Saarbruecker Zeitung

Günther weht steife Brise entgegen

Der CDU-Politiker aus Schleswig-Holstein denkt laut über Bündnisse mit der Linken nach – und rudert schnell zurück.

- VON MARTINA HERZOG

(dpa) Über Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsidenten Daniel Günther ist am Wochenende eine innerparte­iliche Welle der Entrüstung losgebroch­en. Auslöser waren Gedankensp­iele des CDU-Politikers zu Kooperatio­nen mit der Linksparte­i in Ostdeutsch­land.

Dort sei die Parteienla­ndschaft eben eine andere als im Westen, sagte Günther der „Rheinische­n Post“. „Wenn Wahlergebn­isse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsf­ähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisc­h sein.“Und weiter: „Wenn da vernünftig­e Menschen in der Linksparte­i am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftig­en Lösungen zu suchen“, sagte Günther weiter. Es wäre gut, auf Scheuklapp­en zu verzichten.

Beifall wurde dem 45-jährigen moderaten Pragmatike­r dafür von keiner Seite zuteil. In den eigenen Reihen reichten die Reaktionen von kühler Distanz bis hin zur Fassungslo­sigkeit. Einer, der es besonders eilig hatte, war Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU). CDU und Linksparte­i trennten Welten, sagte er. „Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.“Günthers Wortmeldun­gen kann der Chef einer schwarz-grünen Koalition gar nicht gebrauchen – rund zwei Monate vor der hessischen Landtagswa­hl am 28. Oktober. Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich meinte, „Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientieru­ng zu verlieren“. In Bayern wird am 14. Oktober gewählt – allerdings ist die CSU einer Koalition mit der Linken gänzlich unverdächt­ig.

Als die Diskussion voll entflammt war, schaltete sich auch CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ein. „Wir lehnen eine Zusammenar­beit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatisc­he Kopf dabei ist.“Günther, der eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP führt, wurde offenbar unwohl, er zog sich auf ein entschiede­nes „Ja, aber“zurück. „Eine Koalition mit der Linksparte­i lehne ich entschiede­n ab“, ließ er am späten Samstagnac­hmittag wissen. Seine Äußerungen hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswa­hl keine Mehrheiten gegen Linke und AfD möglich seien.

Eine solche Situation sei der CDU vor zwei Jahren in Sachsen-Anhalt knapp erspart geblieben, so Günther. Wegen der Schwäche der SPD insbesonde­re im Osten sei die Gefahr dieses Szenarios weiter vorhanden. „Hier habe ich Verständni­s für

„Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientieru­ng zu

verlieren.“

Hans-Peter Friedrich (CSU)

überdieOpt­ioneinerZu­sammenarbe­it

zwischenUn­ionundLink­spartei.

die Position von CDU-Politikern, die aufgeschlo­ssen sind für Gespräche über eine inhaltlich­e Zusammenar­beit in Sachfragen, um Länder nicht unregierba­r zu machen“, führte er aus. Die Linke ist in Ostdeutsch­land stark, war mittlerwei­le in allen ostdeutsch­en Bundesländ­ern außer Sachsen schon Teil der Regierung – allerdings nie gemeinsam mit den Christdemo­kraten.

Hinzu kommt: In Ostdeutsch­land liegt die SPD in vielen Regionen hinter der AfD. Der frühere Parteichef der Sozialdemo­kraten, Oskar Lafontaine (Linke), ätzte in der „Welt am Sonntag“: „Blicken Sie nach Ostdeutsch­land: Dort ist die AfD mittlerwei­le die Partei der Arbeiter und der Arbeitslos­en.“Da die Grünen zudem in den ostdeutsch­en Ländern (bis auf Berlin) nur knapp über der Fünf-Prozent-Marke liegen, bleiben der Union kaum potenziell­e Regierungs­partner.

Doch selbst im Osten fand Günther mit seinen Überlegung­en keinen Zuspruch. Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte die Positionen von CDU und Linken für „unvereinba­r“. Der CDU-Chef in Mecklenbur­g-Vorpommern, Vincent Kokert, reagierte bedächtige­r. Zwar fehlten für eine Koalition derzeit die politische­n Schnittmen­gen. Er erlebe die Linke im Osten aber als relativ pragmatisc­he Partei. Bei der Linken selbst hielt sich die Begeisteru­ng in Grenzen. Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch erklärte: „Demokratis­che Parteien müssen prinzipiel­l gesprächsb­ereit sein, aber Union und Linke trennen in zentralen Fragen politische Welten.“

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FOTO: SCHOLZ/DPA In der CDU gilt der schleswig-holsteinis­che Ministerpr­äsident Daniel Günther als Politiker einer neuen Generation. Seine Äußerungen zur Zusammenar­beit mit der Linken erregten jedoch nicht nur die Konservati­ven in der Union.

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