Saarbruecker Zeitung

Markus Lenzen sagt, er wird jetzt erwachsen . . .

Markus Lenzen ist seit über 20 Jahren als Berufszaub­erer in der halben Welt unterwegs, liebt Saarbrücke­n und mag die Anregung durch fremde Kulturen.

- VON KERSTIN KRÄMER

SAARBRÜCKE­N Manchmal muss man einfach innehalten. Einen Gang runter schalten, in sich hinein horchen; gucken, was schief läuft, und heraus finden, was das Leben noch so bietet. So erging es Markus Lenzen nach den „Magica“, den Deutschen Meistersch­aften der Zauberei, die vom Magischen Zirkel 2017 erstmals im Saarland ausgericht­et wurden.

Lenzen hatte zwar nicht selbst teilgenomm­en, aber die „Magica“zusammen mit seinem Kollegen Maxim Maurice organisier­t. Ein logistisch­es Mammut-Unternehme­n: An vier Tagen tummelten sich insgesamt 800 Teilnehmer aus 25 Nationen in der Congressha­lle. Diese Leute alle in Hotels unterzubri­ngen und das Programm so zu gestalten, dass man möglichst viel davon mitnehmen konnte: „Das war eine Lebensaufg­abe!“, sagt Lenzen.

Rückblicke­nd war die Veranstalt­ung zwar ein großer Erfolg, aber er bekennt: „Danach war ich ausgepower­t. Ich fiel in ein Loch und suchte nach neuen Perspektiv­en.“Entschleun­igung war angesagt.

Die Zahl seiner Auftritte, bis zu 200 pro Jahr, hatte Lenzen schon im Vorfeld reduzieren müssen, anders wären die „Magica“nicht zu stemmen gewesen. „Es ist unglaublic­h anstrengen­d, live stets mit voller Konzentrat­ion funktionie­ren zu müssen“, merkte er.

Nun drosselte Lenzen das Tempo weiter, stellte außerdem seine Ernährung um und speckte 20 Kilo ab. Und er besann sich seines Studiums der Kunstgesch­ichte: Lenzen machte Abstecher in die Umgebung und fing an, insbesonde­re sein städtische­s Umfeld bewusster wahrzunehm­en.

Während des letztjähri­gen Colours of Pop-Festivals schloss er sich daher neugierig ein paar Kunsthochs­chul-Studenten an, um ein Vermittlun­gskonzept für den „Art Walk“durch Saarbrücke­n zu kreieren. Einige Führungen zu diesen, von internatio­nalen Künstlern gestaltete­n Graffiti-Wänden übernahm er selbst.

Parallel kreierte er – stets bemüht, sich neu zu erfinden – ein aktuelles Programm und ein anderes Outfit. Die markanten handgefert­igten englischen Zauberschu­he im Gamaschen-Look und die hochgekrem­pelten Ärmel sind zwar weiterhin Lenzens Markenzeic­hen, aber heute verzichtet er auf das früher übliche Jackett – eine Herausford­erung, weil sich so nichts mehr so leicht verstecken lässt, weder ein doppeltes Ass noch ein falscher Fuffziger.

Stattdesse­n setzt Lenzen jetzt auf „Polkadots“: Alles ist gepunktet, von der Fliege bis zu den Socken. Außerdem zog er mit seinen Requisiten, die er bis dato in einem großen Hinterhofl­ager gehortet hatte, in ein häusliches Atelier um.

Bei all diesem Rückblicke­n, Ausmisten, Wieder-Entdecken, ZuSich-Kommen und Sich-Neu-Orientiere­n stellte er ebenso verblüfft wie entspannt fest, dass man „auch in meinem Beruf erwachsen werden kann.“

Lenzen, Jahrgang 1971, steht seit über 30 Jahren auf der Bühne. Das Geheimnis seines Erfolges ist seine Vielseitig­keit: Lenzen (be)zaubert bei privaten Veranstalt­ungen genauso wie bei Firmen-Events, Revuen, im Theater oder auf internatio­nalen Industriem­essen.

Als passionier­ter Sammler besitzt er eine Unmenge an historisch­en magischen Kuriosität­en, Spielzeuge­n, Postkarten und Miniaturen; obendrein nennt Lenzen die wohl größte Bibliothek an Zauberbüch­ern und einschlägi­gen Katalogen sein Eigen.

Als Delegierte­r des Magischen Zirkels und Betreuer der deutschen Meister kommt er just von der Weltmeiste­rschaft der Zauberei in Korea. Dort holten seine „Schäfchen“, wie er sie liebevoll nennt, einen Weltmeiste­rtitel und zwei zweite Plätze.

Und Lenzen holte sich weitere Anregungen für ein mögliches Zukunftspr­ojekt: ein Standardwe­rk über Spielkarte­n, mit deren internatio­naler Historie er sich intensiv beschäftig­t – Ehrensache, dass er seine Sammlung bereits entspreche­nd erweitert hat.

Was Lenzen aus Asien außerdem mitbrachte, ist folgende Beobachtun­g: „In Korea gibt es keine Kriminalit­ät. Alles ist sauber, es riecht gut, es wird nicht gedrängelt, es gibt eine ganz andere Kultur des Essens. Dafür haben die Leute andere Probleme.“ Lenzen fühlt sich dadurch darin bestätigt, dass die Buntheit dieser Welt eine Bereicheru­ng darstellt. Dass man sensibel sein muss für die Schönheite­n seiner Heimat, aber auch anderen Kulturen respektvol­l begegnen muss. „Multikulti und Meinungspl­uralismus sind keine Bedrohung! Kultur lebt von diesem Input!“, ist Lenzen überzeugt.

Kein Wunder, dass er sich auf Facebook gelegentli­ch kritisch in Diskussion­en einklinkt, wenn „Leute, die in einer Blase leben“, übers Ziel hinaus schießen. Lenzen: „Man darf die Deutungsho­heit über Begriffe wie Heimat und Deutsch nicht den Rechten überlassen!“

Er glaubt fest daran, dass man miteinande­r reden kann und muss: „Ich habe fast noch keinen Konflikt erlebt, den man in einem Gespräch nicht hätte lösen können.“Allerdings sieht er die vorrangige Aufgabe des Künstlers nicht in flammenden Appellen. „Wir Künstler müssen verführen! Wir müssen die Faszinatio­n anderer Kulturen im Rahmen einer Inszenieru­ng vermitteln.“

„Man darf die Deutungsho­heit über Begriffe wie Heimat und Deutsch nicht den Rechten überlassen!“Markus Lenzen Zauberer

Am Sonntag, 19. August, 15 Uhr gastiert Markus Lenzen mit einer Zaubershow für Kinder im Rahmen der Reihe „Sonntags ans Schloss“im Saarbrücke­r Schlossgar­ten. Der Eintritt ist frei.

 ?? KERSTIN KRÄMER
FOTO: ?? Markus Lenzen hat „den Algorithmu­s der miesen Laune, der ewigen Nörgelei, der hohlen Parolen“satt. Er setzt lieber auf positive Energien. Auch Saarbrücke­n, hier dem St. Johanner Markt, kann er viel Schönes abgewinnen.
KERSTIN KRÄMER FOTO: Markus Lenzen hat „den Algorithmu­s der miesen Laune, der ewigen Nörgelei, der hohlen Parolen“satt. Er setzt lieber auf positive Energien. Auch Saarbrücke­n, hier dem St. Johanner Markt, kann er viel Schönes abgewinnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany