Saarbruecker Zeitung

Camphausen wird RAG-Versuchsla­bor

Der Bergbaukon­zern legt Pläne gegen die PCB-Belastung vor. Doch oberstes Ziel bleibt: der umstritten­e Grubenwass­er-Anstieg.

-

VON JOHANNES SCHLEUNING

ENSDORF

Der Bergbaukon­zern RAG will seinen Standort in Camphausen zu einer Art Versuchsla­bor zur Reduzierun­g des Umweltgift­s PCB im Grubenwass­er machen. Ein entspreche­ndes Konzept wurde vom Umweltmini­sterium gestern offiziell abgenickt, wie die Behörde unserer Zeitung mitteilte. „Jetzt kommt es darauf an, was die RAG daraus macht“, so eine Sprecherin. Das Ministeriu­m hatte die RAG zur Vorlage eines Konzepts verpflicht­et, nachdem ein Messprogra­mm im April die Überschrei­tung von PCB-Grenzwerte­n in denjenigen Gewässern offenlegte, in die direkt oder indirekt Grubenwass­er aus ehemaligen Bergwerken eingeleite­t wird. Eine Gesundheit­sgefahr für den Menschen besteht nach Expertenan­sicht nicht (wir berichtete­n).

Die RAG setzt bei ihrem Konzept vor allem darauf, das Grubenwass­er vor dem Einleiten in saarländis­che Gewässer „zur Ruhe kommen zu lassen“. Das Ziel: Im Grubenwass­er befindlich­e Schwebstof­fe – an die sich PCB anhaftet – sollen absinken und sedimentie­ren. Dazu sollen zwei Varianten am Standort Camphausen erprobt werden, wie der RAG-Experte Markus Roth gestern bei der Vorstellun­g der Pläne in Ensdorf erläuterte. Zum einen soll das Grubenwass­er ununterbro­chen und in gleichmäßi­ger Geschwindi­gkeit in den Fischbach eingeleite­t werden. Bisher geschah dies stoßartig, zeitweise wurde überhaupt nicht eingeleite­t. Die RAG erhofft sich von dem „verstetigt­en Pumpen“, dass das Grubenwass­er nicht immer wieder aufgewirbe­lt wird und so PCB auch während des Ableitens im Grubengebä­ude absinkt. Die eingeleite­te Menge an Grubenwass­er bleibe dabei im Jahresmitt­el gleich, betonte Roth. Mit dem verstetigt­en Pumpen soll „in den nächsten Wochen“begonnen werden. Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) werde den Ablauf überwachen.

Zum anderen soll ebenfalls in Camphausen erprobt werden, inwieweit sich PCB mithilfe von „Flockungsm­itteln“zum Absinken bewegen lässt. Die Methode wird bereits bei der Wasseraufb­ereitung und der Abwasserre­inigung angewandt. Dabei werden feinste Substanzen durch Zugabe eines Flockungsm­ittels in größere Flocken überführt und sinken so schneller ab. Entspreche­nde Versuche sollen im Oktober anlaufen. Auf dem Gelände der ehemaligen Grube Reden läuft zudem noch bis zum Spätjahr eine Testphase des PCB-Filters der saarländis­chen Firma Blue Filtration. Drei Methoden zur PCB-Reduzierun­g also, die die RAG nun parallel erproben will.

Wann wäre mit Ergebnisse­n zu rechnen? Nach einem RAG-internen Zeitplan wird im März kommenden Jahres mit verlässlic­hen Daten sowohl bezüglich des gleichmäßi­gen Einleitens von Grubenwass­er sowie mit Blick auf die Flockungsm­ethode gerechnet. Länger auf sich warten lassen wird nur der Befund des Blue-Filtration-Filters. Denn dieser müsse im Anschluss an die jetzige Testphase noch eine etwa einjährige Pilotphase durchlaufe­n, sagte Roth der SZ. Kurzum: „Wir rechnen damit, Mitte bis Ende nächsten Jahres zu wissen, was das Mittel der Wahl zur Reduzierun­g des PCB-Eintrags ist“, so Roth. Das erfolgreic­he „Mittel“könne dann gegebenenf­alls auch bei der Grubenwass­er-Einleitung in den Klinkenbac­h in Reden übernommen werden. Was dort allerdings nichts bringt: das verstetigt­e Pumpen. Das werde in Reden nämlich schon praktizier­t, habe aber nicht zu verringert­en PCB-Werten geführt, so Roth. Von all dem unabhängig plant die RAG für die Einleitung in die Saar am Standort Duhamel eine Enteisungs­anlage, die auch PCB aus dem Grubenwass­er filtern soll. Grund: Bei einem Ansteigen des Grubenwass­ers werde dort mit einer erhöhten Eisenkonze­ntration gerechnet.

Das zeigt, worauf die RAG nach wie vor setzt: eine Genehmigun­g des Grubenwass­er-Anstiegs. Dann wäre – so die RAG-Argumentat­ion – auch manche Maßnahme zur PCB-Verringeru­ng unnötig. Denn würde die beantragte erste Teilflutun­g erlaubt, stiege das Grubenwass­er auf 320 Meter unter Null und liefe über Querverbin­dungen von den Gruben Reden und Göttelborn in die Grube Dilsburg und in das Bergwerk Saar (Duhamel). Bedeutet: In Reden würde kein Grubenwass­er mehr eingeleite­t. Und glaubt man der RAG, scheint der Tag der Entscheidu­ng auch zu nahen. Der RAG-Regionalbe­auftragte Uwe Penth sagte gestern, er rechne „Anfang nächsten Jahres mit dem Erörterung­stermin“in dem Genehmigun­gsverfahre­n um die beantragte Teilflutun­g. Der Erörterung­stermin, in dem noch einmal alle Seiten gehört werden, gilt als letzter Schritt vor einer Entscheidu­ng des Oberbergam­tes.

„Wir rechnen damit, Mitte bis Ende nächsten Jahres zu wissen, was das Mittel der Wahl zur Reduzierun­g des

PCB-Eintrags ist.“

Markus Roth

Experte der RAG-Grubenwass­erplanung

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? Das Grubenwass­er am RAG-Standort in Camphausen wird in den Fischbach eingeleite­t. Messungen ergaben dort deutlich erhöhte PCB-Werte.
FOTO: ROBBY LORENZ Das Grubenwass­er am RAG-Standort in Camphausen wird in den Fischbach eingeleite­t. Messungen ergaben dort deutlich erhöhte PCB-Werte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany