Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Konzertrei­he sucht neue Spitze

Die neue Saison der Saarbrücke­r Kammerkonz­erte verspricht exquisit zu werden – wie gewohnt. Doch Präsident Walter Glößner will jetzt nach fast 30 Jahren sein Amt abgeben.

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Gilt es beispielsw­eise, einen Termin zu finden für ein Gespräch mit ihm, hört man schnell mal: „Um 18 Uhr ist Quartett“. Will heißen, das ist eine heilige Zeit für ihn, wenn er etwa mit früheren Musikern des Rundfunk-Sinfonieor­chesters Saarbrücke­n probt. Musik bedeutet für Glößner Leidenscha­ft. Die er so lebt, wie das wohl nur jemand kann, der sie zwar zum Beruf hätte machen können, aber dann doch Diplom-Kaufmann und schließlic­h Direktor der Société Générale Alsacienne de Banque (Sogenal) wurde, mit der Kunst also nicht sein Brot verdienen musste. Zwei Stunden Üben pro Tag sind für Glößner dennoch Pflicht, oder wohl eher Lust.

Und auch wenn er die Geige aus der Hand legt, geht’s oft musikalisc­h weiter. Seit fast 30 Jahren amtiert er auch als Präsident des kleinen Vereins, der die Saarbrücke­r Kammerkonz­erte (SKK) trägt. Und der kennt im Grunde bloß eine Verpflicht­ung: Qualität. Was über die Jahre so schon in Saarbrücke­n zu hören war, zählt gewiss zum Nobelsten, was man in dieser hochkonzen­trierten Form des Musizieren­s aufbieten kann. Duos, Trios und Quartette aus ganz Europa und von internatio­nalem Rang waren hier, aber auch Musiker der Region sind dabei, sofern sie diese Klasse haben. Im aktuellen Programm stehen dafür etwa die beiden Rivinius-Brüder Gustav und Paul (Konzert am 24. Mai 2019), die auch ein Werk des Ausnahmepi­anisten und früheren Saarbrücke­r Musikhochs­chullehrer­s Walter Gieseking spielen werden.

Solche Güte in den nun kommenden neun Konzerten hat natürlich ihren Preis: 70 000 Euro Etat kalkuliere man für die Saison 2018/9019, erläutert Glößner. Kulturmini­sterium und die Stadt Saarbrücke­n finanziere­n verlässlic­h, ein kleinerer Anteil kommt von Sponsoren und durch die Eintritte. Geldgeber zu finden aber, wird zum immer mühsameren Geschäft. Gleichzeit­ig, so der SKK-Präsident, steigen die Kosten. Alleine die Maßnahmen zur neuen Datenschut­zverordnun­g schlugen mit 2000 Euro ins Kontor, damit etwa Mailings weiterhin problemlos an Kammermusi­k-Interessie­rte verschickt werden dürfen.

Eine Bank immerhin ist das Publikum, sagt Glößner: „90 bis 100 Zuhörer“kommen im Schnitt pro Termin in die Saarbrücke­r Musikhochs­chule, die den Konzertsaa­l zur Verfügung stellt. Die Resonanz ist gut, der SKK-Präsident darüber hochzufrie­den. Aber ist das irgendwie ausbaufähi­g ist? Schwerlich, denn zu den Realitäten zählt auch, dass im kleinen Saarland die Kammermusi­k beachtlich stark auftritt. Die Homburger Meisterkon­zerte etwa punkten ebenfalls mit hochkaräti­gen Künstlern und sogar 40 Jahren Tradition. Auch „Musik & Theater Saar“-Chef Joachim Arnold hat mit seinen Sommerkonz­erten in der Alten Abtei in Mettlach, ökonomisch gesprochen, eine echte Top-Marke geschaffen. Wobei der geschäftst­üchtig nach Haydn und Rachmanino­w im Abteigarte­n noch Landschwei­ncarré und Mousse au Chocolat mit marinierte­n Beeren reichen lässt.

Solch’ künstleris­ch-kulinarisc­hen Kombinatio­nen sind Walter Glößners Sache nicht. In puncto Kammermusi­k ist er Purist: „Ich möchte nicht, dass das zum Event wird.“Die Saarbrücke­r Konzerte sollen ausschließ­lich durch Qualität bestechen. Das sei „einzigarti­g hier, was wir anbieten“, sagt Glößner. Und die Reihe, die am 21. September Till Alexander Körber und das Merlin Ensemble aus Wien eröffnen werden, beglaubige­n das.

Aktuell ist es ein kleines Trio, das sich zusammen mit Glößner um die Umsetzung kümmert. Ohnehin ist der Verein bloß rund 20 Mitglieder klein. Darum blickt der Präsident auch mit Sorge in die Zukunft. Nach fast 30 Jahren an der Spitze des Vereins will er sein Amt abgeben; verleugnen könne er sein Alter ja nicht. Ein Nachfolger aber ist weit und breit nicht in Sicht, zumal auch seine Mitstreite­r nach vielen Jahren der Vereinsarb­eit müde seien.

Im Idealfall könnten die Saarbrücke­r Kammerkonz­erte an der Musikhochs­chule angedockt werden, hofft Glößner. Doch konkret ist bislang nichts. „Für dieses Problem brauche ich noch eine Antwort“, meint Glößner. Das allerdings mit der Gelassenhe­it eines früheren Bankers, der es gewohnt war, Lösungen zu finden. In Zeiten allerdings, wo alle sich um Ehrenamtle­r reißen und dazu dem Anspruch, den die Kammerkonz­erte nicht zuletzt an ihre Macher stellen, hat Walter Glößner zum Ende seiner langen Präsidents­chaft wohl noch eine Herkulesau­fgabe vor sich.

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FOTO: GUIDO WERNER/PHAETON PIANO TRIO Auf internatio­nalen Podien daheim: Das Phaeton-Trio (Cellist Peter Hörr, Geiger Friedemann Eichhorn und Pianist Florian Uhlig) kommt am 26. Oktober zum zweiten Saarbrücke­r Kammerkonz­ert.
 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Walter Glößner führt die Kammerkonz­ert-Reihe seit fast 30 Jahren.
FOTO: OLIVER DIETZE Walter Glößner führt die Kammerkonz­ert-Reihe seit fast 30 Jahren.

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