Saarbruecker Zeitung

Gericht erlässt vier weitere Strafbefeh­le gegen Sportfunkt­ionäre

- Produktion dieser Seite: J. Schleuning, L. Kutteruf Oliver Schwambach

VON TOBIAS FUCHS

SAARBRÜCKE­N

Der Skandal um den Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS) ist die Summe vieler Skandälche­n. Das liegt auch am Vorgehen der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n. Sie ermittelt seit Dezember gegen Verantwort­liche des LSVS – mittlerwei­le in mehr als zehn Verfahren. Mal geht es um Millionen, mal um ein Zeitschrif­ten-Abo. Oberstaats­anwalt Eckhard Uthe erläutert am Dienstag im Landtag jeden einzelnen Vorwurf, als Zeuge im Untersuchu­ngsausschu­ss zum LSVS-Skandal.

Der Chefermitt­ler spricht auch über die Geburtstag­sfeier von Sportminis­ter Klaus Bouillon (CDU). Das LSVS-Präsidium hatte die Kosten übernehmen wollen. Uthe wertete das als Vorteilsge­währung. Nur wenige Minuten nach seinem Auftritt im Parlament macht das Amtsgerich­t Saarbrücke­n öffentlich, was der 62-Jährige im Ausschuss eher beiläufig erwähnt: Das Gericht hat in diesem Verfahren vier weitere Strafbefeh­le gegen Präsidiums­mitglieder erlassen. Drei sind rechtskräf­tig, in einem Fall läuft noch die Einspruchs­frist. Die Geldstrafe­n betragen jeweils 90 Tagessätze, variieren aber zwischen 3600 und 9000 Euro – weil sich die Höhe nach dem Einkommen richtet.

Die Annahme eines Strafbefeh­ls ist nach Ansicht des Oberstaats­anwalts „so gut wie ein Geständnis“. Im Juli hatte bereits der SPD-Landtagsab­geordnete und das frühere LSVS-Präsidiums­mitglied Eugen Roth eine Strafzahlu­ng akzeptiert. Er kam mit 50 Tagessätze­n à 150 Euro davon – macht 7500 Euro. Roth sei der einzige Beschuldig­te gewesen, der Fehler eingeräumt habe, so Uthe im Ausschuss. Am Anfang aller Ermittlung­en stand das Aktenzeich­en 5 Js 551/17. Ein Millionend­efizit begründete den Anfangsver­dacht der Haushaltsu­ntreue. Zunächst geriet der damalige Hauptgesch­äftsführer Paul H. ins Visier. Später erweiterte die Staatsanwa­ltschaft ihren Fokus auf die LSVS-Spitze.

Was im Untersuchu­ngsausschu­ss deutlich wird: Haushaltsu­ntreue ist ein juristisch komplizier­ter Vorwurf. Und ein teurer dazu. Nach Darstellun­g des Oberstaats­anwalts muss der Schaden massiv sein – und genau beziffert werden. Weshalb der Wirtschaft­sforensike­r Michael Harz ein detaillier­tes Gutachten erarbeitet. Die Kosten: „vermutlich mehr als 400 000 Euro“, so Uthe. Anfang nächsten Jahres rechnet er mit Ergebnisse­n.

Uthe will den Beschuldig­ten einen bedingten Vorsatz nachweisen. Man behaupte nicht, dass das Präsidium den LSVS absichtlic­h oder bewusst an den finanziell­en Abgrund geführt habe, sagt der Oberstaats­anwalt. Die Funktionär­e sollen aber mindestens „Alarmzeich­en“in den Bilanzen übersehen haben: Fehlbeträg­e, die durch Eigenkapit­al nicht gedeckt waren. Haben sie ihre Pflichten verletzt und einen Schaden billigend in Kauf genommen? Dass die Kontrolle der Zahlen beim LSVS hauptsächl­ich Ehrenamtli­chen obliegt, betrachtet Uthe zwar als „Fehlkonstr­uktion“. Das ändert für ihn jedoch nichts am Tatvorwurf.

Mit welchen Zahlen das Präsidium arbeitete, offenbart der zweite Zeuge: Michael Blank, der Konsolidie­rungsberat­er des LSVS. Die frühere Buchführun­g bezeichnet­e Blank als „Katastroph­e“. „Wir mussten anhand des Haushaltsp­lans alle Zahlen neu erarbeiten“, erklärt der Sanierer. Auch diese Arbeit hat ihren Preis: Der Konsolidie­rungsberat­er schlägt in diesem Jahr mit 350 000 Euro zu Buche.

Als es um die Lehren dieses Tages geht, urteilt die Opposition hart: Das LSVS-Präsidium habe komplett versagt, meint die Linke.

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