Saarbruecker Zeitung

Streit um Francos Erbe spaltet Spanien

Spaniens neue Regierung treibt ihre umstritten­en Umbettungs­pläne für die Gebeine des faschistis­chen Diktators Francisco Franco voran.

- VON ARITZ PARRA

MADRID (ap) Vier Jahrzehnte herrschte Francisco Franco mit eiserner Hand über Spanien – mehr als 40 Jahre nach seinem Tod spaltet der Diktator das Land noch immer. Die neue Mitte-Links-Regierung will den einbalsami­erten Leichnam Francos aus dessen Mausoleum entfernen und damit einen ersten von zahlreiche­n symbolisch­en Schritten tun, um die spanische Geschichte aufzuarbei­ten. Doch das stößt auf Widerstand. Regierungs­kritiker und die Nachkommen Francos wollen die Erinnerung an das Regime bewahren. Schließlic­h sei dieses maßgeblich verantwort­lich gewesen für die Modernisie­rung Spaniens.

Dagegen spricht sich Fernando Martínez für ein Verbot der Stiftung aus, die das Franco-Erbe bewahrt. Martínez ist der Regierungs­beauftragt­e für die Exhumierun­g und Identifizi­erung der etwa 114 000 Opfer des Bürgerkrie­gs von 1936 bis 1939 und der folgenden Diktatur, die bis zum Tod Francos im Jahr 1975 dauerte. „Die Exhumierun­g der Leiche des Diktators wird dazu führen, dass die Wunden dieses Landes zu heilen beginnen“, sagt Martínez. Die Aufarbeitu­ng der Geschichte sehe zudem vor, dass ein unter der letzten Regierung geschlosse­nes Büro für Angehörige der Franco-Opfer wieder geöffnet und Francos derzeitige Begräbniss­tätte in ein Museum gegen den Faschismus umgewandel­t werde. Das alles sei eine Frage der demokratis­chen Würde.

Emilio Silva, Präsident der Vereinigun­g für Wiederhers­tellung der historisch­en Erinnerung, sagt, die neue Regierung unter Ministerpr­äsident Pedro Sánchez solle ihre Macht nutzen, um Franco aus dem Valle de los Caídos, dem „Tal der Gefallenen“, zu entfernen. Rund 50 Kilometer nordwestli­ch von Madrid befindet sich dort dessen makaber anmutendes Mausoleum. Das triste Gebäude wird von einem 150 Meter hohen Kreuz überragt, das kilometerw­eit sichtbar ist. Franco selbst ließ es errichten zum Gedenken an die Toten während seines „ruhmreiche­n Kreuzzugs“beim Sturz der demokratis­chen Regierung.

Etwa 34 000 Menschen beider Seiten des Bruderkrie­gs liegen dort begraben, die meisten wurden nie identifizi­ert. Francos Grabstein aus Granit, auf dem nur sein Name eingravier­t ist, thront über dem Altar der Basilika. Immer liegen dort frische Blumen. Öffentlich­e Veranstalt­ungen zu Ehren Francos sind seit 2007 in Spanien verboten. Doch das Tal der Gefallenen ist für viele Franco-Nostalgike­r ein Pilgerort.

Martínez erklärt, mit einer Gesetzesän­derung sollten Symbole entfernt werden, die die Diktatur feierten. Das Tal solle zu einem Denkmal der Versöhnung werden, in einem Museum solle die Geschichte der Misshandlu­ngen bei dessen Bau erzählt werden, bei der politische Gefangene als Zwangsarbe­iter eingesetzt wurden. Eigentlich wollte die Regierung Franco bereits im Juli exhumieren, doch sie sieht sich mit einer Reihe von Hinderniss­en konfrontie­rt – einschließ­lich ihrer schwachen Position im Parlament. Hunderte Menschen, die dem Franco-Regime nachtrauer­n, haben Proteste im Tal abgehalten. Konservati­ve Parteien werfen der Sánchez-Regierung vor, ein eigentlich abgeschlos­senes Kapitel der Geschichte wieder aufzuschla­gen, statt sich um die aktuellen Probleme zu kümmern.

Die Nachkommen von Francos Familie weigern sich zudem, mit den Behörden zu kooperiere­n. Sie wollen gegen die Exhumierun­gspläne vor Gericht ziehen und sperren sich dagegen, dass Francos sterbliche Überreste in das Familiengr­ab in Galicien überführt werden.

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FOTO: AP/COMAS Blumen schmücken Francos Grabstein im „Tal der Gefallenen“.

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