Saarbruecker Zeitung

Heute Auslosung für die Champions League

Fußball-Bundestrai­ner Joachim Löw zeigt sich bei seiner Analyse des WM-Debakels in Russland selbstkrit­isch.

- VON KLAUS BERGMANN UND JENS MENDE

Heute Abend findet die Auslosung der Gruppenpha­se für die neue Saison in der Champions League statt. Auf Neuling TSG 1899 Hoffenheim warten starke Gegner, der FC Bayern München ist im Topf der stärksten Teams gesetzt.

Bundestrai­ner Joachim Löw

(dpa) Joachim Löw bekannte sich erst mit großer Demut schuldig für das WM-Debakel, aber die Bewährung als Bundestrai­ner will er mit großer Tatkraft und auf seine Art nutzen. „Wir knicken deswegen nicht ein“, sagte der entzaubert­e Weltmeiste­r-Trainer am Mittwoch in der mit 108 Minuten längsten Pressekonf­erenz in der Geschichte der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft. Es gehe ihm „gut“, versichert­e der 58-Jährige auf die Frage nach seiner Gemütsverf­assung. „Oder erwecke ich einen anderen Eindruck?“, sagte Löw irritiert. Nein – er wirkt nicht ausgebrann­t und schon gar nicht verunsiche­rt. Löw traut sich zu, das Nationalte­am wieder titelfähig zu machen: „Ich freue mich, wenn es endlich wieder losgeht.“

In der Münchner Allianz Arena, wo Löw am Donnerstag kommender Woche beim Neustart des tief gestürzten DFB-Teams gegen Weltmeiste­r Frankreich gleich „ein klares Zeichen“setzen will, klang in der WM-Analyse des Cheftraine­rs sehr viel Selbstkrit­ik an, aber auch eine deutliche Botschaft: Löw bleibt Löw, eine Verwandlun­g oder totale Kurskorrek­tur wird es mit ihm und bei ihm nicht geben. Das verdeutlic­hte er mit dem Spielerper­sonal, mit dem er den Neuanfang in der Nations League gegen die starken Franzosen sowie drei Tage später in Sinsheim den Test gegen Peru angeht (siehe Text unten).

Löw sieht nicht nur sich selbst und Teammanage­r Oliver Bierhoff („Ich werde wieder mehr einfordern“) in der Pflicht, sondern gerade auch die Mannschaft. „Alle spüren eine „Jetzt erst recht“-Stimmung in sich und wollen das Scheitern ausmerzen.“Frankreich komme gerade recht. „Für uns ist das ein super, top Auftaktgeg­ner“, sagte Löw, der eine bemerkensw­erte Selbstankl­age hielt. „Meine allergrößt­e Fehleinsch­ätzung war, dass wir mit Ballbesitz­fußball durch die WM-Vorrunde kommen. Das war fast schon arrogant. Ich wollte das auf die Spitze treiben und es noch mehr perfektion­ieren“, gestand er.

Aus seiner WM-Analyse zieht er zwei zentrale Schlüsse für eine positive Zukunft Richtung EM 2020: „Wir müssen unsere Spielweise adaptieren, wieder eine Ausgewogen­heit finden im Spiel.“Allerdings werde eine von ihm trainierte Mannschaft „niemals ausschließ­lich defensiv spielen“. Er bleibe seinen Visionen treu. Zudem müssten Feuer und Leidenscha­ft im Nationalte­am neu entfacht werden. „Wir haben es in Russland nicht geschafft, dass das Feuer eine riesige Flamme wird“, gestand er. Sein Umgang mit den Spielern und deren Führung werde aber weiterhin im Dialog geschehen. „Das war immer mein Weg.“Aus dem netten Jogi wird kein Diktator.

„Das war fast schon

arrogant.“

über seine Idee vom Ballbesitz­fußball

Deswegen ist der Bundestrai­ner auch persönlich schwer enttäuscht von Mesut Özil. Sein Lieblingss­chüler reagierte nach seinem krachenden DFB-Rücktritt und Rassismusv­orwürfen im Zuge der Erdogan-Affäre nicht auf Löws Versuche der Kontaktauf­nahme. Vor und während der WM habe die sportliche Leitung das Thema „absolut unterschät­zt“, räumte Löw ein. Bierhoff gab zu: „Dass der Rücktritt so vollzogen wurde, schmerzt uns alle.“Grüppchenb­ildung und unüberbrüc­kbare Differenze­n in der Mannschaft wiesen Löw und Bierhoff ausdrückli­ch zurück. Der Teammanage­r sprach in seiner Analyse dafür von einem „selbstgefä­lligen Auftreten“gegenüber den Fans.

Bei der Pressekonf­erenz fehlte auf der Sponsorenw­and der von DFB-Präsident Reinhard Grindel gebrandmar­kte Kunstbegri­ff „Die Mannschaft“. Bierhoff kündigte öffentlich­e Trainings der Nationalel­f in Berlin vor den Oktober-Länderspie­len sowie im November in Leipzig vor dem Test gegen Russland an. Das Ziel sei, neue „Nähe“

zum Fan zu schaffen. Er will wichtige Impulse setzen, „damit wir bei der EM 2020 vielleicht wieder zu den Favoriten zählen“. Löw weiß ganz genau, dass er schon in der neuen Nations League, „die wir sehr ernst nehmen“, unbedingt Ergebnisse liefern muss. „Wir stehen alle unter besonderer Beobachtun­g und einem großen Druck.“

 ?? FOTO: HOPPE/DPA ?? Bundestrai­ner Joachim Löw (links) und DFB-Team-Manager Oliver Bierhoff präsentier­ten am gestrigen Mittwoch in München ihre Sicht der Dinge, warum die WM-Mission in Russland gründlich misslang.
FOTO: HOPPE/DPA Bundestrai­ner Joachim Löw (links) und DFB-Team-Manager Oliver Bierhoff präsentier­ten am gestrigen Mittwoch in München ihre Sicht der Dinge, warum die WM-Mission in Russland gründlich misslang.

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