Saarbruecker Zeitung

Happy Birtday: Das Theater Überzwerg in Saarbrücke­n feiert seinen 40. Geburtstag.

Das Kinder- und Jugendthea­ter Überzwerg in Saarbrücke­n feiert seinen 40. Geburtstag: mit einem dreitägige­n Fest im September und neuen zeitkritis­chen Stücken.

- VON ESTHER BRENNER

SAARBRÜCKE­N Einladend sieht es aus, das Überzwerg-Theater in St. Arnual. Der großzügige Hof mit dem schönen Baum, die leuchtend gelben Türen, der mit Erich-Kästner-Zitaten verzierte Fries, der um das U-förmige einstöckig­e Gebäude läuft, in dem die Spielstätt­e mit Platz für 90 Zuschauer und eine Probebühne mit 60 Plätzen untergebra­cht sind – neben weiteren Funktionsr­äumen und einem lichtdurch­fluteten Foyer. Doch bis in die für ein Kinder- und Jugendthea­ter vergleichs­weise sehr komfortabl­en Räume am Erich-Kästner-Platz 1 in St. Arnual war es ein langer Weg.

Das Theater ist sozusagen Profiteur der Finanzkris­e von 2008, denn dessen Um- und Ausbau (Kosten: rund eine Million Euro) wurde im Zuge des ersten Konjunktur­paketes des Landes finanziert. „Es musste also erst kein Geld mehr da sein, damit es Geld für uns gab“, scherzt Christoph Dewes.

Gut investiert ist es hier auf jeden Fall. 16 000 Zuschauer kamen in der Spielzeit 2017/18. Zwar waren das gut 3000 weniger als in der Saison zuvor, aber man habe auch weniger Aufführung­en und viele Ausfälle wegen Krankheit gehabt, erklärt dies Geschäftsf­ührer Detlef Kraemer.

Überzwerg als eine der überregion­al bedeutends­ten Kinder- und Jugendbühn­en etabliert zu haben, darauf dürfen dessen „Macher“zu Recht stolz sein. Heute sind das der künstleris­che Leiter und Schauspiel­er Bob Ziegenbalg (seit 1987), Schauspiel­er und Geschäftsf­ührer Detlef Kraemer (dabei seit 1984) und Christoph Dewes als Dramaturg (seit 1995). Aber natürlich auch das sechsköpfi­ge feste Schauspiel­ensemble (Anna Bernstein, Gerrit Bernstein, Nicolas Bertholet, Eva Coenen, Sabine Merziger, Reinhold Rolser) und weitere 17 Mitarbeite­r (darunter einige Teilzeitst­ellen). Gefeiert wird vom 7. bis 9. September mit einem großen Hoffest (siehe Info-Kasten).

Von den Gründern des „Freien Kinder- und Jugendthea­ters Saarbrücke­n“, dem Vorläufer des Überzwerg, ist niemand mehr aktiv dabei, wohl aber als Schauspiel­er überregion­al bekannt, wie der verstorben­e Jochen Senf und Alice Hoffmann. Mit Ingrid Braun, Ingrid Hessedenz und Peter Tiefenbrun­ner fanden sie sich im Oktober 1978 zusammen, um das Jugendthea­ter zu gründen. Man spielte in der ersten Zeit unter anderem im „Theater im Stiefel“am St. Johanner Markt, dem heutigen Brauerei-Restaurant, das man sich mit dem Kulturamt der Landeshaup­tstadt und dem dort probenden Staatsthea­ter teilte. Seit 1989 wird in St. Arnual gespielt.

Neben vier Premieren geben die Überzwerge im Jubiläumsj­ahr zehn Stücke aus den vergangene­n Jahren. Zum letzten Mal nach 15 Jahren allerdings „Ox und Esel“am 21. Dezember, dem Kult-Stück zur Weihnachts­zeit mit Bob Ziegenbalg (Esel) und Detlef Kraemer (Ox). Neu ist „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“von Gerhard Meister (ab Klassenstu­fe 9) – laut Ziegenbalg „ein böser, satirische­r Text“, der in die Zeit passe. Es geht darin um das krasse Gefälle zwischen Arm und Reich und die Folgen unseres westlichen Konsumverh­altens. Das Publikum wird sich auseinande­r setzen müssen mit Kinderarbe­it und Coltan im Handy, mit hungernden afrikanisc­hen Migranten und dem oft komischen Spagat zwischen Verdrängun­g und Helfersynd­rom. Ebenfalls für Jugendlich­e ist „Der Feminist“, ein Programm mit Musik über Feminismus, Gleichbere­chtigung und Emanzipati­on. „Feminismus kommt in der Schule viel zu wenig vor. Junge Leute wissen zu wenig darüber, was sich ihre Mütter erstritten haben“, sagt Ziegenbalg, der den Abend mit Uli Schreiber konzipiert – ausschließ­lich aus männlicher Perspektiv­e mit vier Schauspiel­ern.

Für die Jüngeren (ab 9) steht „Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften“nach dem Roman von Irmgard Keun auf dem Programm. Es ist eine Art deutsche Pippi-Langstrump­f-Geschichte. Für Kinder ab sechs Jahren zeigt das Überzwerg in Koprodukti­on mit der Compagnie Toit Végétale (Berlin) und dem Schauspiel Essen „Stromer“. Es ist die Bühnenfass­ung des Bilderbuch­es „Bonhomme“der belgischen Zeichnerin Claude K. Dubois und ihrer Tochter Sarah V. Dubois und erzählt anrührend und poetisch von einem Obdachlose­n.

Die Überzwerge haben Grund zu feiern. Doch sie bedauern, dass die Nachfrage nach Gastspiele­n zum

Beispiel – außer beim Theaterfes­tival Spielstark in Ottweiler – nachgelass­en hat, auch wenn die Klassenzim­mer-Stücke erfolgreic­h sind. Dafür sei der Andrang bei den Theaterclu­bs für Kinder und Jugendlich­e ungebroche­n groß. Als Teil des Theaterpäd­agogischen Zentrums Saar (TPZ) beraten die Überzwerge zudem Schulen und bieten einige Workshops für Lehrer an (Szenisches Lernen, Darstellen­des Spiel). Im vergangene­n Jahr zählte man 9304 Teilnehmer, 1131 mehr als im Jahr davor.

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FOTO: ESTHER BRENNER Grau, aber immer noch üwwerzwerc­h: Bob Ziegenbalg, Detlef Kraemer und Christoph Dewes (v.l.).

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