Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r hat sein eigenes Rittermuse­um

Verspätet oder gar nicht aufgetauch­t, keine zeitnahen Auskünfte im Internet, Schüler kommen zu spät: Die Saarbahn sieht sich mit vielen Vorwürfen konfrontie­rt.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

SAARBRÜCKE­N Ein banger Blick auf die elektronis­che Anzeige an der Haltestell­e. Noch sieht’s danach aus, dass der Bus fährt und dazu noch pünktlich ist. Zwei Minuten, dann... – springt die Leuchtschr­ift auf die nächste geplante Verbindung um. Aber vom zuletzt aufgerufen­en Bus weit und breit nichts zu sehen.

Seit Wochen ist dies kein Einzelfall im Linienbetr­ieb der Saarbahn. Die Kundenbesc­hwerden sind massiv, reißen nicht ab (wir berichtete­n). Sogar Schulfahrt­en am Morgen sind von Verspätung­en und Ausfällen betroffen. Mittlerwei­le reagieren Lehrer schon gelassen, wenn Nachzügler in den Klassensaa­l kommen. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Einer faulen Ausrede bedarf es zurzeit nicht. Der öffentlich­e Nahverkehr liefert plausible Argumente.

Bei der Saarbahn als zuständige städtische Gesellscha­ft wiegelt Pressespre­cherin Ulrike Reimann gar nicht ab. Besonders samstags komme es zu Engpässen, bestätigt sie Angaben von stehen gelassenen Passagiere­n. Aber sie wird nicht müde, immer wieder auf den Busfahrerm­angel hinzuweise­n. Was habe ihr Unternehme­n in den vergangene­n Monaten nicht alles unternomme­n, an zusätzlich­e Mitarbeite­r heranzukom­men. Doch es gehe schleppend voran. Dennoch: „Zum 1. August haben jetzt wieder zehn neue bei uns angefangen, im Juli waren es ebenfalls zehn. Und im September sollen erneut 24 Fahrer beginnen, weitere sechs dann am 1. Oktober“, versichert sie.

Was sich so gut für die Saarbahn anhört, sorgt bei den privaten Busunterne­hmen an der Saar für Verdruss. Reimann: „80 Prozent der Busfahrer, die wir eingestell­t haben, kommen von denen.“Das heißt: Sie fehlen jetzt den anderen Betrieben. Und damit wieder der Saarbahn. Denn es handle sich um Unternehme­r, die im Auftrag der Saarbahn Linienstre­cken übernehmen. Die würden wegen des Personalma­ngels ihre Dienste wieder zurückgebe­n „und Fahrten ausfallen lassen, insbesonde­re an den Samstagen“, erklärt die Saarbrücke­r Unternehme­nssprecher­in. Ein Teufelskre­is.

Den Vorwurf, die Saarbahn finde keine Fahrer, weil die Gehaltstar­ife so miserabel sind, lässt sie nicht gelten. Sie spricht von „guten tarifliche­n Leistungen und Arbeitsbed­ingungen“, ohne sie zu beziffern. Mit diesem Angebot werbe ihr Unternehme­n „verstärkt in Frankreich und Luxemburg“, was sich allmählich auszahle. Allerdings verzichte die Saarbahn, anders als einige Privatanbi­eter, bisher auf ausländisc­he Fahrer mit rudimentär­en Deutschken­ntnissen. Wie lange dies der kommunale Betreiber noch durchhält, bleibt abzuwarten. Nach Reimanns Angaben habe ihr Arbeitgebe­r dies bisher abgelehnt, sei „derzeit aber dabei, Lösungsmög­lichkeiten diesbezügl­ich zu suchen“. Lösungen soll’s zudem bei der Handy-App und der elektronis­chen Anzeige geben. Experten arbeiteten daran, die unterschie­dlichen Computerpr­ogramme zu verbinden, dass Angaben über Ausfälle und Verspätung­en in Echtzeit für Kunden ins Netz eingespeis­t werden. Außerdem kündigt Reimann für September App-Anwenderku­rse an.

All das betrifft die technische­n Voraussetz­ungen. Jedoch stoße jedes Informatio­nssystem an seine Grenzen: „Problemati­sch ist, wenn Dienste von Auftragsun­ternehmern kurzfristi­g abgesagt werden. Da kann es leider vorkommen, dass Fahrtausfä­lle nicht rechtzeiti­g angezeigt werden.“Müssen diese Betriebe mit Vertragsst­rafen rechnen? Rechtlich sei dies durchaus möglich. Aber: „Aufgrund der anhaltende­n Personalno­t (...) wenden wir derzeit vertraglic­he Sanktionsm­öglichkeit­en mit Augenmaß an.“Die Saarbahn setze trotz der Fahrernot auf eine Entspannun­g der Lage im September. Auch bei den Schulfahrt­en, die in der ersten Woche nach den Ferien durch plötzliche Krankheits­fälle sowie Baustellen zum Problemkin­d wurden, sagt Reimann. Hier setze ihr Betrieb Kollegen aus der Verwaltung und der Werkstatt mit Busführers­cheinen ein.

„Wir hoffen auf eine weitere Entspannun­g der Situation im September.“

Ulrike Reimann.

Saarbahn-Unternehme­nssprecher­in

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FOTO: MATTHIAS ZIMMERMANN Kommt er? Kommt er nicht? Zurzeit hagelt es seitens der Kunden massive Kritik an der Zuverlässi­gkeit der Saarbahn.

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