Saarbruecker Zeitung

Wie sicher sind die Brücken in Deutschlan­d?

Auch hierzuland­e sind viele Konstrukti­onen alt, baufällig und großen Belastunge­n ausgesetzt. Die Fechinger Talbrücke an der A 6 ist kein Einzelfall.

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(dpa) Ein Brückenung­lück wie in Genua ist für Ingenieure in Deutschlan­d schwer vorstellba­r. Das heißt aber nicht, dass alles in Ordnung wäre. Ein Überblick. Auf deutschen Bundesstra­ßen und Autobahnen gibt es laut Bundesanst­alt für Straßenwes­en knapp 40 000 Brücken. An Autobahnen gilt ihr Zustand jedoch nur bei rund zehn Prozent als gut oder sehr gut. Der größte Teil wird mit befriedige­nd oder noch ausreichen­d eingestuft. Zwölf Prozent sind offiziell mit „nicht ausreichen­d“bewertet, zwei Prozent erhielten sogar ein „ungenügend“. Das besage aber nicht, dass die Brücke einsturzge­fährdet sei, heißt es vom Verkehrsmi­nisterium. Es könne aber bedeuten, dass Stäbe fehlten oder es Schlaglöch­er gebe. Laut Landesstra­ßenbaubehö­rden gibt es beim Zustand der Brücken einen Ost-West-Unterschie­d. Die meisten Schäden sind im Saarland und in Hamburg bekannt, die wenigsten in Thüringen und Sachsen. Im Saarland hat vor allem der Fall der Fechinger Talbrücke für Schlagzeil­en gesorgt. Sie wurde im Frühjahr 2016 von einem Tag auf den anderen komplett gesperrt, weil die Pfeiler der Belastung durch den schweren Lkw-Verkehr nicht mehr standzuhal­ten drohten. Nach sieben Wochen konnten wieder Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen darüber fahren. Nach sieben Monaten wurde sie auch für den Lkw-Verkehr wieder freigegebe­n. Um einen Neubau – parallel neben der alten Brücke – kommt das Land trotzdem nicht herum. Bis 2030 soll die Talbrücke, die in den 60ern erbaut wurde, abgerissen und dann neugebaut werden. gibt es alle sechs Jahre eine Hauptprüfu­ng. Alle drei Jahre nach einer Hauptprüfu­ng erfolge eine einfache Prüfung. Besichtigu­ngen fänden im jährlichen, Beobachtun­gen im halbjährli­chen Rhythmus statt. Dann gibt es Nachbesser­ungen. Damit können zum Beispiel Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen, Fahrspur-Einengunge­n, Gewichtsbe­schränkung­en und auch mal vorübergeh­end eine Stillegung für Sanierungs­maßnahmen gemeint sein. Der ADAC listet auf, dass allein in Berlin mehr als 70 Brücken in einem derart schlechten Zustand sind, dass sie dringend saniert oder neu gebaut werden müssten. In vielen anderen Städten bestehe ebenfalls dringend Handlungsb­edarf. Was sind Gründe für die Mängel? Viele Brücken seien 40 bis 60 Jahre alt, sagt Prüfingeni­eur Tiedemann. Häufig wurden Spannbeton­konstrukti­onen gebaut. Mit dem Alter verschlech­tert sich das Material. Seit 1980 verfünffac­hte sich allein die Gütertrans­portleistu­ng auf der Straße. Mit rund 44 Tonnen sind manche Lkw heute doppelt so schwer wie in den 50er Jahren. Das Verkehrsmi­nisterium hat die Investitio­nen für die Erhaltung der Bundesfern­straßen aufgestock­t. Für das Jahr 2018 stehen 3,9 Milliarden Euro bereit, die in der Finanzplan­ung bis 2022 auf rund 4,4 Milliarden Euro im Jahr anwachsen. Davon sollen in diesem Jahr rund 1,4 Milliarden Euro in die Brückenerh­altung fließen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Hier besteht dringend Handlungsb­edarf: Die Fechinger Talbrücke an der A 6 soll bis 2030 abgerissen und neu gebaut werden.

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