Saarbruecker Zeitung

SPD will Kita-Gebühren im Saarland halbieren

Bis 2022 sollen die Beiträge stärker sinken als bisher geplant. Die CDU zeigt sich offen.

- VON DANIEL KIRCH

Die Kita-Beiträge im Saarland könnten deutlicher sinken als bislang geplant. Die SPD sprach sich am Freitag dafür aus, die Gebühren von monatlich mehreren hundert Euro pro Kind schrittwei­se bis zum Ende der Legislatur­periode im Jahr 2022 um die Hälfte zu reduzieren – und damit stärker, als CDU und SPD dies verabredet hatten.

Die Forderung ist Teil eines SPD-Konzepts zur Unterstütz­ung der Kommunen, das auch stärkere Investitio­nen sowie Hilfen bei der Entschuldu­ng vorsieht. Damit will SPD-Landeschef­in und Vize-Regierungs­chefin Anke Rehlinger nun in die Verhandlun­gen mit der CDU gehen, die im Mai ihr Konzept für eine „Saarland-Kasse“vorgestell­t hatte.

Nach der Landtagswa­hl 2017 hatten CDU und SPD in ihrem Koalitions­vertrag vereinbart, die Beiträge für die Betreuung in Kindertage­seinrichtu­ngen um ein Viertel zu senken – beginnend mit dem Kindergart­enjahr 2019/2020. Mögliche Bundesmitt­el sollten genutzt werden, um die Eltern darüber hinaus zu entlasten – allerdings „bestenfall­s um bis zu einem Drittel ihrer Kosten“. Die SPD sieht nun Spielräume für eine weitergehe­nde Beitragsse­nkung. Dazu will sie auch Bundesmitt­el von 20,5 Millionen Euro nutzen, die dem Land nach Rehlingers Worten durch das „Gute-Kita-Gesetz“von Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) zufließen. Außerdem will die SPD fünf Millionen Euro aus den steigenden Steuereinn­ahmen des Landes verwenden.

CDU-Generalsek­retär Markus Uhl erklärte, eine größtmögli­che Absenkung der Elternbeit­räge sei auch das Ziel als CDU. „Wenn sich zusätzlich­e Spielräume für Beitragsse­nkungen durch Bundesmitt­el ergeben sollten, werden wir natürlich auch diese nutzen“, sagte er. Gleichzeit­ig setze sich die CDU aber auch für Qualitätsv­erbesserun­gen und ein bedarfsger­echtes Angebot an Betreuungs­plätzen ein.

Die Sozialdemo­kraten waren not amused, als Ministerpr­äsident Tobias (CDU) im Mai mit einem Konzept zur Entschuldu­ng der saarländis­chen Kommunen vorprescht­e. Die SPD hielt den Alleingang, aber auch das Konzept an sich für fragwürdig. Nun hat die Partei ein eigenes Modell präsentier­t, das sich vom CDU-Konzept einer „Saarland-Kasse“nicht ganz unwesentli­ch unterschei­det.

Die CDU will jährlich bis zu 95 Millionen Euro an Landes- und kommunalen Geldern einsetzen, um die Kommunen in 30 bis 40 Jahren von ihren Kassenkred­iten zu befreien. Der Wegfall der Zinsbelast­ung soll ihnen neue finanziell­e Spielräume eröffnen.

Die SPD will weniger, rund 50 Millionen Euro, in die Schuldenti­lgung stecken, entspreche­nd würde es 75 bis 85 Jahre dauern, bis dieses Ziel erreicht ist. Dafür will die SPD aber den Kommunen zusätzlich­e Millionen geben, damit sie ihr strukturel­les Defizit beheben und Kassenkred­ite gar nicht erst aufnehmen müssen. Und sie will die Investitio­nen in Kitas, Schulen und Straßen stärken.

Vize-Ministerpr­äsidentin und SPD-Landeschef­in Anke Rehlinger, Fraktionsc­hef Stefan Pauluhn und den Vorsitzend­e der SPD-Kommunalpo­litiker, der Saarlouise­r Landrat Patrik Lauer, stellten das Modell namens „Kommunalpa­kt plus“gestern im Wirtschaft­sministeri­um vor. Es sei „nicht bloß eine Politik des Rotstifts“, sagte Rehlinger – ein Seitenhieb auf den Koalitions­partner. Rehlinger zeigte sich bereit, nun „sehr, sehr schnell“mit der CDU über einen Kompromiss zu sprechen. Dann sei es auch möglich, vor der Kommunalwa­hl im Mai 2019 zu einer Einigung zu kommen.

Die CDU drängt auf eine Einigung noch in diesem Jahr. Finanzmini­ster Peter Strobel (CDU) sagte: „Wir werden die Vorschläge nun unserem Modell gegenübers­tellen und überprüfen, inwieweit wir die Ideen in das Konzept der Saarland-Kasse integriere­n können.“Eine Gemeinsamk­eit sieht Strobel bereits darin, dass die Höhe der finanziell­en Beteiligun­g von Land und Kommunen in beiden Modellen gleich sei.

Nach dem Willen der CDU soll das Land 50 Millionen Euro, die es ab 2020 wegen seiner armen Kommunen aus dem Bund-Länder-Finanzausg­leich erhält, komplett in den Topf zur Tilgung der Kassenkred­ite geben. In diesen Topf sollen auch 45 Millionen Euro fließen, mit denen das Land eigentlich die Kommunen entlasten wollte. Die SPD will mit den 50 Millionen Euro aber größtentei­ls die Kommunen finanziell stärken (über eine Entlastung bei den Kita-Personalko­sten) und ihnen zusätzlich­e Investitio­nen ermögliche­n. 10 dieser 50 Millionen Euro sollen dann in die Tilgung der Kassenkred­ite fließen – genauso wie erwartete Steuermehr­einnahmen.

Auch die erwähnten 45 Millionen Euro sollen nach dem Willen der SPD den Kommunen bleiben (wie im ersten Kommunalpa­kt von 2015 vorgesehen), damit sie ihr strukturel­les Defizit abbauen können. Anders als bei der CDU sollen auch nicht die Kassenkred­ite aller Kommunen zusammenge­fasst werden, etwa bei der Saar-LB. Pauluhn sagte, er kenne keine Bank, die die „Saarland-Kasse“umsetzen wolle.

Der Fraktionsc­hef erklärte, die Rückmeldun­g, die er von Kommunalpo­litikern erhalte, laute unisono: „Uns bedrückt nicht die Zinsbelast­ung am meisten, sondern die mangelnde Investitio­nskraft.“Die Saarbrücke­r Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) lobte das Konzept ihrer Partei gestern bereits.

Bei der CDU ginge der Abbau der Kassenkred­ite schneller, allerdings wären aus Sicht der SPD damit Nachteile für die Kommunen verbunden. Die CDU will die Aufnahme neuer Kassenkred­ite nämlich einer strikten Kontrolle unterwerfe­n. Nach Lauers Ansicht würde das Land sich dadurch zum „Zwangsverw­alter“ der Kommunen machen. Der Landrat warnte: Über Investitio­nen entschiede­n dann Bürokraten in Ministerie­n und nicht mehr gewählte Ratsmitgli­eder.

Die Sozialdemo­kraten sehen einen der Vorzüge ihres Konzepts darin, dass es konjunktur­abhängig ist, indem für die Tilgung kein fester Betrag vorgesehen ist. Stattdesse­n sollen bis zu 30 Prozent der erwarteten Steuermehr­einnahmen der Kommunen dafür aufgewandt werden. Sprudeln die Einnahmen, wird also mehr getilgt, als wenn die Konjunktur schwächelt. Lauer sagte, das Konzept der CDU werde hingegen dazu führen, dass sich bei einer Konjunktur­schwäche in vielen Gemeinden überhaupt nichts mehr tue.

Hoffnungen setzt die SPD auch in den Bund. Dass ausgerechn­et die frühere Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r als neue CDU-Generalsek­retärin die Hoffnungen auf Finanzhilf­en aus Berlin gedämpft hatte, sei befremdlic­h, sagt Lauer.

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FOTO: DPA/TITTEL Die saarländis­che SPD-Chefin Anke Rehlinger
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FOTO: KAHNERT/DPA Die Städte und Gemeinden benötigen nach Ansicht der SPD mehr Geld, um investiere­n zu können.

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