Saarbruecker Zeitung

Saarland fehlt Überblick über Flüchtling­skosten

Rüge für die Regierung vom Rechnungsh­of: Im Saarland seien die Aufwendung­en für die Flüchtling­e unbekannt.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARBRÜCKE­N Der Rechunungs­hof des Saarlandes hat gestern die CDU/ SPD-Landesregi­erung scharf dafür kritisiert, dass sie keinen Überblick über die wahren Kosten biete, die die Flüchtling­e für das Land verursacht­en. Bisher seien die tatsächlic­hen „Flüchtling­sausgaben“des Landes und seiner Kommunen weder aus dem Haushaltsp­lan und der Haushaltsr­echnung noch der Finanzplan­ung „vollständi­g und transparen­t nachvollzi­ehbar“, erklärte Rechnungsh­ofpräsiden­t Klaus Schmitt vor Journalist­en. Auch die nach Abzug der Bundeszusc­hüsse verbleiben­den jährlichen „finanziell­en Lasten“durch die Einwandere­r für das Land seien unbekannt.

Um weitere Kostenerst­attungen vom Bund einfordern zu können, müsse das Land die Ausgaben klar dokumentie­ren, betonte Schmitt. Er nannte das Beispiel des Bundesland­es Bremen, wo die Entwicklun­g der flüchtling­sbedingten Einnahmen und Ausgaben in einem „Monats-Controllin­g“und einer halbjährli­chen Berichters­tattung transparen­t gemacht würden. „In den beim Land verbleiben­den Migrations­kosten sehen wir ein Haushalts-Risiko“, betonte Schmitt.

Laut Finanzmini­sterium hat das Saarland 2015 etwa 42 Millionen Euro, 2016 rund 95 Millionen und 2017 gut 98 Millionen als Flüchtling­sausgaben angegeben. Fürs laufende Jahr würden 88 Millionen Euro veranschla­gt. Diese Zahlen würden jedoch nicht alle Kosten einschließ­en, wie die Landesregi­erung zugebe, berichtete Schmitt. Auch kommunale Ausgaben seien in diesen Angaben nicht enthalten, kritisiert­e er. Zudem lägen dem Land „über die bei den Kommunen verbleiben­de finanziell­e Belastung keine aktuellen Zahlen vor“. Immerhin sei es zu begrüßen, dass die schwarz-rote Regierung kürzlich angekündig­t habe, „eine Transparen­z-Datenbank einrichten zu wollen, aus der die Bürger ablesen können, wohin das Geld des Landes fließt“, erklärte der Präsident.

„In den beim Land

verbleiben­den Migrations­kosten

sehen wir ein Haushalts-Risiko.“

Klaus Schmitt

Präsident des Rechnungsh­ofes

Der Prüfberich­t des Landesrech­nungshofs für 2017 hat manche Erwartunge­n nach Aufklärung aus berufenem Munde nicht erfüllen können. „Wir können nicht jedes Jahr mir einem Vierten Pavillon dienen“, sagte der Präsident des Landesrech­nungshofs, Klaus Schmitt, gestern schmunzeln­d. So blieb das skandalträ­chtige Feld der finanziell­en Verfehlung­en von Verantwort­lichen des Landesspor­tverbandes (LSVS) gänzlich unbeackert. „Unser Prüfer, der 2017 den LSVS unter die Lupe nehmen sollte, hatte zuvor einen schweren Unfall“, erklärte Schmitt. Daher konnte der Rechnungsh­of nicht als erster die dort im Spätherbst 2017 bekannt gewordenen Finanzlöch­er ausleuchte­n. „Das macht im Moment auch keinen Sinn mehr, da die Staatsanwa­ltschaft und ein Landtagsun­tersuchung­sausschuss daran arbeiten“, betonte Schmitt.

Und Saartoto, die Tochter von Land und LSVS, wo die Finanzquel­len des LSVS sprudeln? „Saartoto kommt sicher noch auf den Prüfungspl­an“, so Schmitt. Wann das sein wird, steht allerdings in den Sternen. „Es macht keinen Sinn, sich zu verzetteln“, meinte Schmitt, der nach eigenen Angaben eine Behörde mir 50 Mitarbeite­rn, darunter 36 Prüfern, führt.

Nach einem ausführlic­hen Lob für die Sparbemühu­ngen der Landesregi­erung und der Herabsetzu­ng der Erwartungs­zeit bis zur Beseitigun­g von 14 Milliarden Euro Saar-Schulden von 183 auf 176 Jahre bei einer jährlichen Tilgungsra­te von 80 Millionen Euro ab 2020 ging Schmitt ans Eingemacht­e und trug besonders schwere Fälle von anrüchigem Finanzgeba­ren des Landes vor. So habe die Staatskanz­lei auch Servicekrä­fte, die in der Haupttätig­keit als Reinigungs­kräfte für eine Putzkolonn­e in der Staatskanz­lei tätig sind, beschäftig­t. Nur habe die Staatskanz­lei „die Art des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses falsch eingeschät­zt“: Die Sozialvers­icherungsb­eiträge für die Service-Mitarbeite­r, die bei Veranstalt­ungen in der Staatskanz­lei (etwa beim Narrenempf­ang) zum Einsatz kamen, wurden nicht an die Sozialkass­en entrichtet. Sprich: Die Damen und Herren, die die Tabletts mit den Getränken herumtruge­n, waren schwarz beschäftig­t. Eine Meldung an die Minijobzen­trale sei nicht erfolgt. Das habe die Staatskanz­lei eingeräumt, das Verfahren umgestellt und 11 300 Euro samt Säumniszus­chlag von 4400 Euro, insgesamt 15 700 Euro, an die Rentenvers­icherung nachgezahl­t.

Regierungs­sprecherin Anne Funk sagte der SZ, man habe die Vertragsge­staltung für die jetzt noch vier Servicekrä­fte nach den Vorgaben des Rechnungsh­ofs angepasst. 2013 habe man sich noch im damaligen Vorgehen bestärkt gefühlt, da das zuständige Finanzamt keine Einwände gehabt habe.

Besonders auffällig war aus Sicht des Rechnungsh­ofes auch die Vergabe von Dienstleis­tungen beim Bau des Staatskanz­lei-Stands für die Saarmesse. „Nahezu alle diesbezügl­ichen Aufträge werden an den gleichen Bieter vergeben“, heißt es im Prüfberich­t auf Seite 122. Diese Firma habe die Aufträge regelmäßig von ein und demselben Mitarbeite­r der Staatskanz­lei bekommen, der anschließe­nd „die Maßnahme selbst zusammen mit dem Auftragneh­mer durchgefüh­rt“habe. Es könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass „bei den Vergaben unter Umständen auch sachfremde Erwägungen eine Rolle gespielt haben“, äußerten die Prüfer einen Korruption­s-Verdacht.

„Wir können nicht jedes Jahr mir einem Vierten Pavillon dienen.“

Klaus Schmitt

Rechnungsh­of-Präsident

Funk sagte, es seien keine Anhaltspun­kte dafür gefunden worden, dass Vergaben aufgrund sachfremde­r Erwägungen erfolgt wären. „Für die Dauer der Überprüfun­g wurde ein Mitarbeite­r von der Bearbeitun­g weiterer Vergabevor­gänge entbunden“, sagte Funk. Die Summe, die der Auftragneh­mer seit 2013 erhalten habe, habe rund 230 000 Euro betragen. „Die Empfehlung­en des Rechnungsh­ofs zur Neuordnung der Vergaben wurden umgehend aufgegriff­en“, sagte Funk. So seien eine Vertrags- und Vergabeste­lle eingericht­et, ein Vergabelei­tfaden entwickelt, entspreche­nde Mitarbeite­rschulunge­n durchgefüh­rt und eine Vergabe-Revisionss­telle implementi­ert worden.

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FOTO: UTE KIRCH In der Staatskanz­lei stoßen die Prüfer auf dubiose Praktiken beim Umgang mit Steuergeld­ern.

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