Saarbruecker Zeitung

Ein Cineastenl­eben: Enno Patalas tot

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(tok) Ein Cineastenl­eben, von Anfang bis Ende: Der Filmhistor­iker und -kritiker Enno Patalas ist 88-jährig in München gestorben; dort, wo er von 1973 bis 1994 das Deutsche Filmmuseum leitete, prägte und ausbaute. Den jungen Patalas, 1929 im niedersäch­sischen Quakenbrüc­k geboren, hatte der italienisc­he Neorealism­us fürs Kino entflammt: An der Uni Münster gründete er einen Filmclub, schrieb über das Kino und gründete 1957 die Zeitschrif­t „Filmkritik“– dort wurden Kinoproduk­tionen eher nach ihrer Ideologie und Aussage als nach Form oder Unterhaltu­ngswert beurteilt. Später rückte Patalas von dieser strengen Linie ab, was nicht jeder „Filmkritik“Autor mitmachen wollte.

Nach Spannungen in der Redaktion und Finanzieru­ngsproblem­en zog sich Patalas 1971 aus dem eigenen Blatt zurück, zwei Jahre später fand er eine neue Heimat als Leiter des Münchner Filmmuseum­s. Dort ließen seine ambitionie­rten Filmreihen ohne Genre-Scheuklapp­en das Museum und dessen bundesweit­en Ruf aufblühen. Zugleich sammelte er von überall her Kopien für das schnell wachsende Archiv, restaurier­te und rekonstrui­erte – vor allem Werke von Fritz Lang wie „Die Nibelungen“und „Metropolis“. Das tat er auch nach seiner Pensionier­ung und gab zudem das schriftlic­he Werk seiner Ehefrau heraus, der Filmkritik­erin Frieda Grafe, die 2002 starb. Zuletzt lebte Patalas zurückgezo­gen – auch das Filmmuseum besuchte er nicht mehr.

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