Saarbruecker Zeitung

Steag setzt bei Wind auf Frankreich

Die Konzerntoc­hter Steag New Energies sieht die deutsche WindkraftF­örderung nicht mehr als lohnend an. Sie engagiert sich auch als Dienstleis­ter.

- VON LOTHAR WARSCHEID

Bei an Land erzeugter Windkraft in Deutschlan­d sieht das Energieunt­ernehmen Steag New Energies nur noch wenig Potenzial. Die Saarbrücke­r Tochter des Essener Kraftwerks-Konzerns Steag erkennt in der hier üblichen Ausschreib­ungspraxis kein lohnendes Geschäftsm­odell mehr. Stattdesse­n investiert das Unternehme­n weiter kräftig in Windmühlen in Frankreich. „Dort lohnt es sich noch, während das deutsche weniger attraktiv ist“, sagt Dirk Klingen, Sprecher der SNE-Geschäftsf­ührung. In Frankreich würde die Ausschreib­ung erst greifen, wenn in einem Windpark eine Gesamtleis­tung von mehr als 18 Megawatt (MW ) erreicht würde. Bei allen Parks, die unter diese Leistungsg­renze fallen, werde der Stromverka­uf mit durchschni­ttlich 7,5 Cent pro Kilowattst­unde (kWh) entlohnt. „Das ist eine Einspeisev­ergütung, mit der man sehr gut leben kann“, sagt Markus Laukamp, Geschäftsf­ührer Vertrieb der SNE. In Deutschlan­d lag der höchste Zuschlag bei der letzten Auktion zwar wieder bei 6,3 Cent je kWh, er war aber bei den Auktionen im vergangene­n Jahr bis auf 3,8 Cent je kWh gefallen.

Daher will SNE beim französisc­hen Nachbarn in Zukunft zunächst ausschließ­lich solche Windparks errichten, die unter die 18-MW-Grenze fallen. Dies würde maximal sechs Windrädern á drei MW entspreche­n. Derzeit betreibt SNE dort sieben Windparks mit einer Gesamtleis­tung von 94 MW. Die bevorzugte­n Standorte sind in Lothringen, in der Picardie und in der Bretagne. Seit Herbst vergangene­n Jahres ist die Muttergese­llschaft Steag nur noch mit 51 Prozent an den französisc­hen Ökostrom-Fabriken beteiligt. Die restlichen 49 Prozent wurden an Allianz Global Investors, den Vermögensv­erwalter des Münchener Versicheru­ngskonzern­s, verkauft.

Ein weiteres Kerngeschä­ft von SNE ist die dezentrale Energiever­sorgung. Zu den Hauptkunde­n zählen Stadt- und Gemeindewe­rke, Wohnungsba­ugesellsch­aften und Industrie-Unternehme­n. Dort errichtet SNE Blockheizk­raftwerke (BHKW), die – meist mit Gas oder Biomasse betrieben – Wärme und Strom liefern. „Rund 150 Anlagen betreut SNE derzeit bundesweit“, erläutert Thomas Billotet, Geschäftsf­ührer Technik.

Darüber bietet das Unternehme­n für größere Industrieb­etriebe auch sogenannte Contractin­g-Lösungen an. „Hierbei planen, bauen und betreiben wir die BHKW-Anlagen, die wir anschließe­nd an die Kunden verkaufen oder verpachten“, sagt Klingen. SNE stelle sicher, dass die Anlagen jederzeit in der Lage sind, Wärme, Kälte, Strom oder Prozessdam­pf in ausreichen­der Menge liefern zu können. Wichtige Contractin­g-Partner sind im Saarland die Ford-Werke in Saarlouis und die Karlsberg-Brauerei in Homburg. Bei Ford ist das Unternehme­n seit Kurzem auch als Contractin­g-Partner für die Versorgung des Werks mit Druckluft zuständig. „Das ist für uns ein ganz neues Geschäftsf­eld“, sagt Vertriebs-Chef Laukamp.

Dennoch sei das Contractin­g-Geschäft mit der Industrie derzeit schwierig. Es sei noch immer nicht geklärt, ob die Eigenstrom-Erzeugung der Unternehme­n, unter die die BHKW-Kraftpaket­e von SNE fallen, auch in Zukunft teilweise von der Umlage des Erneuerbar­en-Energien-Gesetzes (EEG) befreit sind. Derzeit gilt wieder der reduzierte Satz von 40 Prozent, nachdem Anfang des Jahres kurzzeitig die volle Umlage bezahlt werden musste. „Doch rechtssich­er ist das Ganze immer noch nicht. Hier brauchen wir dringend eine gesetzlich­e Klärung“, fordert Klingen. Die Verunsiche­rung bei den potenziell­en Kunden sei groß.

Dennoch ist die Essener Steag-Mutter offenbar mit ihrer Saarbrücke­r Tochter SNE zufrieden. Der Umsatz lag im vergangene­n Jahr eigenen Angaben zufolge bei rund 267 Millionen Euro, das operative Ergebnis (Ebit) bei 48 Millionen Euro. SNE beschäftig­t knapp 390 Mitarbeite­r, davon rund 260 im Saarland. Für 2018 erwartet das Management ein leichtes Ergebnispl­us bei einem stabilen Umsatz.

Eine Besonderhe­it an der Saar ist immer noch das Grubengas. Derzeit fördert SNE aus alten Köhleflöze­n jährlich noch 140 Millionen Kubikmeter dieses Energieträ­gers. „Damit können etwa 150 000 Menschen mit Strom versorgt werden“, sagt Technik-Geschäftsf­ührer Billotet. Das Gas werde abgesaugt, verdichtet und über das noch vorhandene Grubengas-Netz verteilt. Im Kraftwerks­park Völklingen-Fenne stehen 14 Grubengas-Motoren, die Wärme und Strom produziere­n. Das heiße Wasser fließt in die Fernwärmes­chiene Saar. Der Strom wird ins Netz eingeleite­t. Mit Grubengas wird zudem ein Heizkraftw­erk im Neunkirche­r Stadtteil Wellesweil­er betrieben. Die Wärme nutzt der Folienhers­teller Treofan, der Strom fließt ins öffentlich­e Netz. Billotet geht davon aus, dass die Grubengas-Vorräte noch bis 2030 zur Verfügung stehen – allerdings mit abnehmende­r Tendenz. Für 2030 rechnet er noch mit 20 Millionen Kubikmeter­n Grubengas.

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FOTO: MAASS/SNE In Frankreich betreibt Steag unter anderem den Windpark Woelfling-lès-Sarreguemi­nes.
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FOTO: SNE Die Geschäftsf­ührer von Steag New Energies: Dirk Klingen (Sprecher), Thomas Billotet und Markus Laukamp (v.l.).

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