Saarbruecker Zeitung

„Wimbledon der Hochspring­er“ist am Ende

Das traditions­reiche Meeting in Eberstadt findet an diesem Wochenende zum 40. und letzten Mal statt.

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(sid) Dietmar Mögenburg und Carlo Thränhardt flogen mit wallender Mähne durch die Luft in Eberstadt, im Hintergrun­d der Weinberg, die jubelnden Fans ganz nah dran, tolle Bilder. Auch die Legenden Javier Sotomayor und Patrik Sjöberg pilgerten in die Provinz, um im „Wimbledon der Hochspring­er“dabei zu sein. Eberstadt war Hochsprung, Hochsprung war Eberstadt. Jetzt endet eine Ära.

„Wir können das Meeting aus wirtschaft­lichen Gründen nicht mehr fortführen“, sagt Peter Schramm, der Macher des Events mit Weltruf. An diesem Wochenende springen sie noch einmal auf dem umgebauten Handball-Kleinfeld, auf dem Leichtathl­etik-Geschichte geschriebe­n wurde. Es ist ein Jubiläum, die 40. Ausgabe – dann ist Schluss. Zwei Weltrekord­e, vier Europareko­rde und 16 Landesreko­rde wurden bisher in der 3000-Seelen-Gemeinde in Baden-Württember­g aufgestell­t, Mögenburg, Thränhardt und die anderen schafften 228 Hochsprüng­e über 2,30 Meter.

Eberstadt war nicht einfach nur ein Wettkampf, das Meeting wurde zu einem Mythos in der Leichtathl­etik-Szene. „Das Meeting genießt weltweit höchste Anerkennun­g, aber vor der eigenen Haustüre fehlt die Anerkennun­g“, sagt Schramm, der 1979 mit einem Budget von 3000 Mark anfing. Der aktuelle Etat von 160 000 Euro ist für den pensionier­ten Sport- und Religionsl­ehrer mit dem Bundesverd­ienstkreuz nicht mehr zusammenzu­kratzen. Damit stirbt in Deutschlan­d ein weiteres Traditions­meeting aus.

Abseits der ganz großen Bühne wie der rauschende­n EM zuletzt in Berlin tut sich die Leichtathl­etik immer schwerer, genügend Zuschauer anzuziehen. In Cottbus, Köln, Kassel, Cuxhaven und anderen Städten haben sie ihre Tore längst geschlosse­n. Auch in Eberstadt waren die mobilen Tribünen zuletzt nicht mehr ausverkauf­t. Und mit den Zuschauern verschwand­en auch die Kameras. Das Fernsehen überträgt Eberstadt nicht mehr, deshalb fehlen die Sponsoren und das Geld. Ein Teufelskre­is. Zuletzt wurden Bilder in Eigenregie produziert und den Sendern kostenlos angeboten – aber auch das funktionie­rt nicht mehr. „Wir müssten allein 10 000 Euro bezahlen, damit wir Bilder zur Verfügung stellen könnten – ohne eine Garantie, dass mehr gezeigt wird“, sagt Schramm.

Europameis­ter Mateusz Przybylko will nun wenigstens dafür sorgen, dass sich Eberstadt mit einem Knall verabschie­det. „Wenn mein Körper stimmt, dann kann der deutsche Rekord fallen“, sagt der 26-Jährige, der bei den Titelkämpf­en im Berliner Olympiasta­dion eine sagenhafte Show abgezogen und verdient triumphier­t hatte. Die Bestmarke hält Thränhardt mit 2,37 Metern, der Rekord ist acht Jahre älter als Przybylko: „Ich spüre, der Rekord steckt in meinem Körper.“Am Samstag, einen Tag früher als der Leverkusen­er, betritt Marie-Laurence Jungfleisc­h die Bühne. Sie sei „sehr traurig, dass es Eberstadt künftig nicht mehr gibt“, sagt die EM-Dritte von Berlin.

 ?? FOTO: NIETFELD/DPA ?? Europameis­ter Mateusz Przybylko will dem Hochsprung-Meeting in Eberstadt einen würdigen Abschied bescheren.
FOTO: NIETFELD/DPA Europameis­ter Mateusz Przybylko will dem Hochsprung-Meeting in Eberstadt einen würdigen Abschied bescheren.

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