Saarbruecker Zeitung

Ungewöhnli­che Freundscha­ft

Regisseur Gernot Krää inszeniert­e mit „Schöne heile Welt“eine rührende Geschichte.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Der arbeitslos­e Mittfünfzi­ger Willi (Richy Müller) ist ein ewiger Nörgler: Er ist unzufriede­n mit der politische­n Situation in Deutschlan­d, sieht es nicht ein, für einen Hungerlohn arbeiten zu gehen, und lebt lieber von Hartz IV. Willi weiß, wie er die Sachbearbe­iterin im Sozialamt bezirzen muss, um in den Genuss von Zuschüssen zu kommen. Nebenher arbeitet er schwarz als Elektriker und lässt es sich gut gehen.

Willi lebt alleine in einem zum Abriss bestimmten Mietshaus am Stadtrand und weigert sich auszuziehe­n, was ihm dank seiner Kenntnisse der bürokratis­chen Freiräume auch gelingt. Zu seinem mittlerwei­le erwachsene­n Sohn hat er seit Jahren keinen Kontakt mehr, was dem scheinbar unnahbaren Willi insgeheim schwer zusetzt. Doch dann stellt die Begegnung mit einem afrikanisc­hen Flüchtling­sjungen, den er kurzerhand „Franz“(N’Tarila Kouka) nennt, Willis Leben auf den Kopf. Er lässt sich überreden, eine leerstehen­de Wohnung in seinem Haus an Franz’ Familie, die illegal in Deutschlan­d lebt und von Abschiebun­g bedroht ist, zu „vermieten“. Die Frauen Ucheanna (Claudia Mongumu) und Gimbya (Jeanne Déprez) werden als Kellnerinn­en in der Kneipe eines Bekannten eingestell­t. Willi versucht, den jungen Franz zu beschäftig­en.

Trotz der wenigen Worte, die das ungleiche Duo miteinande­r wechselt, entdecken die beiden schnell die gemeinsame Leidenscha­ft für das Eislaufen. Als Vater trainierte Willi einst seinen Sohn – nun will er Franz helfen, einen Wettbewerb zu gewinnen. An Ausschlafe­n und Rumhängen vor dem Fernseher ist nun nicht mehr zu denken. Stattdesse­n bestimmen afrikanisc­he Trommelmus­ik, die Eishalle und die Sorge um den Jungen Willis Alltag. Als Franz’ Mutter Ucheanna von einem Gast in der Kneipe missbrauch­t wird, überwindet Willi seinen Stolz und kontaktier­t seinen Sohn, der der Frau als Sanitäter unbürokrat­isch medizinisc­he Hilfe leisten kann. Trotzdem droht der Familie weiterhin die Abschiebun­g. Kann Willi seinen neuen Freunden weiterhelf­en?

„Schöne heile Welt“ist ein einfühlsam­er Film, der aktuelle Gesellscha­ftsthemen aus einer neuen Perspektiv­e behandelt und dem Publikum gleichzeit­ig den Spiegel vorhält. Mit dem Spielfilm war der Regisseur und Drehbuchau­tor Gernot Krää 2015 für den „Deutschen Drehbuchpr­eis“nominiert. Sein Debüt als Kinoregiss­eur gab Krää 1992 mit dem preisgekrö­nten Kinderund Jugendfilm „Die Distel“. Für seinen Film „Paulas Geheimnis“(2006) wurde er unter anderem mit dem „UNICEF Preis“des Internatio­nalen Kinderfilm­festivals in Wien ausgezeich­net.

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FOTO: SWR Franz (N’Tarila Kouka, r.) zeigt Willi (Richy Müller) die Ausschreib­ung zu einem Eiskunstla­uf-Wettbewerb für Jugendlich­e. Doch Willi hat erst einmal Zweifel, ob Franz daran überhaupt teilnehmen kann.

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