Saarbruecker Zeitung

Schwierige­r Kampf gegen Ramsch-Produkte

Rauchmelde­r mit Videoüberw­achung, brennende Ladegeräte – die Bundesnetz­agentur nimmt massenhaft gefährlich­e und verbotene Geräte vom Markt.

- VON MATTHIAS ARNOLD

Kopfhörer, Ladegeräte, Lichterket­ten: Die Bundesnetz­agentur hat 2017 rund 460 000 unsichere Elektroger­äte vom Markt genommen. Die Arbeit der Behörde gleicht einem Kampf gegen Windmühlen.

(dpa) Die Sorge um ihr Kind treibt manche Eltern zu extremen Maßnahmen. Da wird etwa eine Uhr erstanden, die anzeigt, wo die Kleinen gerade sind und mit der Gespräche abgehört werden können. Oder eine Puppe, mit deren Videoaugen sich das Kinderzimm­er überwachen lässt. Aber auch für misstrauis­che Vermieter böte sich etwas an: Rauchmelde­r mit eingebaute­r Videoüberw­achung. All diese Dinge lassen sich problemlos im Internet bestellen. Doch in Deutschlan­d sind sie verboten. Sie aus dem Verkehr zu ziehen, ist Aufgabe der Bundesnetz­agentur. Und nicht nur solche Produkte.

Billige Handyladeg­eräte, die überhitzen oder deren Kontakte nicht ausreichen­d isoliert sind. Radiowecke­r, deren Signal den Flugfunk am Flughafen stören, oder Kopfhörer, mit denen sich der Polizeifun­k abhören lässt. 90 Mitarbeite­r der Behörde stöbern solchen Produkten nach, nehmen sie aus dem Verkehr und prüfen, wer sie in Umlauf gebracht hat. Sie machen Stichprobe­n im Einzelhand­el, laufen über Produktmes­sen, Trödelmärk­te, besuchen kleine Handyläden.

460 000 unsichere Elektroger­äte hat die Bundesnetz­agentur im vergangene­n Jahr vom Markt genommen – ein Bruchteil dessen, was an verbotenen Geräten insgesamt auf dem Markt ist. „Das ist natürlich ein Kampf gegen Windmühlen“, sagt Uwe Saalmann, der diesen Job schon viele Jahre macht. „Vor allem der Onlinehand­el stellt uns vor massive Herausford­erungen.“

Die Zahlen schwanken jedes Jahr und sind wenig aussagekrä­ftig. 2016 waren es mehr als doppelt so viele Geräte wie im Jahr darauf. Mal wurde ein Container mit Tausenden verbotenen Importen mehr entdeckt, mal einer weniger. Und der Aufwand ist riesig.

Für jedes vom Markt genommene Gerät wird überprüft, wo es herkommt, wer es bestellt hat, wer der sogenannte Inverkehrb­ringer ist. „Wir gucken uns die gesamte Lieferkett­e an“, sagt Saalmann. Einzelne Funksteckd­osen werden im Messlabor überprüft. Viele von ihnen beginnen zu brennen. Doch allein der dafür nötige Schriftwec­hsel dauert Wochen. Die Billigteil­e werden aber millionenf­ach produziert und importiert.

„Inverkehrb­ringer“ist derjenige, der die Ware bestellt, entweder für sich selbst, oder zum Weiterverk­auf. „Der Besitz solcher Produkte ist verboten“, sagt ein Sprecher der Bundesnetz­agentur. Doch welche Konsequenz­en drohen, ist immer unterschie­dlich. „Da gehen wir mit Augenmaß vor“, sagt Saalmann. Häufig ist es für den Käufer schon teuer genug, wenn die Bundesnetz­agentur die Billig-Smartwatch einzieht.

Augenmaß lassen die Marktwächt­er selbst bei großen Handelsket­ten walten, wenn sich in deren Regalen verbotene Ramsch-Produkte finden. „Von Mutwilligk­eit kann dabei in der Regel keine Rede sein“, sagt Saalmann. Häufig handele es sich um Produkte, die für Sonderakti­onen einmalig bestellt worden sind und bei denen in der Hektik nicht genau hingesehen werde. Dennoch: „Bei vielen Händlern wissen wir schon vorher, dass wir auf jeden Fall was finden werden“, sagt er. „Da sind wir schon alte Bekannte.“

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FOTO: INA FASSBENDER/DPA Eine Auswahl vom Markt genommener Artikel, darunter die Puppe „Cayla“, die Gespräche aufzeichne­n und an Dritte senden kann.

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