Saarbruecker Zeitung

Welche Auswirkung der Absturz der Lira auf Deutschlan­d hat

- VON FRIEDERIKE MARX UND JÖRN BENDER

FRANKFURT/MAIN (dpa) Der Absturz der türkischen Währung macht die Finanzmärk­te nervös. Seit Jahresbegi­nn hat die Lira fast 50 Prozent an Wert zu Euro und Co. verloren. US-Strafzölle verschärfe­n die Lage.

Welche Rolle spielt die Türkei als Handelspar­tner Deutschlan­ds?

Aus deutscher Sicht ist die Türkei ein relativ kleiner Handelspar­tner. Das Land am Bosporus lag 2017 sowohl beim Export als auch beim Import auf Rang 16. Waren „Made in Germany“im Wert von 21,5 Milliarden Euro gingen in die Türkei. Das gesamte deutsche Ausfuhrvol­umen lag bei 1,278 Billionen Euro. Hauptexpor­tgüter in die Türkei sind Maschinen, Autos und Autoteile sowie chemische Produkte. Die Maschinenb­auer bekommen die Turbulenze­n bereits zu spüren: Von Januar bis Mai 2018 sanken ihre Exporte an den Bosporus um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresz­eitraum.

Besteht Anlass zur Sorge?

Die Turbulenze­n reihen sich ein in eine Serie von schlechten Nachrichte­n für Deutschlan­ds Exporteure: der Brexit, die von den USA wieder in Kraft gesetzten Iran-Sanktionen und der Handelskon­flikt zwischen China und den USA. Auch der Handelsstr­eit zwischen den USA und der Europäisch­en Union ist nicht ausgestand­en. Bisher könnten Exporteure rückläufig­e Zahlen in Einzelmärk­ten mehr als ausgleiche­n, erläutert der Außenhande­lsverband BGA. Gerade das Geschäft in Europa wachse. „Trotz der guten Zahlen führen die Vielzahl an Konflikten und die Instabilit­ät zu großer Unsicherhe­it, bei Verbrauche­rn wie bei Unternehme­rn“, befürchtet BGA-Präsident Holger Bingmann.

Was bedeutet der Lira-Verfall für deutsche Unternehme­n?

Die Schwäche der türkischen Währung verteuert Waren, die in das Land eingeführt werden. Das kann die Nachfrage in der Türkei dämpfen. Auch für deutsche Unternehme­n in dem Land kann der Lira-Verfall zum Problem werden. Güter und Leistungen, die sie für die Produktion in die Türkei einführen müssen, werden in Lira gerechnet teurer. Folge können steigende Preise sein, was die Absatzchan­cen mindern kann. „Die Unternehme­n warten ab, ziehen sich jedoch noch nicht aus dem Land zurück“, beschreibt Volker Treier, Außenwirts­chaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK) die Lage. Den Angaben zufolge sind mehr als 6500 Unternehme­n aus Deutschlan­d in der Türkei vertreten. Sie beschäftig­en dort mehr 120 000 Menschen.

Wer profitiert von dem Lira-Verfall?

Reisende können in dem Land am Bosporus billiger shoppen, auch der Restaurant­besuch kostet weniger. Zwar stieg die Inflation im Juli auf fast 16 Prozent. „Auch unter Berücksich­tigung des Kaufkraftv­erlusts ist die Türkei jedoch mit dem jüngsten Wechselkur­sniveau für deutsche Urlauber erheblich billiger geworden“, erklären Experten der BayernLB. Auf Preisnachl­ässe bei Übernachtu­ng und Flug können Pauschalur­lauber deswegen aktuell aber nicht hoffen. Die Preise stehen schon lange fest. Veranstalt­er schließen die Verträge für Hotel- und Flugkontin­gente Monate vorher und in der Regel in Euro ab.

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