Saarbruecker Zeitung

Neonazi-Aufmarsch in den USA gerät zur Farce

Am Jahrestag der tödlichen Ausschreit­ungen von Charlottes­ville marschiere­n nur 20 Rechte auf. Tausende protestier­en gegen Rassismus.

- Produktion dieser Seite: Pascal Becher Gerrit Dauelsberg

wurde. Die Zusammenku­nft in Washington wurde von dem Hauptorgan­isator des Marsches des vergangene­n Jahres, Jason Kessler, angeführt. Er hatte die Demonstrat­ion als eine „weiße Bürgerrech­tsversamml­ung“angemeldet und erwartete bis zu 400 Menschen – also deutlich mehr als die rund 20. Nach der rund 90-minütigen Aktion fuhren sie, eskortiert von der Polizei, davon.

Die Demonstrat­ionen vor dem Weißen Haus verfolgte US-Präsident Donald Trump nicht live von zu Hause aus. Seit mehr als einer Woche macht er einen Arbeitsurl­aub in seinem Golfclub in New Jersey. Nach der Auflösung der Demonstrat­ion der Nationalis­ten suchten offenbar rund 150 Antifa-Unterstütz­er eine Auseinande­rsetzung mit der Polizei. Rund 800 Meter vom Weißen Haus entfernt war die Lage am Abend gespannt, als die Polizei herankomme­nde Gegendemon­stranten, die den Verkehr blockierte­n, zurückdrän­gte. Tränengas wurde aber offenbar nicht eingesetzt.

Präsidente­ntochter Ivanka Trump bezog am Vorabend der Demo klar gegen Rassismus Stellung. Für „weiße Vorherrsch­aft, Rassismus und Neonazismu­s“sei in den USA „kein Platz“, schrieb sie auf Twitter. Der Präsident hatte zuvor allgemeine­r per Tweet erklärt, er verurteile „alle Arten von Rassismus und Gewalt“.

Nach dem Protesttag zeigte sich die Washington­er Polizei zufrieden. Menschen und Besitztüme­r seien sicher bewacht worden, während Bürger ihr Demonstrat­ionsrecht wahrnehmen konnten, sagte Polizeiche­f Peter Newsham. Es sei zu einer Festnahme gekommen. Bürgermeis­terin Muriel Bowser äußerte sich ähnlich. Die Demonstrat­ionen seien friedlich verlaufen.

Im Laufe des Tages hielt die lokale Vorsitzend­e der Bewegung Black Lives Matter in Washington, Makia Green, eine Ansprache an die Gegendemon­stranten. „Aus Erfahrung wissen wir: weißen Nationalis­mus zu ignorieren, funktionie­rt nicht.“

In Charlottes­ville sprach sich die Mutter der vor einem Jahr von einem Rassisten totgefahre­nen Heather Heyer am Ort der Tat gegen Fremdenhas­s aus. Sehr viele Wunden müssten noch verheilen, sagte Susan Bro. Die Stadt und die gesamten USA hätten ein „riesiges Rassismus-Problem“. Der erste Jahrestag

des Marsches von Nationalis­ten durch Charlottes­ville handele von mehr als nur ihrer Tochter. Sie wies auch auf die vielen Menschen hin, die damals verletzt worden seien.

Bei einer weiteren Gedenkvera­nstaltung in Charlottes­ville mit mehr als 200 Teilnehmer­n sprach Courtney Commander, die zum Zeitpunkt ihres Todes bei Heather Heyer war. „Sie ist auch heute bei mir“, sagte Commander, eine Freundin von Heyer.

Einige Demonstran­ten in Charlottes­ville warfen der Polizei indes vor, gemeinsame Sache mit Rassisten zu machen. Sie sangen: „Cops und (Ku-Klux-)Klan gehen Hand in Hand. Werdet ihr uns beschützen?“Insgesamt habe es bei Demonstrat­ionen in Charlottes­ville vier Festnahmen gegeben, teilte die Stadt mit.

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