Saarbruecker Zeitung

Soul-Königin Aretha Franklin gestorben

- Produktion dieser Seite: Christoph Schreiner Tobias Keßler

Pop-Granden, Aktivisten, Präsidente­n: Es sagt vielleicht weniger über sie, viel aber über das aus, was sie den Menschen bedeutete, sieht man, wer zuletzt noch zu ihr eilte, für sie betete. Stevie Wonder, Bürgerrech­tler Jesse Jackson und Ex-Präsident Bill Clinton. Sie alle zog es nochmal persönlich oder gedanklich zu Aretha Franklin, die jetzt im Alter von 76 Jahren gestorben ist, schwer vom Krebs gezeichnet. Sie alle hat sie bewegt, mit ihrer Stimme, ihrer Power, ihren Songs, die mehr politische Kraft freisetzen konnten als manches Manifest. „Respect“war nicht bloß für sie ein Nummer-einsHit (geschriebe­n hat ihn Otis Redding), er wird eine Hymne für die Ewigkeit bleiben, weil sie damit für alle sprach und spricht, die nur „ein bisschen Respekt“wollen, für ihre Art zu leben, zu glauben, zu lieben: „What all I need is a little respect“.

1967 war das, als die Single mit dem schwarz-roten Etikett bei Atlantic-Records erschien – und die afroamerik­anische Befreiungs­aber auch die Frauenbewe­gung in den USA plötzlich ihr Lied hatten. Franklin war da schon keine Unbekannte mehr. 1956, mit nur 14, hatte sie bereits Gospels aufgenomme­n, vier Jahre später eine Pop-Platte. Und spätestens mit „I loved a man“war Franklin die Prinzessin des Soul, als dessen Queen sie dann über Dekaden regierte. Ihr Leben beglaubigt­e, was sie sang. Aretha Franklin war ein Kind des Südens. Sie kam aus dem musikalisc­hen Bauch der USA, 1942 in Memphis geboren, wo auch der Soul und der Rock’n’Roll zur Welt kamen, wo der kaum ältere Elvis Presley, der Weiße mit der schwarzen Stimme, in seiner Villa Graceland residierte.

Franklin war die Tochter eines Baptistenp­redigers, zu dessen Gottesdien­sten auch Gospelköni­gin Mahalia Jackson kam. Auch Franklin stählte ihre Stimme im heiligen Wettstreit der Gospelsing­er. In den 40ern und 50ern im Süden der USA als Schwarze aufzuwachs­en, bedeutete aber zu jeder Zeit auch Diskrimini­erung zu ertragen. Mit ihrer Musik – eine ausgezeich­nete Pianistin war sie überdies – überwand sie später Vorurteile und Grenzen. Nicht bloß Schwarze hörten ihr zu, sondern bald die ganze USA, die Welt, stimmte sie „Chain of fools“und „I say a little prayer“an. Sie sammelte 18 Grammys ein, war 1987 die erste Frau überhaupt in der Hall of Fame des Rock ’n’ Roll. Gewiss, als der Glanz des Soul verblasste, wurde sie auch wahllos, bei dem, was sie sang: Titel von den Beatles, Songs von Simon & Garfunkel und Duette selbst mit Pop-Kleinmeist­ern. Umso mehr aber gerierte sie sich in dicken Pelzmäntel­n als Diva der Divas. Doch in guten Momenten kehrte der Soul immer wieder zu seiner Königin zurück. Denn eine Königin vergisst man nicht.

 ?? FOTO: IMAGO STOCK & PEOPLE ?? Die junge Aretha Franklin zu Beginn ihrer Karriere.
FOTO: IMAGO STOCK & PEOPLE Die junge Aretha Franklin zu Beginn ihrer Karriere.

Newspapers in German

Newspapers from Germany