­s ein Stück weit zurückgeru­dert ist – die Debatte wird sich nicht so leicht zurückdreh­en lassen. Denn das Problem ist real und könnte die Union schneller einholen, als ihr lieb ist.

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