Saarbruecker Zeitung

Ministeriu­m versetzt Vize der Polizeisch­ule

Der langjährig­e Wirtschaft­sprüfer des Sportverba­ndes bringt die Rechtsaufs­icht in Bedrängnis. Er erinnert sich an ein Gespräch im Jahr 2010.

- VON TOBIAS FUCHS

Der im Verdacht der Nötigung stehende Vize-Rektor der Polizei-Hochschule ist mit sofortiger Wirkung von seinem bisherigen Amt abgezogen worden. Laut Innenminis­terium wird er an das Landesinst­itut für Präventive­s Handeln versetzt.

Da sitzt der Mann, auf den sich alle verlassen haben wollen. Schmal, weit geschnitte­ner Anzug, randlose Brille. „Mein Name ist Manfred Zens, ich bin 65 Jahre“, sagt er. „Von Beruf Wirtschaft­sprüfer und Steuerbera­ter.“Zens prüfte die Zahlen des Landesspor­tverbandes für das Saarland (LSVS), in Worten: achtzehn Jahre lang. Er gilt als Schlüsself­igur in der Finanzaffä­re – und am Freitag als wichtiger Zeuge im Untersuchu­ngsausschu­ss des saarländis­chen Landtages. Was er aussagt, hat es in sich.

Wusste das Sportminis­terium schon 2010 von den roten Zahlen des LSVS? Damals soll sich ein Beamter nach einem Fehlbetrag im Jahresabsc­hluss erkundigt haben. „Den habe ich ihm erläutert“, sagt Zens. In seiner Erinnerung der einzige Kontakt zur Behörde, welche die Rechtsaufs­icht über den Verband führt – und der die Prüfberich­te des Finanzexpe­rten vorzulegen sind.

Der Sport war damals, 2010, beim Sozialmini­sterium angesiedel­t, die Ressortche­fin hieß Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU). Das heute zuständige Innenminis­terium reagiert am Freitagnac­hmittag mit einer „Klarstellu­ng“. „Sicherlich gab es in den vergangene­n Jahren Gespräche zwischen Ministeriu­m und Wirtschaft­sprüfer“, heißt es darin. „Festzuhalt­en ist hierbei jedoch, dass Wirtschaft­sprüfer Dr. Zens bei diesen Gesprächen niemals existenzge­fährdende finanziell­e Schieflage­n beim LSVS thematisie­rt hat.“

Zens erklärt im Untersuchu­ngsausschu­ss, was ab 1999 sein Auftrag war: Der 65-Jährige prüfte die Jahresabsc­hlüsse. Er bescheinig­te stets, dass sie handelsrec­htlich in Ordnung waren. Wie der Sportverba­nd mit Geld umging – das hatte er nicht zu beurteilen. Was Zens immer wieder anmahnte: Der LSVS investiert­e Millionen in die Hermann-Neuberger-Sportschul­e, erfasste Hallen und Plätze jedoch nicht als Anlageverm­ögen. Sie standen bis 2015 nicht als Aktiva in der Bilanz. Wäre das früher geschehen, hätten die Zahlen besser ausgesehen. Zens nennt die Immobilien im Ausschuss „stille Reserven“– ebenso die Anteile des LSVS an Saartoto. Den Parlamenta­riern sagt er, was später auch das Ministeriu­m erklärt: „Aufgrund der stillen Reserven in der Bilanz war eine bestandsge­fährdende Situation nicht gegeben.“Der Prüfer hält den Verband auch jetzt noch für uneingesch­ränkt kreditfähi­g.

Ohne den Bilanzeffe­kt standen in den Büchern hohe Fehlbeträg­e. Denn der LSVS schreibt mit der Sportschul­e rote Zahlen. „In der Gewinn-und-Verlustrec­hnung haben wir diese Verluste deutlich gemacht“, sagt Zens. „Deshalb war ich persönlich schockiert, dass man hier nun von einem strukturel­len Defizit spricht.“In diesem strukturel­len Defizit steckt aber das Problem des LSVS: Es sind die laufenden Kosten, die seine Liquidität aufzehren.

„Die Rechtsaufs­icht ist heute in große Bedrängnis gekommen“, sagt Jochen Flackus von der Linksfrakt­ion. Für Sozialdemo­kratin Petra Berg ist es nach der Aussage von Zens „nicht nachvollzi­ehbar, dass in Interviews gesagt wird, die finanziell­e Schieflage sei der Rechtsaufs­icht nie bekannt gewesen“. Dagegen erklärt Frank Wagner von der CDU: „Herr Zens hat sehr deutlich klargestel­lt, dass hier nie von einer Schieflage die Rede war.“Die Rechtsaufs­icht als solche will Wagner nach Bekanntwer­den des Austauschs mit dem Wirtschaft­sprüfer „genau unter die Lupe nehmen“. Juristisch habe das Ministeriu­m seinen Prüfauftra­g richtig ausgeführt.

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