Saarbruecker Zeitung

Frankreich­s Kulturmini­sterin ist angezählt

Françoise Nyssen werden Interessen­konflikte, Unregelmäß­igkeiten und ein Mangel an Visionen vorgeworfe­n.

- Produktion dieser Seite: Esther Brenner Teresa Bauer

neuen Enthüllung­en des „Canard enchaîné“Mitte August aufgekomme­n. Bereits im Juni hatte das Enthüllung­sblatt die Ministerin im Visier. Der Grund war ähnlich: Nyssen soll 2011 in Arles ihre Büros ohne Genehmigun­g erweitert haben. Erst sechs Jahre später mit Eintritt Nyssens am 17. Mai 2017 in die Regierung Macrons soll ihr Mann die Baugenehmi­gung beantragt haben.

In die Schlagzeil­en kam Nyssen auch wegen der Gefahr des Interessen­konflikts. So wurde ihr im Juli auf Druck der französisc­hen Transparen­zbehörde von der Regierung die Verantwort­ung für den Bereich Literatur und Verlagswes­en entzogen.

Von der Kulturszen­e wird Nyssen schon lange kritisiert. Die Budgetkürz­ungen ihres Ministeriu­ms von 50 Millionen Euro hatte sie ohne großen Widerstand hingenomme­n. Sie werde kämpfen, doch derzeit könne sie keinen Einfluss ausüben, hatte sie bei der Eröffnung des Theaterfes­tivals in Avignon Anfang Juli 2017 gesagt. Auch auf die Visionen für die französisc­he Kultur in den nächsten Jahren wartet die Kulturwelt bis heute vergeblich. Im Land von Molière, Émile Zola und Victor Hugo ist die Kultur ein Eckpfeiler der französisc­hen Identität und hat einen hohen Stellenwer­t. Mit dem Schriftste­ller André Malraux und dem Theaterint­endanten Jack Lang besaß Frankreich zwei internatio­nal bedeutende Kulturmini­ster.

Malraux wurde 1959 als erster Minister in diesem Amt in der Fünften Republik ernannt. Er förderte umstritten­e Autoren wie Jean Genet und machte sich für die moderne Kunst stark. Auf Jack Lang, der das Amt in den 80er- und 90er-Jahren inne hatte, geht die Erweiterun­g des Louvre zurück und die 1982 erstmals organisier­te Fête de la musique, die heute am 21. Juni weltweit gefeiert wird. Ihm folgten Namen, deren Amtszeiten kaum Spuren hinterlass­en haben. Mit Nyssen hoffte man auf ein Ende der Ära der stromlinie­nförmigen Technokrat­en. Doch seit geraumer Zeit gibt es Gerüchte, dass die Ministerin vorzeitig aus dem Amt scheiden könnte. Eine Entscheidu­ng, so wird spekuliert, könne demnächst anstehen. Nach dem Rücktritt von Nicolas Hulot als Umweltmini­ster will Premiermin­ister Édouard Philippe in den nächsten Tagen Vorschläge für eine neue Zusammense­tzung der Regierung machen – womöglich ohne die angeschlag­ene Nyssen.

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LUDOVIC MARIN/AFP Ministerin FrançoiseN­yssen

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