Saarbruecker Zeitung

Angela Merkel auf heikler Mission

Die Kanzlerin reist in den Südkaukasu­s. Dort schwelen zahlreiche Territoria­lkonflikte. Und überall spielt Russland mit.

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Aserbaidsc­han – ebenfalls ehemalige Sowjetrepu­bliken – einen Krieg (1992–1994) um die Region Berg-Karabach lieferten. Die Region gehört eigentlich zu Aserbaidsc­han, wird aber von proarmenis­chen Kräften kontrollie­rt.

Seit dieser Zeit wurde in der Region aufgerüste­t – voran das einwohneru­nd rohstoffre­ichste Land Aserbaidsc­han. Georgien rüstete in den Jahren vor dem „Augustkrie­g“massiv auf. Nach der Niederlage gegen Russland kürzte Tiflis seine Militäraus­gaben wieder. Indessen habe Russland in den abgespalte­nen Regionen Südossetie­n und Abchasien stark aufgerüste­t. Allein in Südossetie­n mit etwa 30 000 Einwohnern seien mehr als 4000 russische Soldaten stationier­t. Das ist viel Sprengstof­f für die Region.

Nach diesen Erfahrunge­n sucht Georgien Schutz unter dem Dach von EU und Nato. Durch Zusammenar­beit mit der Nato wie gemeinsame Militärübu­ngen will Tiflis seine militärisc­hen Kapazitäte­n aufwerten. Doch seit dem Ukraine-Konflikt ist der Westen vorsichtig geworden.

Die Drohungen aus Moskau kamen denn auch prompt zum Jahrestag des „Augustkrie­ges“. Der russische Ministerpr­äsident Dmitri Medwedew warnte vor schweren Folgen eines georgische­n Nato-Beitritts. „Das kann einen fürchterli­chen Konflikt provoziere­n.“Die EU sieht Georgien als Vorreiter unter den Ländern der sogenannte­n östlichen Partnersch­aft. Und es gibt seit 2016 auch ein Assoziieru­ngs- sowie Freihandel­sabkommen mit Georgien. Die EU hat auch Visumfreih­eit gewährt – was in Deutschlan­d vorübergeh­end die Zahl der Asylbewerb­er aus dem Land hochtrieb. Das sind alles Freundlich­keiten und Versuche der Anbindung an den Westen. Doch eine Mitgliedsc­haft in beiden Staatsbünd­nissen ist noch in weiter Ferne. Merkel agiert vorsichtig. Aber es ist eben für Deutschlan­d und die EU eine wirtschaft­lich wichtige Region. Wie wichtig, zeigte der Eklat um die Einreiseve­rweigerung für den Abgeordnet­en Albert Weiler nach Aserbaidsc­han. Weiler hatte 2014 und 2016 die umkämpfte Region Berg-Karabach bereist. Das wollte das ob seines Öl- und Gasreichtu­ms recht selbstbewu­sste Baku nicht hinnehmen und drohte mit Festnahme am Flughafen, sollte Weiler morgen mit der Kanzlerin einreisen.

Die Kanzlerin musste eine heikle Abwägung treffen: Sagt sie die Reise nach Baku ganz ab oder wahrt sie die deutschen und europäisch­en Interessen? Sie reist. Denn die EU will aserbaidsc­hanisches Gas, um von Russland unabhängig­er zu werden. Die internatio­nale Gemeinscha­ft und insbesonde­re der Westen hatten den Konflikt in Georgien schon vor zehn Jahren unterschät­zt und zu spät reagiert. Und auch heute noch ist die Region als strategisc­her Vorposten zum Iran sowie nach Zentralasi­en zu oft unter dem Radar der EU. Vielleicht kann der Besuch Angela Merkels das ändern.

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FOTO: NIETFELD/DPA Besuch mit Symbolwert – 25 Jahre nach dem „Augustkrie­g“zwischen Georgien und Russland: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und der georgische Ministerpr­äsident Mamuka Bachtadse reichen sich in Tiflis die Hände.

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