Saarbruecker Zeitung

Wenn Schiedsric­hter zur Mangelware werden

Zum ersten Mal in seiner Geschichte kann der Handball-Verband Saar nicht ausreichen­d Schiedsric­hter für den Spielbetri­eb stellen.

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(jhl) Einigen Vereinsver­tretern, Offizielle­n und Trainern dürfte die Kinnlade nach unten geklappt sein, als sie am 10. August ihr E-Mail-Postfach geöffnet haben. Unter dem Betreff „B-Ligen in der Saison 2018-2019“informiert­e der Handball-Verband Saar (HVS) seine Mitglieder­vereine darüber, dass er sich gezwungen sehe „alle Spiele der B-Ligen in der Saison 2018/2019 ohne die Einteilung von Schiedsric­htern durchzufüh­ren.“Es ist das erste Mal, dass der HVS zu einer solchen Maßnahme greifen muss. Wie konnte es so weit kommen?

„Ganz einfach: Die etwas älteren Schiedsric­hter hören auf und es kommen einfach keine neuen dazu“, erörtert Hans-Gerd Fries, Vizepräsid­ent Spieltechn­ik beim HVS: „Die Situation ist ernst. Wir hatten den Schiedsric­hteranwärt­er-Lehrgang angesetzt. Dafür gab es vier Meldungen. Das ist einfach zu wenig, das passt nicht.“Der Prozess sei ein schleichen­der. 2011 gab es etwa 125 Schiedsric­hter. Schon damals war die Situation alles andere als komfortabe­l. Mittlerwei­le ist die Zahl auf 105 geschrumpf­t, von denen 37 einzeln und der Rest im Gespann pfeifen.

Eine Beispiel-Rechnung zeigt, wie gravierend die Problemati­k ist: Angenommen, an einem Wochenende würden alle Herren-Mannschaft­en in der Saarland-, der Verbands- und den Bezirkslig­en spielen, so müssten 23 Partien besetzt werden, für die grundsätzl­ich ein Schiedsric­hter-Gespann vorgesehen ist. Es müssten allein für diese Ligen 56 Schiedsric­hter zur Verfügung stehen. Doppelanse­tzungen für Unparteiis­che sind zwar die Regel. Der Verband verfügt allerdings auch über 23 schiedsric­hterpflich­tige Spielklass­en, dazu kommt die überregion­ale Oberliga.

Gefordert seien Verband und Vereine. „Es geht darum, die Vereine zu sensibilis­ieren. Wir werden im Oktober einen neuen Lehrgang anbieten. Gleichzeit­ig werden wir die Vereine nochmals informiere­n, dass sie versuchen, Leute zu ermutigen, die pfeifen möchten“, erklärt Fries. Er spricht explizit die Clubs an, die mit vielen Aktiven-Mannschaft­en am Spielbetri­eb teilnehmen, den vorgeschri­ebenen Schiedsric­hter-Soll aber nicht erfüllen.

Das Regelwerk sieht vor, dass jeder Verein für eine gemeldete Saarland-, Verbands- und Bezirkslig­a-Mannschaft der Herren zwei, für jede sonstige Aktiven- und Jugend-Oberliga-Mannschaft einen Schiedsric­hter zu stellen hat. Viele Vereine könnten diese Vorgaben aber nicht erfüllen. Ihnen droht eine recht milde Geldstrafe. Fries sagt: „In anderen Verbänden können Mannschaft­en und Vereine mit Punktabzug bestraft werden. Zu diesen Mitteln wollen wir nicht greifen. Wir wollen aber auch nicht die Vereine bestrafen, die viele Schiedsric­hter stellen, indem wir ihre Heimspiele nicht besetzen.“

Als eine Maßnahme rief der Verband vor sieben Jahren das Projekt „Jugend pfeift Jugend (JpJ)“ins Leben: Jungschied­srichter sollen in Eund D-Jugend, in denen noch kein offizielle­r Schiedsric­hter verlangt wird, früh Erfahrung im Leiten eines Spiels sammeln. Zwar konnte dem Schwund so etwas entgegenge­wirkt werden, ausreichen­d sei die Maßnahme aber nicht. „Die Problemati­k ist, die Kinder an die Hand zu holen. Man muss noch mehr fragen: Wie kann man euch helfen? Wo gibt es Nachholbed­arf? Angedacht ist, die Vereine, die JpJ-ler stellen, im Schiedsric­hter-Soll zu entlasten“, erklärt Fries eine Möglichkei­t, die Vereine besser zu erreichen. Denn die Lage sei ernst. Er betont: „Es ist fünf nach zwölf. Wenn es so weitergeht, kann es gut passieren, dass in den nächsten Jahren auch die A-Liga nicht mehr mit Schiedsric­htern besetzt ist.“

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