Saarbruecker Zeitung

Hussongs Traum von den 70 Metern

Die Speerwurf-Europameis­terin aus Zweibrücke­n steckt sich schon die nächsten Ziele.

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BERLIN (sid) Christin Hussong war auch am Tag danach noch überwältig­t von ihrem Coup. „Der Wettkampf war ein Traum, vom ersten Wurf weiß ich gar nichts mehr“, sagte die 24-Jährige. Nach Gold für Olympiasie­ger Thomas Röhler und Silber für Andreas Hofmann bei den Männern gewann Hussong den EM-Titel bei den Frauen: Deutschlan­d dominierte in Berlin die Speerwurfw­ettbewerbe. „Ich habe schon Lust bekommen, auch auf dem Treppchen zu stehen. Dass ich es mache wie Thomas, ist umso schöner“, sagte sie.

Und wie sie es tat: Mit Meistersch­aftsrekord von 67,90 Metern stellte die Athletin des LAZ Zweibrücke­n am Freitagabe­nd nicht nur eine persönlich­e Bestleistu­ng auf, sondern schob sich auch auf Platz drei der ewigen deutschen Bestenlist­e vor. Ihre Weite hätte sowohl bei der WM 2017 als auch bei Olympia 2016 zu Gold gereicht.

Zwar sprang sie nach ihrem Sieg nicht wie Röhler in den Wassergrab­en, war aber nach dem größten Erfolg ihrer Karriere nicht minder emotional. Die Rückschläg­e, die sie in der Vergangenh­eit einstecken musste, hat sie nicht vergessen. „Es waren schwierige Jahre“, sagte Hussong. Sie erinnerte damit an Olympia 2016, als sie mit 57,70 Metern nur Zwölfte wurde, und an die WM 2017, als sie in der Qualifikat­ion ausschied: „Man lernt daraus, man muss weiter an sich arbeiten. Es tut so gut, dass man für die harte Arbeit belohnt wird.“

Bereits früh war Hussong als großes Talent gefeiert worden, sammelte erste Meriten im Nachwuchsb­ereich – nun schaffte sie endgültig den internatio­nalen Durchbruch. „Viele Leute sagten, dass ich nicht in der Lage sei, bei einem großen Wettbewerb für Erwachsene und in einem großen Stadion weit zu werfen, aber ich habe das Gegenteil bewiesen“, betonte sie.

Für ihren Erfolg hatte Hussong auch mit den erfolgreic­hen deutschen Männern um Röhler, Hofmann und Weltmeiste­r Johannes Vetter zusammenge­arbeitet. „Wir waren im Trainingsl­ager in Südafrika, wir trainieren auch zusammen“, sagte sie. Der deutsche Speerwurf-Chef Boris Obergföll spreche sich mit ihrem Vater ab: „Das ist eine Gemeinscha­ftsaktion.“

Ansonsten ist das Training aber Familiensa­che. Gecoacht wird sie von ihrem Vater Udo, dieser sei der „ideale“Trainer für sie. Auch wenn er selbst früher Handball spielte und mit der Leichtathl­etik „nicht so viel um die Ohren hatte“, wie Hussong erklärte. „Aber er konnte werfen“, sagte sie: „Ich denke, dass habe ich schon ein bisschen von ihm.“

Die Zukunft könnte nun Hussong gehören. Seit 1971 stand bei jeder EM mindestens eine deutsche Speerwerfe­rin auf dem Podest. Wenn Hussong ihre Leistung stabilisie­rt, könnte sie diese Erfolgsser­ie fortführen. Zumal sie bereits ein weiteres Ziel ins Auge gefasst hat. „Die 70 Meter sind ein Traum einer jeden Speerwerfe­rin. Ich bin erst 24, ich hab noch einige Jahre vor mir. Irgendwann wird die Marke schon fallen“, sagte sie.

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FOTO: MACDOUGALL/AFP Christin Hussong war bei der Siegerehru­ng für ihr EM-Gold sichtlich gerührt.

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