Saarbruecker Zeitung

Ackermann sieht Arbeit als Integratio­nshilfe

Der Trierer Bischof besuchte gestern die Jobmesse der SaarHandwe­rkskammer. Die Aussteller zeigten sich zufrieden.

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(jwo) Arbeit sei ein wichtiger Faktor bei der Integratio­n, sagte der Trierer Bischof Stephan Ackermann gestern beim Besuch der Jobmesse für Flüchtling­e in Saarbrücke­n. „Die Menschenwü­rde wird da massiv verletzt , wo Menschen lange nicht arbeiten können.“Insofern sei es wichtig, den Menschen, die durch die Flucht nach Deutschlan­d gekommen sind, durch eine Beschäftig­ung eine Perspektiv­e zu geben.

15 Firmen und Verbände präsentier­ten sich gestern bei der Jobmesse im großen Saal der Handwerksk­ammer. Teilweise suchten sie einfach nur Arbeitskrä­fte, teilweise Auszubilde­nde. Dabei war die Resonanz der Aussteller überwiegen­d positiv. Das Sprachnive­au der Bewerber sei außerorden­tlich hoch, sagte Kathrin Kohl, Geschäftsf­ührerin von Kohl-Brot. Sie sucht Auszubilde­nde für die Berufe Bäcker und Konditor. Ihre Schwierigk­eit ist allerdings der Sitz des Unternehme­ns in Baumholder: „Wer zu uns kommen will, muss schon einen Führersche­in haben“, sagt sie. Und auch wirklich den Beruf anstreben, denn die Arbeitszei­ten sind mit Nachtarbei­t nicht jedermanns Sache. Kohl ist aber optimistis­ch. Sie habe mehrere Flüchtling­e als Helfer, die tolle Mitarbeite­r seien. Jetzt wolle sie es einmal mit einer Ausbildung probieren.

Optimistis­ch war auch Nicolas Jochem, Geselle bei der Firma Gerüstbau Rende, bald Abdullah Alabod als Azubi-Kollegen begrüßen zu dürfen. Der 19-jährige Alabod war sehr angetan von einer Ausbildung zum Gerüstbaue­r. Das sei eine Arbeit, die ihm viel Spaß machen würde, sagte er. Vor drei Jahren ist er aus Syrien gekommen, hat das BBZ in Merzig besucht, die Gewerbesch­ule Technik abgeschlos­sen und spricht bereits fließend Deutsch. „In der Türkei habe ich schon als Fliesenleg­er gearbeitet“, sagt er. Jetzt sei es sein Ziel, einen Handwerksb­eruf zu erlernen.

Auch Reem Bagbog (19) und Aya Al Marzok (18) haben schon ein Ziel. Beide wollen Krankensch­wester werden. Bagbog vielleicht auch Friseurin. Gestern haben sie sich erst einmal beim Roten Kreuz informiert, welchen Weg sie einschlage­n müssten – erst Schwestern­helferin, dann Fortbildun­g zur Krankensch­wester.

Martin Hurth, Inhaber der Fensterbau-Firma Ledig & Szymanski hat gestern zwar gute Gespräche geführt, war aber wenig optimistis­ch, den Ideal-Kandidaten für eine Ausbildung zum Rolladen- und Sonnenschu­tz-Mechatroni­ker zu finden. Das sei ein sehr technische­r Beruf, bei dem Sprache ein wichtiger Faktor ist. Ein Tunesier habe bei ihm gelernt, aber abbrechen müssen, weil die Deutschken­ntnisse nicht ausgereich­t hätten.

Das Handwerk sieht sich bei der Integratio­n von Flüchtling­en als ein wichtiger Faktor: 280 Flüchtling­e seien aktuell in Handwerksb­etrieben in der Ausbildung, sagt Handwerksk­ammer-Präsident Bernd Wegner. Auch die Jobmesse zeige gute Resonanz. „Im vergangene­n Jahr waren 500 Besucher bei uns zu Gast.“

Heino Klingen, Geschäftsf­ührer der Industrie- und Handelskam­mer und Vorsitzend­er des Vereins „Saarwirtsc­haft hilft Flüchtling­en“zieht eine positive Bilanz der Entwicklun­g seit 2015. Von den 15 000 erwerbsfäh­igen Flüchtling­en im Saarland seien bereits 2800 in einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ung, 1000 in Ausbildung. „Viele haben am Anfang gesagt, dass das nicht klappt, aber es hat geklappt.“Für Klingen steht nun ein weiterer Schritt an: die Menschen nicht nur in Beschäftig­ung, sondern in eine optimale Beschäftig­ung zu bringen. „Ein Akademiker als Taxifahrer ist nicht glücklich, und es ist auch Vergeudung von Talent“, sagt Klingen. Deshalb müsse jetzt vor allem das Augenmerk darauf gelegt werden, genau zu schauen, was die Menschen können, die zu uns kommen, um so eine optimale Lösung zu finden.

Auch die Kirche spiele bei dieser Integratio­n eine wichtige Rolle, sagt Bischof Ackermann: einerseits über die ehrenamtli­che Arbeit in der Flüchtling­shilfe, anderersei­ts als Arbeitgebe­r. Denn auch in kirchliche­n Bereichen seien Flüchtling­e angestellt – auch Moslems, betont der Bischof.

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FOTO: JWO Nicolas Jochem von der Firma Gerüstbau Rende hat versucht, Abdullah Alabod (r.) für eine Ausbildung als Gerüstbaue­r zu gewinnen.
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FOTO: TITTEL/DPA Bischof StephanAck­ermann setzt sich für die Integratio­n Geflüchtet­er ein.

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