Saarbruecker Zeitung

Warten auf Antisemiti­smus-Beauftragt­en

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Als der evangelisc­he Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann im Januar forderte, dass das Saarland dringend einen Antisemiti­smus-Beauftragt­en benötige, hatte nur Rheinland-Pfalz dieses Amt bereits besetzt. Jetzt, mehr als ein halbes Jahr später, gibt es Antisemiti­smus-Beauftragt­e bereits in die Bundesländ­ern Baden-Württember­g, Bayern und Hessen. Und die Bundesregi­erung hat mit dem Diplomaten Felix Klein auch eine Persönlich­keit berufen, die sich mit aller Kraft der Ausbreitun­g des Hasses auf Juden entgegense­tzen will.

Doch im Saarland gibt es immer noch keinen Antisemiti­smus-Beauftragt­en, obwohl sich die Landtagsfr­aktionen von CDU und SPD dafür ausgesproc­hen haben. Und es hierzuland­e Rechtsextr­eme, Hakenkreuz-Graffitis und Bedrohunge­n gegenüber jüdischen Sprachschü­lern, von denen der Chef der Synagogeng­emeinde Saar Richard Bermann berichtete, gibt. Bermann hatte gegenüber der SZ seine Skepsis zum Ausdruck gebracht, ob ein Antisemiti­smus-Beauftragt­er seine Ziele erreichen könne. Zudem müsse der Beauftragt­e eine überzeugen­de Persönlich­keit sein, sagte Bermann. In Hessen etwa wurde Professor Felix Semmelroth, 70, ehemaliger CDU-Kulturdeze­rnent der Stadt Frankfurt, mit der schwierige­n Aufgabe betraut.

Jasmin Glutting, Sprecherin der CDU-Landtagsfr­aktion, erklärte der SZ: „Auch wenn das Problem im Saarland im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern wie Berlin oder Bayern glückliche­rweise weniger stark ausgeprägt ist, leben wir auch hier nicht in einer straftatfr­eien Zone.“Die CDU-Fraktion habe die Forderung nach der Einsetzung eines Antisemiti­smus-Beauftragt­en für das Saarland von Beginn an wohlwollen­d geprüft. „Dabei haben wir bereits viele interne und externe Gespräche geführt – sowohl, was die konkrete Ausgestalt­ung des Amtes als auch was mögliche Personalie­n angeht“, sagte Glutting. Es gelte auch und gerade hier: „Gründlichk­eit geht vor Schnelligk­eit“. Die Anforderun­gen an das Amt eines Antisemiti­smus-Beauftragt­en seien sehr hoch, da Antisemiti­smus ein gesamtgese­llschaftli­ches Problem sei, „das nicht nur auf einem einzigen Feld beackert werden muss“. Über die Personalie und die Ansiedlung des Beauftragt­en sei noch keine Entscheidu­ng gefällt worden. „Ziel ist es aber, in Kürze Ergebnisse zu präsentier­en“, sagte Glutting.

„Die unterschie­dlichen Facetten, in denen sich Antisemiti­smus zeigt, sind Gift für unsere tolerante Gesellscha­ft. Demonstrat­ionen, Gewalt, Schmierere­ien, aber auch Schändung von Friedhöfen oder Drohanrufe sind für betroffene Menschen und unsere Gesellscha­ft eine hohe Belastung und schüren Angst“, erklärte Angelina Müller, Sprecherin der SPD-Fraktion Der Schutz der Gesellscha­ft vor fremdenfei­ndlichen, antisemiti­schen Angriffen und das Aufklären und Einstehen für die Demokratie sei für den Frieden in unserem Land unabdingba­r. „Wir haben im Saarland bereits gut funktionie­rende Strukturen und Institutio­nen, die aufklären, unterstütz­en, als Ansprechpa­rtner zur Verfügung stehen, den politische­n-kulturelle­n Dialog fördern und gesellscha­ftliche und politische Grundwerte vermitteln“, erklärte Müller. Es müsse geprüft werden, wie ein Antisemiti­smus-Beauftragt­er in die Strukturen eingebunde­n werden könne.

In Rheinland-Pfalz, Bayern, Hessen und Baden-Württember­g sind die Antisemiti­smus-Beauftragt­en jeweils in den Staatskanz­leien angesiedel­t, so dass sie direkten Kontakt zu den Regierungs­chefs haben.

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