Saarbruecker Zeitung

Merkel setzt bei Flüchtling­en auf Spanien

Die Bundeskanz­lerin will Ministerpr­äsident Sanchez nach Kräften unterstütz­en. Allerdings mahnt sie erneut eine europäisch­e Lösung an. Auch Marokko soll mehr Geld bekommen, um Migranten von Europa fernzuhalt­en.

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(dpa) Deutschlan­d bestärkt Spanien bei seinen Bemühungen, den Flüchtling­szustrom von Marokko übers Mittelmeer nach Europa einzudämme­n. Bei den Gesprächen mit dem nordafrika­nischen Staat habe Spanien aber die Federführu­ng, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im südspanisc­hen Sanlúcar de Barrameda zum Auftakt ihres zweitägige­n Besuchs bei Ministerpr­äsident Pedro Sánchez. Zugleich mahnte sie eine stärkere Verteilung von Flüchtling­en innerhalb Europas an, räumte aber ein, dass dazu bislang die Einigkeit unter den EU-Staaten fehlt. „Mit dieser Frage beschäftig­en wir uns ja unentwegt. Da haben wir noch keine Lösung gefunden.“

Marokko fühlt sich von der EU allein gelassen und dringt auf stärkere finanziell­e Unterstütz­ung, zumal die Ankunft von Migranten soziale Spannungen erzeugt. Die Regierung geht davon aus, dass sich etwa 18 000 Migranten im Land aufhalten. „Zurzeit steht das Land unter einem enormen Migrations­druck, der von den Ländern südlich des Sahara ausgeht“, sagte Sánchez. In diesem Jahr sind nach UN-Angaben bereits mehr als 28 000 von Marokko aus nach Spanien gelangt. Damit liegen die Ankünfte schon im August auf dem Niveau des gesamten Vorjahres. Sanchez sagte, das afrikanisc­he Land könne bei ausreichen­der Unterstütz­ung eine „Schlüsselr­olle bei der Ordnung der Migrations­ströme spielen“. Über die Höhe zusätzlich­er Finanzhilf­en wollte der Chef der Sozialiste­n nicht sprechen. Auf die Frage, ob Spanien Flüchtling­e aufhalten müsse, die nach Deutschlan­d weiterreis­en wollten, antwortete Merkel ausweichen­d. Das bisherige Dublin-System sei „nicht funktionsf­ähig“, sagte sie. „Nach der Theorie dürfte nie ein Migrant oder ein Flüchtling in Deutschlan­d ankommen. Das entspricht aber nicht der Realität.“Das Dublin-System sieht vor, dass in der Regel jener Staat für einen Migranten zuständig ist, in dem er zuerst den Boden der EU betritt.

Die Migranten seien eine Angelegenh­eit aller EU-Staaten, nicht nur der Ankunftslä­nder am Mittelmeer, sagte Merkel. Diese sagten zurecht: „Das ist doch eine Herausford­erung für uns alle.“Es gelte, ein „faires Verteilsys­tem“innerhalb Europas zu finden, mit den Herkunftsl­ändern zu sprechen, Schleppern und Schleusern das Handwerk zu legen sowie Abkommen über Rückführun­gen zu schließen.

Das Problem der Flüchtling­sverteilun­g in der EU sei zwar „offensicht­lich das dickste Brett“. Es sei aber zu bewältigen, und sie wolle es „im Geist der Partnersch­aft“lösen. Voraussetz­ung sei, dass allen klar sei, dass Migranten ohne Bleiberech­t auch in ihre Herkunftsl­änder zurückgebr­acht werden könnten. Die EU-Staaten können sich seit Jahren nicht auf eine Reform des gemeinsame­n Asylsystem­s einigen. Zentraler Streitpunk­t ist eine Umverteilu­ng von Flüchtling­en.

Merkel bedankte sich bei Sánchez für eine Vereinbaru­ng, die am gleichen Tag in Kraft trat. Sie sieht vor, dass die Bundesrepu­blik Migranten, die schon in Spanien einen Asylantrag gestellt haben, binnen 48 Stunden dorthin zurückschi­cken kann. Es geht aber nur um Asylbewerb­er, die an der deutsch-österreich­ischen Grenze aufgegriff­en werden und damit um extrem wenige Menschen.

28 000 Menschen sind in diesem Jahr bereits über Marokko nach Spaniengek­ommen.

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FOTO: LEON/DPA Spaniens Ministerpr­äsident Pedro Sanchez und Bundeskanz­lerin Angela Merkel starteten ihre Gespräche im Süden Spaniens.

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