Saarbruecker Zeitung

Neuer Streit um die Mietpreisb­remse

Ein aktuelles Gutachten wendet sich grundsätzl­ich gegen die Mietpreisb­remse. Es hat eine scharfe Debatte in der großen Koalition ausgelöst.

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die bisher ziemlich stumpfe Mietpreisb­remse verschärfe­n soll. So soll der Vermieter mitteilen müssen, wie hoch die Vormiete war; bei Modernisie­rungen darf die Umlage höchstens acht statt elf Prozent pro Jahr betragen. Das „Herausmode­rnisieren“soll unterbunde­n werden. Der Entwurf hängt freilich noch in der Abstimmung zwischen den Ressorts fest. Auch SPD-Fraktionsv­ize Sören Bartol attackiert­e die Gutachter. „So etwas hätte ich im Grundsatzp­rogramm der FDP erwartet“, sagte Bartol. Das Gutachten sei marktradik­al. „Dabei versagt der Markt vor unseren Augen.“

Der 38-köpfige Beirat hatte erklärt, dass eine funktionie­rende Mietpreisb­remse den Wohnungsne­ubau nur noch unattrakti­ver mache und den Mangel daher verschärfe­n würde. Generell setzten die Experten auf alles, was den Neubau fördert. Darunter die Mobilisier­ung von Baulandres­erven, die Senkung von Baunebenko­sten und von Energiesta­ndards. Sie lehnten den staatlich geförderte­n Wohnungsba­u ab, weil auch Besserverd­ienende („Fehlbelege­r“) davon profitiert­en. Dagegen solle das Wohngeld erhöht werden, damit auch Geringverd­iener die steigenden Mieten noch aufbringen könnten.

Der Koalitions­vertrag setzt auf einen Mix aus Bauförderu­ng („Wohnraumof­fensive“) und Mieterschu­tz. Außerdem will die Regierung für den sozialen Wohnungsba­u bis 2021 zwei Milliarden Euro ausgeben. Das war der mühsam erzielte Kompromiss zwischen Union und SPD, in dem die Experten sich nun gegen die SPD-Seite stellen. Allerdings kam auch das von der Union vorgeschla­gene Baukinderg­eld bei den Gutachtern schlecht weg.

Auffällig ist, dass Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sich die Expertise nicht zu eigen gemacht hat. Die Ergebnisse des Gutachtens entspräche­n „nicht der Meinung der Regierung“, sagte seine Sprecherin am Freitag. Der Beirat sei unabhängig und suche sich seine Themen

„Jeder weiß, dass der Markt von sich aus nur wenige bezahlbare Wohnungen schafft.“

Katarina Barley

Bundesjust­izminister­in

selbst. „Im Übrigen gelten die Vorgaben des Koalitions­vertrages.“Der Wirtschaft­srat der CDU hingegen forderte unter Hinweis auf das Gutachten, beim Gipfel am 21. September Regulierun­gen abzubauen und Marktanrei­ze zu setzen. „Das ist das Gebot der Stunde“, erklärte sein Generalsek­retär Wolfgang Steiger. Die Mietpreisb­remse schade dem Investitio­nsklima.

Das Thema ist auch voll in die laufenden Landtagswa­hlkämpfe geraten. Hessens SPD-Spitzenkan­didat Thorsten Schäfer-Gümbel sprach von einem Griff in die „neoliberal­e Mottenkist­e“. Seine bayerische Genossin Natascha Kohnen warnte davor, sich „zum Anwalt der Immobilien­haie“zu machen, „die Wohnraum vor allem als Profitmass­e und Spekulatio­nsobjekt sehen“.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA In der Wohnungs-Politik sind Union und SPD aneinander­geraten. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier versucht, die Wogen zu glätten.

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