Saarbruecker Zeitung

Nach dem Fest warten Jahre der Extreme

Die deutschen Leichtathl­eten müssen sich auf die Wüsten-WM 2019 in Katar und Hitze-Olympia 2020 in Tokio einstellen.

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(dpa) Die Heim-EM in Berlin war ein rauschende­s Fest für den Deutschen Leichtahtl­etik-Verband (DLV). Vor allem auch wegen der sportliche­n Bilanz mit 19 Medaillen – darunter sechs goldene, sieben silberne und sechs bronzene. Nur können Titelträge­r wie Arthur Abele (Zehnkampf ), Thomas Röhler und Christin Hussong (beide Speerwurf), Malaiko Mihambo (Weitsprung), Gesa Krause (3000 Meter Hindernis) und Mateusz Przybylko (Hochsprung) oder andere Medaillent­räger wie die Hürdenspri­nterinnen Cindy Roleder und Pamela Dutkiewicz ihre Erfolge auch auf noch größerer Bühne bestätigen?

Klar ist: Für die deutschen Leichtathl­eten werden 2019 und 2020 zu Jahren der Extreme. Die Planung und Vorbereitu­ng für die WM 2019 in Katar und die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio haben längst begonnen. Die äußerst ungünstige Terminkons­tellation und die zu erwartende große Hitze an beiden Schauplätz­en bereiten dem DLV und seinen Topsportle­rn großes Kopfzerbre­chen.

„Das hat jemand entschiede­n, der noch nie in seinem Leben Sport gemacht hat“, schimpft Kugelstoße­rin Christina Schwanitz über die WM-Vergabe nach Doha und den späten Austragung­szeitpunkt vom 28. September bis 6. Oktober im nächsten Jahr. Von Mai bis Oktober müsse man fit bleiben und „im Oktober am fittesten“sein. „Es ist schade, dass Geld mehr wert ist als der Sportler. Um den geht es nicht“, sagt Schwanitz. Hinzu komme, dass die Zeit bis zu den Tokio-Spielen ungewohnt kurz sei: „Man hat keine Zeit, sich normal in seinem Rhythmus vorzuberei­ten.“

DLV-Chefbundes­trainer Idriss Gonschinsk­a beschäftig­t sich mit seinem Stab bereits seit zwei Jahren mit dieser komplizier­ten Konstellat­ion. Statt zu jammern, sucht er nach möglichst optimalen Lösungen. „Man muss die ganze Statik der nächsten Saison verschiebe­n, später einsteigen und spät den Formaufbau zur WM realisiere­n“, erklärt er.

Die deutschen Meistersch­aften werden als letzte Qualifikat­ion am 3. und 4. August 2019 in Berlin ausgetrage­n – acht statt wie bisher zwei, drei Wochen vor einer WM. „Das ist eine Herausford­erung“, meint Gonschinsk­a. Damit die Athleten bis zur WM ihre Form testen können, sind Starts bei den drei Diamond-League-Meetings in Birmingham, Zürich und Brüssel möglich. „Das passt ganz gut rein. Man braucht ja Wettkämpfe, um die maximale Leistung auszupräge­n“, sagt er.

Vorschreib­en will der DLV seinen Athleten, die auch Geld verdienen wollen, nicht, wie sie bis zu den Sommerspie­len 2020 planen sollen. „Ich bin nicht derjenige, der Vorgaben macht. Ich möchte lieber inhaltlich überzeugen im Sinne von Prozessber­atung“, sagt Gonschinsk­a. Verständni­s hat er für die deutschen Marathonlä­ufer, die angesichts zu erwartende­r Extremhitz­e in Katar und trotz Mitternach­ts-Starts einen WM-Verzicht erwägen: „Das kann ich nachvollzi­ehen.“

Der Weltverban­d sorgt sich darum nicht. Bei der Veröffentl­ichung des Zeitplans im Mai auf der Internetse­ite der IAAF wurde der nächtliche 42,195 Kilometer-Lauf als Attraktion mit „atemberaub­enden Bildern“für das Fernsehen angepriese­n: „Die Lichter entlang der gesamten Strecke werden den ganzen Marathon zum Leben erwecken.“

Wenn die DLV-Asse die WM überstande­n haben, müssen sie schon rasch an die Spiele in Tokio denken, die vom 24. Juli bis 9. August 2020 ausgetrage­n werden. Nach der unglaublic­hen Hitze mit Temperatur­en bis zu 41 Grad Celsius und vielen Hitzetoten in diesem Sommer in Japans Hauptstadt wächst die Sorge. Ist das den Athleten noch zumutbar? „In Berlin hatten wir während der EM auch Tage mit bis zu 40 Grad Celsius“, sagt Gonschinsk­a: „Wir müssen halt die methodisch­en Lösungen finden, um Erfolg wahrschein­lich zu machen.“Unabhängig von der deutlich größeren Konkurrenz, die es bei einer WM und Olympia nun mal gibt.

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FOTO: THISSEN/DPA Speerwerfe­r Thomas Röhler verkörpert Weltklasse. Der Olympiasie­ger krönte sich in Berlin zum Europameis­ter. Auch bei der WM 2019 in Katar und den Olympische­n Spielen 2020 in Tokio will er vorne mitmischen.
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FOTO: KAPPELER/DPA Christin Hussong vom LAZ Zweibrücke­n schlägt die Hände vors Gesicht. Gold! Wahnsinn!
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FOTO: THISSEN/DPA Unglaublic­her Auftritt: Hochspring­er Mateusz Przybylko begeistert die Fans und sich selbst.
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FOTO: HOPPE/DPA Arthur Abele nutzt die Chance. Der Ulmer ist der neue König der Zehnkämpfe­r.

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