Saarland fehlt Überblick über Flüchtlingskosten
Rüge für die Regierung vom Rechnungshof: Im Saarland seien die Aufwendungen für die Flüchtlinge unbekannt.
SAARBRÜCKEN Der Rechunungshof des Saarlandes hat gestern die CDU/ SPD-Landesregierung scharf dafür kritisiert, dass sie keinen Überblick über die wahren Kosten biete, die die Flüchtlinge für das Land verursachten. Bisher seien die tatsächlichen „Flüchtlingsausgaben“des Landes und seiner Kommunen weder aus dem Haushaltsplan und der Haushaltsrechnung noch der Finanzplanung „vollständig und transparent nachvollziehbar“, erklärte Rechnungshofpräsident Klaus Schmitt vor Journalisten. Auch die nach Abzug der Bundeszuschüsse verbleibenden jährlichen „finanziellen Lasten“durch die Einwanderer für das Land seien unbekannt.
Um weitere Kostenerstattungen vom Bund einfordern zu können, müsse das Land die Ausgaben klar dokumentieren, betonte Schmitt. Er nannte das Beispiel des Bundeslandes Bremen, wo die Entwicklung der flüchtlingsbedingten Einnahmen und Ausgaben in einem „Monats-Controlling“und einer halbjährlichen Berichterstattung transparent gemacht würden. „In den beim Land verbleibenden Migrationskosten sehen wir ein Haushalts-Risiko“, betonte Schmitt.
Laut Finanzministerium hat das Saarland 2015 etwa 42 Millionen Euro, 2016 rund 95 Millionen und 2017 gut 98 Millionen als Flüchtlingsausgaben angegeben. Fürs laufende Jahr würden 88 Millionen Euro veranschlagt. Diese Zahlen würden jedoch nicht alle Kosten einschließen, wie die Landesregierung zugebe, berichtete Schmitt. Auch kommunale Ausgaben seien in diesen Angaben nicht enthalten, kritisierte er. Zudem lägen dem Land „über die bei den Kommunen verbleibende finanzielle Belastung keine aktuellen Zahlen vor“. Immerhin sei es zu begrüßen, dass die schwarz-rote Regierung kürzlich angekündigt habe, „eine Transparenz-Datenbank einrichten zu wollen, aus der die Bürger ablesen können, wohin das Geld des Landes fließt“, erklärte der Präsident.
„In den beim Land
verbleibenden Migrationskosten
sehen wir ein Haushalts-Risiko.“
Klaus Schmitt
Präsident des Rechnungshofes
Der Prüfbericht des Landesrechnungshofs für 2017 hat manche Erwartungen nach Aufklärung aus berufenem Munde nicht erfüllen können. „Wir können nicht jedes Jahr mir einem Vierten Pavillon dienen“, sagte der Präsident des Landesrechnungshofs, Klaus Schmitt, gestern schmunzelnd. So blieb das skandalträchtige Feld der finanziellen Verfehlungen von Verantwortlichen des Landessportverbandes (LSVS) gänzlich unbeackert. „Unser Prüfer, der 2017 den LSVS unter die Lupe nehmen sollte, hatte zuvor einen schweren Unfall“, erklärte Schmitt. Daher konnte der Rechnungshof nicht als erster die dort im Spätherbst 2017 bekannt gewordenen Finanzlöcher ausleuchten. „Das macht im Moment auch keinen Sinn mehr, da die Staatsanwaltschaft und ein Landtagsuntersuchungsausschuss daran arbeiten“, betonte Schmitt.
Und Saartoto, die Tochter von Land und LSVS, wo die Finanzquellen des LSVS sprudeln? „Saartoto kommt sicher noch auf den Prüfungsplan“, so Schmitt. Wann das sein wird, steht allerdings in den Sternen. „Es macht keinen Sinn, sich zu verzetteln“, meinte Schmitt, der nach eigenen Angaben eine Behörde mir 50 Mitarbeitern, darunter 36 Prüfern, führt.
Nach einem ausführlichen Lob für die Sparbemühungen der Landesregierung und der Herabsetzung der Erwartungszeit bis zur Beseitigung von 14 Milliarden Euro Saar-Schulden von 183 auf 176 Jahre bei einer jährlichen Tilgungsrate von 80 Millionen Euro ab 2020 ging Schmitt ans Eingemachte und trug besonders schwere Fälle von anrüchigem Finanzgebaren des Landes vor. So habe die Staatskanzlei auch Servicekräfte, die in der Haupttätigkeit als Reinigungskräfte für eine Putzkolonne in der Staatskanzlei tätig sind, beschäftigt. Nur habe die Staatskanzlei „die Art des Beschäftigungsverhältnisses falsch eingeschätzt“: Die Sozialversicherungsbeiträge für die Service-Mitarbeiter, die bei Veranstaltungen in der Staatskanzlei (etwa beim Narrenempfang) zum Einsatz kamen, wurden nicht an die Sozialkassen entrichtet. Sprich: Die Damen und Herren, die die Tabletts mit den Getränken herumtrugen, waren schwarz beschäftigt. Eine Meldung an die Minijobzentrale sei nicht erfolgt. Das habe die Staatskanzlei eingeräumt, das Verfahren umgestellt und 11 300 Euro samt Säumniszuschlag von 4400 Euro, insgesamt 15 700 Euro, an die Rentenversicherung nachgezahlt.
Regierungssprecherin Anne Funk sagte der SZ, man habe die Vertragsgestaltung für die jetzt noch vier Servicekräfte nach den Vorgaben des Rechnungshofs angepasst. 2013 habe man sich noch im damaligen Vorgehen bestärkt gefühlt, da das zuständige Finanzamt keine Einwände gehabt habe.
Besonders auffällig war aus Sicht des Rechnungshofes auch die Vergabe von Dienstleistungen beim Bau des Staatskanzlei-Stands für die Saarmesse. „Nahezu alle diesbezüglichen Aufträge werden an den gleichen Bieter vergeben“, heißt es im Prüfbericht auf Seite 122. Diese Firma habe die Aufträge regelmäßig von ein und demselben Mitarbeiter der Staatskanzlei bekommen, der anschließend „die Maßnahme selbst zusammen mit dem Auftragnehmer durchgeführt“habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass „bei den Vergaben unter Umständen auch sachfremde Erwägungen eine Rolle gespielt haben“, äußerten die Prüfer einen Korruptions-Verdacht.
„Wir können nicht jedes Jahr mir einem Vierten Pavillon dienen.“
Klaus Schmitt
Rechnungshof-Präsident
Funk sagte, es seien keine Anhaltspunkte dafür gefunden worden, dass Vergaben aufgrund sachfremder Erwägungen erfolgt wären. „Für die Dauer der Überprüfung wurde ein Mitarbeiter von der Bearbeitung weiterer Vergabevorgänge entbunden“, sagte Funk. Die Summe, die der Auftragnehmer seit 2013 erhalten habe, habe rund 230 000 Euro betragen. „Die Empfehlungen des Rechnungshofs zur Neuordnung der Vergaben wurden umgehend aufgegriffen“, sagte Funk. So seien eine Vertrags- und Vergabestelle eingerichtet, ein Vergabeleitfaden entwickelt, entsprechende Mitarbeiterschulungen durchgeführt und eine Vergabe-Revisionsstelle implementiert worden.