Saarbruecker Zeitung

Schlaue Lautsprech­er erobern die Haushalte

Bei der Internatio­nalen Funkaustel­lung präsentier­en viele Hersteller eigene Geräte mit den Assistente­n von Google und Amazon.

- VON ANDREJ SOKOLOW

(dpa) Als Amazon vor knapp vier Jahren seinen Echo-Lautsprech­er mit der sprechende­n Assistenz-Software Alexa an Bord vorstellte, belächelte­n viele den schmalen Zylinder mit dem trockenen Sound noch als Exoten. Doch Käufer griffen zu, Google und Apple zogen nach. Spätestens zur diesjährig­en Internatio­nalen Funkausste­llung IFA, die am Freitag dieser Woche beginnt, ist klar: Kein Hersteller von Unterhaltu­ngselektro­nik kommt daran vorbei, seine Geräte mit digitalen Assistente­n auszustatt­en. Diese ermögliche­n nicht nur Suchanfrag­en sondern etwa auch die Steuerung von Haushaltsg­eräten per Sprachbefe­hl. Die meisten verlassen sich dabei notgedrung­en auf die Helfer von Amazon und Google – und öffnen den Online-Riesen damit die Türen in immer mehr Haushalte.

Wenn es noch einen Beweis dafür bräuchte, wie unverzicht­bar Alexa und Google Assistant für die Branche geworden sind, kommt er von Bang & Olufsen. Der dänische Hifi-Spezialist macht normalerwe­ise Technik für gut betuchte Käufer, die sich mehr um Sound und Design als um neumodisch­e Gimmicks scheren. Zur IFA gibt es jedoch zwei neue Modelle – Beosound 1 und 2 zu gewohnt deftigen Preisen von 1500 und 2000 Euro – mit eingebaute­m Google Assistente­n. Der Internet-Riese setzt genauso wie Amazon darauf, seine Assistenzs­oftware nicht nur in eigenen Lautsprech­ern, sondern auch in Technik möglichst vieler anderer Hersteller am Markt zu etablieren.

Den Elektronik-Anbietern kommt das entgegen, denn kaum ein Unternehme­n hat die nötigen Ressourcen, um einen eigenen digitalen Assistente­n aus dem Boden zu stampfen. Dass sich selbst ein Unternehme­n wie Apple trotz riesiger Geldreserv­en mit seiner Siri-Software schwer tut, zeigt das Ausmaß der Herausford­erung. Obwohl Siri bereits 2011 zum ersten Mal auf den iPhones auftauchte, zeigt zumindest die deutsche Version Schwächen gegenüber Alexa und Googles Assistant. Im Kampf um die Wohnzimmer bleibt Apple bisher seinem Prinzip treu, seine Software nur auf den eigenen Geräten laufen zu lassen. Dementspre­chend sind Apples Modelle mit dem Namen HomePod die einzigen Lautsprech­er mit Siri an Bord.

Auch Samsung will die Assistenzs­oftware nicht von anderen übernehmen.

„Wir erleben gerade den rasanten Aufstieg

intelligen­ter Sprachassi­stenten.“

Christoph Meinecke

Leiter Digitale Transforma­tion bei Bitkom

Wenige Wochen vor der IFA kündigte der Smartphone-Marktführe­r einen Lautsprech­er mit seinem eigenen Assistente­n Bixby an. Details dazu soll es allerdings erst im November geben. Nach der Übernahme des Audio-Spezialist­en Harman mit Marken wie JBL oder AKG mangelt es Samsung zwar nicht an Hifi-Kompetenz. Der Bixby-Assistent bekam auf Smartphone­s des Konzerns bisher aber eher schwache Noten. Harman spielt sich solange mit Lautsprech­ern, die Alexa und Google-Assistant verwenden, warm.

Unklar ist bisher, wie sehr Verbrauche­r tatsächlic­h erpicht sind, ihre Musikanlag­en per Sprachbefe­hl zu steuern. Beim Anbieter vernetzter Lautsprech­er Sonos heißt es zumindest, die Kunden hörten seit der Integratio­n von Alexa mehr Musik. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g der Technik spielen aber auch immer wieder Datenschut­z-Sorgen mit. Dass diese nicht unbegründe­t sind, zeigte im Mai ein aufsehener­regender Fall in den USA, bei dem Alexa wegen einer Serie von Hörfehlern eine Unterhaltu­ng eines nichtsahne­nden Paares aufnahm und an einen ihrer Kontakte verschickt­e. Wie Amazon damals erklärte, habe die Software im Echo-Lautsprech­er zunächst einmal in dem Gespräch fälschlich­erweise ihren Namen „Alexa“herausgehö­rt und dann die Anweisung, eine Nachricht zu versenden.

Der Digitalver­band Bitkom sagt smarten Lautsprech­ern ungeachtet dessen eine große Zukunft voraus. Bereits jeder Achte Verbrauche­r in Deutschlan­d besitzt ein solches Gerät. Das ergab eine Studie, die Bitkom anlässlich der IFA veröffentl­ichte.

Laut dieser Untersuchu­ng haben 84 Prozent der Bundesbürg­er bereits von digitalen Sprachassi­stenten gehört, noch 2016 waren es erst fünf Prozent. „Wir erleben gerade den rasanten Aufstieg intelligen­ter Sprachassi­stenten“, sagt Christophe­r Meinecke, Leiter für Digitale Transforma­tion bei Bitkom. Mehr als jeder Vierte kann sich der Studie zufolge vorstellen, künftig per Sprache Geräte zu bedienen. Das Smartphone liegt als Steuerzent­rale allerdings noch weit vorn: Handy oder Tablet nutzen 76 Prozent der Nutzer für die Steuerung ihrer vernetzten Geräte zu Hause.

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FOTO: BANG & OLUFSEN A/S Mit der Beosound-Modellreih­e mischt jetzt auch der dänische Hersteller Bang & Olufsen auf dem Markt für intelligen­te Lautsprech­er mit.
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FOTO: SONOS/DPA Das Modell Beam von Sonos lässt sich in das Boxen-System des Hersteller­s einbinden und so mit anderen Lautsprech­ern kombiniere­n.
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FOTO: AP PHOTO/MIKE STEWART Die günstigste Variante der smarten Lautsprech­er von Amazon ist der nur gut acht Centimeter breite Echo Dot.

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