Saarbruecker Zeitung

Der Abstieg der Commerzban­k

Aller Voraussich­t nach fliegt die Commerzban­k aus dem Dax. Auch die Deutsche Bank muss um ihren Platz in einem wichtigen Index bangen.

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Beim Thema Digitalisi­erung haben die Banken zehn Jahre verschlafe­n.“

Junge Finanzfirm­en stießen in die Lücke. Die 1999 gegründete Wirecard AG versteht sich heute als „eines der weltweit führenden Unternehme­n für elektronis­che Zahlungstr­ansaktione­n“. Nach einem starken zweiten Quartal 2018 schraubte das Unternehme­n aus dem Münchner Vorort Aschheim Mitte August erneut seine Ziele nach oben. Nach jüngsten Zahlen bringt es Wirecard auf einen Börsenwert von 24 Milliarden Euro und ist damit an der Börse nicht nur mehr wert als die Commerzban­k, sondern überflügel­t auch die Deutsche Bank.

„Ein Imageschad­en wäre ein Abstieg der Commerzban­k aus dem Dax durchaus“, sagt der Kölner Bankenprof­essor Thomas Hartmann-Wendels. Allerdings habe sich seit Jahren abgezeichn­et, dass schlank aufgestell­te neue Anbieter den Banken beim Zahlungsve­rkehr den Rang ablaufen. „Banken hätten längst gewarnt sein müssen, dass ihre Bedeutung schwindet. Das ist nun ein deutliches Signal, wie gravierend das Problem ist“, sagt Hartmann-Wendels.

Über Auf- oder Abstieg aus dem Dax entscheide­t die Deutsche Börse alle drei Monate. Kriterien sind Börsenumsa­tz (Handelsvol­umen) und Börsenwert (Marktkapit­alisierung) eines Unternehme­ns. Gemessen am Börsenwert ist die einst zweitgrößt­e deutsche Bank schon lange kein Schwergewi­cht mehr ebenso wie Deutschlan­ds führendes Geldhaus, die Deutsche Bank: Die Commerzban­k ist an der Börse noch etwas mehr als zehn Milliarden Euro wert, die Deutsche Bank kommt auf knapp 21 Milliarden Euro. Europäisch­e Konkurrent­en, etwa die französisc­he BNP Paribas (gut 65 Milliarden Euro) oder die spanische Santander (rund 71 Milliarden Euro), haben deutlich mehr Gewicht an der Börse. Meilenweit entfernt sind die großen US-Banken, allen voran Branchenpr­imus JPMorgan Chase mit 334 Milliarden Euro Börsenwert.

Der Vorstand der seit der Finanzkris­e teilversta­atlichten Commerzban­k

Thomas Hartmann-Wendels gab sich angesichts des drohenden Abstiegs in den M-Dax zuletzt gelassen. Konzernche­f Martin Zielke betonte: „Für unsere Kunden, für unser Geschäft ändert sich damit überhaupt nichts. Für die Bedeutung der Bank für die deutsche Volkswirts­chaft ändert sich überhaupt nichts.“

Fakt ist: Die Konkurrenz etwa in den USA und der Schweiz verdient wieder kräftig Geld, während hierzuland­e zehn Jahre nach der Krise noch umgebaut wird. Der seit April amtierende Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing bemüht sich zwar um ein höheres Tempo, räumte jüngst aber ein: „Es gibt noch viel zu tun.“

Ein Platz im Dax oder im Euro Stoxx 50 garantiert Aufmerksam­keit und lockt internatio­nale Investoren wie Versicheru­ngen, Pensionsod­er Investment­fonds. „Der Dax ist ein Schaufenst­er. Wer dort drinsteht, hat es leichter, die Aufmerksam­keit von Investoren zu gewinnen“, sagt BCG-Bankenexpe­rte Sachse. Ein Abstieg aus dem Dax hätte konkrete Folgen: Indexfonds, die sich an der Zusammense­tzung des Leitindex orientiere­n, müssten sich von Commerzban­k-Aktien trennen. Der Druck auf den seit Jahren gebeutelte­n Titel würde steigen.

„Das ist ein deutliches Signal, wie gravierend

das Problem ist.“

Professor für Bankbetrie­bslehre

an der Universitä­t Köln

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Die Zentrale der Commerzban­k ragt zwar hoch über Frankfurt auf. Die Bedeutung der Bank ist jedoch gesunken.

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