Saarbruecker Zeitung

In Bayern dräut die Volksparte­ien-Dämmerung

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Je näher der bayerische Landtagswa­hltermin vom 14. Oktober rückt, umso bedrohlich­er werden die Prognosen für die beiden bisherigen Volksparte­ien CSU und SPD. Mit jeder Umfrage schwächelt die CSU mehr, die bei der letzten Landtagswa­hl mit 47,7 Prozent die absolute Parlaments­mehrheit wiedererra­ng. 36 Prozent waren es bei der jüngsten Erhebung. Früher kam die Schwäche der CSU der SPD zugute. Auch das ist offensicht­lich vorbei. Die Lage für die bayerische­n Sozialdemo­kraten bleibt mies. Mehrere Umfragen sehen sie mit zwölf bis 13 Prozent derzeit als vierte Kraft nach Grünen und AfD.

Sicherlich darf man die Umfragewer­te nicht für bare Münze nehmen. Dennoch zeigen die Umfragen eine Tendenz, welche die Wahlkämpfe­r in den Parteizent­ralen nicht kalt lassen kann. Dass die CSU die absolute Mehrheit wiedergewi­nnt und die SPD über die 20-Prozent-Marke kommt, scheint derzeit ausgeschlo­ssen.

Für die CSU mag der drohende Verlust der absoluten Mehrheit eine parteipoli­tische Katastroph­e sein, für die parlamenta­rische Demokratie ist der drohende Untergang der Volksparte­i SPD ein Menetekel. Dieses erhält besondere Dramatik dadurch, dass eine rechtspopu­listische Partei drauf und dran ist, stärker zu werden als die bayerische Sozialdemo­kratie. Das Ansehen des Freistaats als ein Hort der Stabilität innerhalb der Bundesrepu­blik wäre dahin.

Mit dem Bröckeln der Volksparte­ien vollzieht Bayern freilich nur eine Entwicklun­g nach, die in den anderen Bundesländ­ern längst eingetrete­n ist. Manche in der CSU wollen zwar immer noch glauben, dass in Bayern die Uhren anders gehen als im Rest der Welt und die Alleinherr­schaft der CSU ein unumstößli­ches Naturgeset­z ist, doch Politologe­n und Soziologen wundern sich allenfalls darüber, dass es im Freistaat so lange dauert, bis die gesellscha­ftlichen Veränderun­gen auch hier Spuren im Wahlverhal­ten hinterlass­en.

Für CSU und SPD bleiben nur noch etwas mehr als fünf Wochen, um den Trend zu drehen. Während SPD-Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen nicht viel anderes übrig bleibt, als auf SPD-Werte, die soziale Kompetenz und den von ihr propagiert­en „Anstand“zu verweisen, schüttet CSU-Ministerpr­äsident Markus Söder bekanntlic­h ein Füllhorn über das Land aus. Freilich dämmert es vielen Wählern, dass sie selbst es sind, die dieses Füllhorn mit ihren Steuern füllen müssen. Das vorangegan­gene Machtkampf- und Asyl-Theater der CSU zeigt, dass man es auch übertreibe­n kann und die Wähler nicht so vergesslic­h sind, wie es manche Politiker glauben.

Wie es derzeit aussieht, wird sich im nächsten bayerische­n Landtag eine allein nicht mehrheitsf­ähige CSU mehreren etwa gleich starken Parteien gegenüber sehen, unter denen sie sich eine als Partner aussuchen kann. Daneben gibt es noch viele Spekulatio­nen, die derzeit kursieren. Eine heißt: Vize-Ministerpr­äsidentin Ilse Aigner (CSU) wird doch noch Ministerpr­äsidentin, weil Amtsinhabe­r Markus Söder eine krachende Niederlage erleidet. Eine noch gewagtere: Grüne, SPD, Freie Wähler und FDP bilden eine Vierer-Koalition gegen CSU und AfD. Es wird spannend.

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