Saarbruecker Zeitung

EU-Topjob für Weidmann, Weber – oder Altmaier?

Berlin will lieber die Präsidents­chaft der Kommission statt die EZB.

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BRÜSSEL Viel Zeit bleibt Manfred Weber nicht mehr. Gut drei Wochen hat der 46-jährige CSU-Politiker, der in Brüssel als Chef der mächtigen christdemo­kratischen Parlaments­fraktion zu den Führungsfi­guren zählt, noch, sich für das wichtigste Amt der EU zu bewerben: Kommission­spräsident. „Ich werde mir in den kommenden Wochen Gedanken darüber machen, ob ich meinen Hut in den Ring werfe“, sagte Weber vor der Sommerpaus­e. Bisher gibt es nur Spekulatio­nen – und auffällige Besuche bei europäisch­en Staats- und Regierungs­chefs. Um sein Ziel zu erreichen, müsste Weber, der auch stellvertr­etender CSUChef ist, viele Etappen überstehen: Zunächst braucht er die Unterstütz­ung der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), die im November in Helsinki ihren EU-Spitzenkan­didaten kürt. Im Falle des durchaus wahrschein­lichen Gewinns der Europawahl­en im Mai 2019 könnte er dann auf die Ernennung durch die 27 Staats- und Regierungs­chefs hoffen – die anschließe­nde Unterstütz­ung des Parlamente­s dürfte ihm gewiss sein. Doch Weber wartet bisher ab. „Wenn er nicht eine klare Zusage der Kanzlerin hat, macht er das nicht“, sagte ein hochrangig­er Brüsseler Parteifreu­nd der SZ. Angela Merkel schweigt – bisher. Aber nicht mehr lange: Denn am Montag, 10. September, tagen die Präsidien von CDU und CSU parallel. Auf der Tagesordnu­ng steht ein wichtiger Punkt: Nominierun­g des Spitzenkan­didaten für die Europawahl 2019. Dass sie den Namen Weber nennt, ist keineswegs sicher.

Im kommenden Jahr dreht sich das europäisch­e Personalka­russell besonders schnell. Neben dem Job des Kommission­spräsident­en werden ein neuer Ratspräsid­ent (derzeit Donald Tusk) und ein Chef des EU-Parlamente­s (bisher Antonio Tajani) gesucht. Außerdem braucht die EU eine(n) neue(n) Außenbeauf­tragte(n) an der Stelle von Federica Mogherini und nicht zuletzt einen frischen Präsidente­n an der Spitze der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Außerdem steht der Stuhl des Nato-Generalsek­retärs zur Neubesetzu­ng an. Dass Merkel einen dieser Topjobs für Deutschlan­d sichern will, ist klar. Bislang galt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann als fast schon sichere Wahl für die EZB. Inzwischen gibt es offenbar einen Deal mit Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, dem die Kanzlerin nach SZ-Informatio­nen die Euro-Bank überlassen will. Stattdesse­n hätte Merkel gerne einen der ihren auf dem Stuhl des Kommission­schefs – ein Job mit beispiello­sen Gestaltung­smöglichke­iten der Union.

„Der Manfred kann das“, sagt ein altgedient­er Parlaments­abgeordnet­er der Union. Doch es gibt auch Zweifel: Einige bezeichnen den CSU-Mann als „zu schwach“, verweisen darauf, dass Weber neben seiner Mutterspra­che nur ein „radebreche­ndes Englisch“und kein Wort Französisc­h spreche – an der Spitze der Kommission eigentlich undenkbar. Das „Killer“-Argument gegen Weber aber lautet: Er hat noch nie einen Minister- oder Regierungs­posten innegehabt.

Und genau das hatten die Staatsund Regierungs­chefs bisher zum wichtigste­n Kriterium im Anforderun­gsprofil erhoben. Merkel spielt deswegen offenbar mit einer anderen Idee. Sie tendiert eher zu Peter Altmaier (60), ihren bisherigen Bundeswirt­schaftsmin­ister. Der vielsprach­ige Saarländer hat noch einen Vertrag als EU-Beamter in der Tasche. Er erwarb sich auch in der Zeit als geschäftsf­ührender Bundesfina­nzminister in wenigen Wochen hohes Ansehen in der EU-Metropole. Manfred Weber könnte bei dieser Variante der große Verlierer sein. Denn auch wenn ihm die neue EVP-Fraktion nach den Europawahl­en wieder das Vertrauen ausspricht und ihn an die Spitze holt, der Weg zum Parlaments­präsidente­n als Trostpflas­ter bliebe ihm verstellt. Denn zwei Deutsche an der EU-Spitze sind kaum durchsetzb­ar.

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FOTO: HOPPE/DPA Galt lange als Favorit für die Kommission­s-Spitze: Manfred Weber (CSU).

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