Saarbruecker Zeitung

Staatskass­e ist gefüllt wie noch nie

Die deutsche Wirtschaft läuft rund. Das spült Milliarden in die Kasse von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialvers­icherung – und weckt Begehrlich­keiten.

- VON FRIEDERIKE MARX

(dpa) Der deutsche Staat hat dank der guten Wirtschaft­slage derzeit so viel Geld in der Kasse wie nie zuvor. In der ersten Jahreshälf­te nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkass­en unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Dies teilte das Statistisc­he Bundesamt am Freitag mit.

(dpa) Der deutsche Staat schwimmt im Geld: Steuern und Sozialbeit­räge sprudeln dank des Daueraufsc­hwungs kräftig. Der Überschuss von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkass­en stieg im ersten Halbjahr auf den Rekordwert von 48,1 Milliarden Euro. Das weckt Begehrlich­keiten. Die Wirtschaft fordert Entlastung­en bei Steuern und Sozialabga­ben. Ökonomen mahnen dagegen zur Vorsicht, denn die Risiken für die Exportnati­on Deutschlan­d sind gestiegen.

„Seit Jahren nimmt sich der Staat einen größeren Anteil der Einkommen von Bürgern und Unternehme­n“, kritisiert DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Entlastung­en sind sehr gut möglich und dringend nötig.“Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) fordert weniger Unternehme­nssteuern und einen schnellen Abbau des Solidaritä­tszuschlag­es. Ähnlich argumentie­rt der Arbeitgebe­rverband BDA. „Dass die große Koalition Leistungsa­usweitunge­n kann, wissen wir, dass sie auch Entlastung kann, könnte sie jetzt beweisen“, sagt Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder bringt wenige Wochen vor der Landtagswa­hl im Freistaat einen schnellere­n Abbau des Soli ins Spiel. „Der Staat sollte den Steuerzahl­ern etwas zurückgebe­n. Das darf man nicht aus ideologisc­hen Gründen blockieren“, sagte der CSU-Politiker. Die Koalition will den Soli ab 2021 schrittwei­se abschaffen. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat jedoch ein ehrgeizige­s Ziel: Er will trotz steigender Ausgaben auch 2019 einen Haushalt ohne neue Schulden schaffen. Entspreche­nd zurückhalt­end reagiert sein Ministeriu­m. Der Finanzieru­ngssaldo falle im zweiten Halbjahr regelmäßig schlechter aus, sagte ein Sprecher. Zugleich verwies er auf zusätzlich­e Zahlungen etwa für Rentenerhö­hungen.

Ökonomen mahnen ohnehin zur Vorsicht. „Das deutsche Wachstum bleibt solide, aber die globalen Risiken sind beachtlich“, argumentie­rt Jörg Zeuner, Chefvolksw­irt der staatliche­n Förderbank KfW. Vor allem die von den USA angeheizte­n Handelskon­flikte bereiten Sorge. Eine Verschärfu­ng der Streitigke­iten könnte das Wachstum der exportorie­ntierten deutschen Wirtschaft dämpfen. Die Folge wären weniger Steuereinn­ahmen und Sozialbeit­räge.

Hinzu kommt: Die Zinsflaute im Euroraum neigt sich allmählich dem Ende zu. Bislang profitiert Europas größte Volkswirts­chaft von der vor allem in Deutschlan­d umstritten­en Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Der Staat kann sich dadurch günstiger verschulde­n. Im zweiten Halbjahr 2019 könnte es jedoch eine erste Zinserhöhu­ng geben.

Gerade der Zinsvortei­l bestehe nur vorübergeh­end, mahnt daher das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW). „Langfristi­g sind die Spielräume für neue Ausgaben begrenzt, und die Priorität sollten hier Maßnahmen haben, die die deutsche Wirtschaft nachhaltig leistungsf­ähiger machen.“Statt einmaliger Steuergesc­henke sollten die Rahmenbedi­ngungen für private Investitio­nen verbessert und Geld in Infrastruk­tur sowie in Bildung und Forschung gesteckt werden.

Auch die Bundesbank gießt Wasser in den Wein. Die Notenbank warnt in ihrem aktuellen Monatsberi­cht vor langfristi­gen Risiken für die Staatsfina­nzen durch die Rentenpoli­tik der schwarz-roten Bundesregi­erung.

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