SPD will Kita-Gebühren im Saarland halbieren
Bis 2022 sollen die Beiträge stärker sinken als bisher geplant. Die CDU zeigt sich offen.
Die Kita-Beiträge im Saarland könnten deutlicher sinken als bislang geplant. Die SPD sprach sich am Freitag dafür aus, die Gebühren von monatlich mehreren hundert Euro pro Kind schrittweise bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2022 um die Hälfte zu reduzieren – und damit stärker, als CDU und SPD dies verabredet hatten.
Die Forderung ist Teil eines SPD-Konzepts zur Unterstützung der Kommunen, das auch stärkere Investitionen sowie Hilfen bei der Entschuldung vorsieht. Damit will SPD-Landeschefin und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger nun in die Verhandlungen mit der CDU gehen, die im Mai ihr Konzept für eine „Saarland-Kasse“vorgestellt hatte.
Nach der Landtagswahl 2017 hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Beiträge für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen um ein Viertel zu senken – beginnend mit dem Kindergartenjahr 2019/2020. Mögliche Bundesmittel sollten genutzt werden, um die Eltern darüber hinaus zu entlasten – allerdings „bestenfalls um bis zu einem Drittel ihrer Kosten“. Die SPD sieht nun Spielräume für eine weitergehende Beitragssenkung. Dazu will sie auch Bundesmittel von 20,5 Millionen Euro nutzen, die dem Land nach Rehlingers Worten durch das „Gute-Kita-Gesetz“von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zufließen. Außerdem will die SPD fünf Millionen Euro aus den steigenden Steuereinnahmen des Landes verwenden.
CDU-Generalsekretär Markus Uhl erklärte, eine größtmögliche Absenkung der Elternbeiträge sei auch das Ziel als CDU. „Wenn sich zusätzliche Spielräume für Beitragssenkungen durch Bundesmittel ergeben sollten, werden wir natürlich auch diese nutzen“, sagte er. Gleichzeitig setze sich die CDU aber auch für Qualitätsverbesserungen und ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen ein.
Die Sozialdemokraten waren not amused, als Ministerpräsident Tobias (CDU) im Mai mit einem Konzept zur Entschuldung der saarländischen Kommunen vorpreschte. Die SPD hielt den Alleingang, aber auch das Konzept an sich für fragwürdig. Nun hat die Partei ein eigenes Modell präsentiert, das sich vom CDU-Konzept einer „Saarland-Kasse“nicht ganz unwesentlich unterscheidet.
Die CDU will jährlich bis zu 95 Millionen Euro an Landes- und kommunalen Geldern einsetzen, um die Kommunen in 30 bis 40 Jahren von ihren Kassenkrediten zu befreien. Der Wegfall der Zinsbelastung soll ihnen neue finanzielle Spielräume eröffnen.
Die SPD will weniger, rund 50 Millionen Euro, in die Schuldentilgung stecken, entsprechend würde es 75 bis 85 Jahre dauern, bis dieses Ziel erreicht ist. Dafür will die SPD aber den Kommunen zusätzliche Millionen geben, damit sie ihr strukturelles Defizit beheben und Kassenkredite gar nicht erst aufnehmen müssen. Und sie will die Investitionen in Kitas, Schulen und Straßen stärken.
Vize-Ministerpräsidentin und SPD-Landeschefin Anke Rehlinger, Fraktionschef Stefan Pauluhn und den Vorsitzende der SPD-Kommunalpolitiker, der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer, stellten das Modell namens „Kommunalpakt plus“gestern im Wirtschaftsministerium vor. Es sei „nicht bloß eine Politik des Rotstifts“, sagte Rehlinger – ein Seitenhieb auf den Koalitionspartner. Rehlinger zeigte sich bereit, nun „sehr, sehr schnell“mit der CDU über einen Kompromiss zu sprechen. Dann sei es auch möglich, vor der Kommunalwahl im Mai 2019 zu einer Einigung zu kommen.
Die CDU drängt auf eine Einigung noch in diesem Jahr. Finanzminister Peter Strobel (CDU) sagte: „Wir werden die Vorschläge nun unserem Modell gegenüberstellen und überprüfen, inwieweit wir die Ideen in das Konzept der Saarland-Kasse integrieren können.“Eine Gemeinsamkeit sieht Strobel bereits darin, dass die Höhe der finanziellen Beteiligung von Land und Kommunen in beiden Modellen gleich sei.
Nach dem Willen der CDU soll das Land 50 Millionen Euro, die es ab 2020 wegen seiner armen Kommunen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich erhält, komplett in den Topf zur Tilgung der Kassenkredite geben. In diesen Topf sollen auch 45 Millionen Euro fließen, mit denen das Land eigentlich die Kommunen entlasten wollte. Die SPD will mit den 50 Millionen Euro aber größtenteils die Kommunen finanziell stärken (über eine Entlastung bei den Kita-Personalkosten) und ihnen zusätzliche Investitionen ermöglichen. 10 dieser 50 Millionen Euro sollen dann in die Tilgung der Kassenkredite fließen – genauso wie erwartete Steuermehreinnahmen.
Auch die erwähnten 45 Millionen Euro sollen nach dem Willen der SPD den Kommunen bleiben (wie im ersten Kommunalpakt von 2015 vorgesehen), damit sie ihr strukturelles Defizit abbauen können. Anders als bei der CDU sollen auch nicht die Kassenkredite aller Kommunen zusammengefasst werden, etwa bei der Saar-LB. Pauluhn sagte, er kenne keine Bank, die die „Saarland-Kasse“umsetzen wolle.
Der Fraktionschef erklärte, die Rückmeldung, die er von Kommunalpolitikern erhalte, laute unisono: „Uns bedrückt nicht die Zinsbelastung am meisten, sondern die mangelnde Investitionskraft.“Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) lobte das Konzept ihrer Partei gestern bereits.
Bei der CDU ginge der Abbau der Kassenkredite schneller, allerdings wären aus Sicht der SPD damit Nachteile für die Kommunen verbunden. Die CDU will die Aufnahme neuer Kassenkredite nämlich einer strikten Kontrolle unterwerfen. Nach Lauers Ansicht würde das Land sich dadurch zum „Zwangsverwalter“ der Kommunen machen. Der Landrat warnte: Über Investitionen entschieden dann Bürokraten in Ministerien und nicht mehr gewählte Ratsmitglieder.
Die Sozialdemokraten sehen einen der Vorzüge ihres Konzepts darin, dass es konjunkturabhängig ist, indem für die Tilgung kein fester Betrag vorgesehen ist. Stattdessen sollen bis zu 30 Prozent der erwarteten Steuermehreinnahmen der Kommunen dafür aufgewandt werden. Sprudeln die Einnahmen, wird also mehr getilgt, als wenn die Konjunktur schwächelt. Lauer sagte, das Konzept der CDU werde hingegen dazu führen, dass sich bei einer Konjunkturschwäche in vielen Gemeinden überhaupt nichts mehr tue.
Hoffnungen setzt die SPD auch in den Bund. Dass ausgerechnet die frühere Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer als neue CDU-Generalsekretärin die Hoffnungen auf Finanzhilfen aus Berlin gedämpft hatte, sei befremdlich, sagt Lauer.