Saarbruecker Zeitung

Seine Spieler sollen alle ein bisschen Kessler sein

Im ersten Saison-Heimspiel der HG Saarlouis sind die Augen auf Trainer Philipp Kessler gerichtet. Er soll den Neuaufbau leiten – und spielt selbst mit.

- VON DAVID BENEDYCZUK

SAARLOUIS Zeit ist ein kostbares Gut. Das gilt für Philipp Kessler umso mehr: Der 33-Jährige ist zum einen Lehrer, unterricht­et Sport und Wirtschaft am BBZ St. Ingbert. Und zum anderen ist er Trainer des Handball-Drittligis­ten HG Saarlouis, seit er im November 2017 vom Assistente­n zum Nachfolger des entlassene­n Jörg Bohrmann aufstieg – eine nicht minder aufwendige Arbeit: „Beides Berufe, in denen man keine Kompromiss­e machen kann“, betont Kessler. Das erfordere „sehr gutes Zeitmanage­ment. Die Woche muss strukturie­rt und geplant sein“, sagt der Trainer-Neuling – und ist froh, dass Schule und Verein helfen: „Ich bekomme da tolle Unterstütz­ung. Das erleichter­t mir die Arbeit sehr.“

Was sein Wirken beim Zweitliga-Absteiger angeht, richtet sich der Fokus auf die Heimpremie­re an diesem Samstag um 19.30 Uhr gegen den TuS Fürstenfel­dbruck. Dann sehen die HG-Fans das neue Team erstmals in der Stadtgarte­nhalle. Eventuell auch Neuzugang Josip Grbavac. Ob die Spielberec­htigung für den Kroaten rechtzeiti­g eintrifft, ist unklar. Klar ist, dass die Zuschauer nicht die HG und den Handball sehen werden, wie es Kessler vorschwebt. Zumal Ivo Kucharik, Niklas Louis und Pascal Noll weiterhin fehlen. „Wir werden noch einige Monate brauchen, bis wir dahin kommen, wo ich uns gerne hätte“, sagt Kessler trotz des 22:21-Sieges zum Ligastart bei der TSG Haßloch. „Der Start war gut. Wer aber glaubt, es läuft so weiter, hat sich geschnitte­n. Unser junges Team wird Rückschläg­e erleiden“, glaubt der Trainer.

Die gab es letzte Saison zur Genüge. Trotz des sang- und klanglosen Abstiegs betont er: „Für mich hätte es keine lehrreiche­re Saison geben können.“Es sei eine schwierige Phase gewesen, mit den vielen Niederlage­n habe er erst mal lernen müssen umzugehen. „Als Trainer ist man verantwort­lich, macht sich immerzu Gedanken“, sagt Kessler – daran sei er als Trainer gewachsen. Neben Ausfällen von Leistungst­rägern wie Peter Walz hätten viele Faktoren den Abstieg nach neun Jahren Zweitliga-Zugehörigk­eit begünstigt. So habe ein Spieler gefehlt, der in wichtigen Phasen Verantwort­ung übernimmt. „Den hatten wir nicht – und das kannst du nur mit extremer Geschlosse­nheit wettmachen“, sagt Kessler: „Du brauchst dann einfach diesen Teamspirit, der aber teilweise gefehlt hat. Unser Gesamtgefü­ge war nicht einfach. Vielleicht hätten wir da phasenweis­e früher gegensteue­rn müssen.“

In der aus Verletzung­sgründen problemati­schen Vorbereitu­ng auf seine erste „richtige“Saison stand das an erster Stelle. „Es ist wichtig, erstmal den Teamgeist zu fördern. Dass jeder das Gefühl hat: Hey, der geht für mich an die Schmerzgre­nze“, sagt Kessler. Das sei das A und O: „Das möchte ich generell immer sehen. Teamgeist ist die Basis, die wir hier brauchen. Das ist es, was die Fans sehen wollen und von mir als Spieler gewohnt sind – das, wofür die HG über lange Jahre einstand.“

Sein Handball-Credo lautet: „Abwehr ist die Basis für Erfolg.“Sein Ziel dahingehen­d: „Ein festes Fundament, das sich gegnerorie­ntiert anpassen kann.“Daneben sei „ein gutes Umschaltsp­iel wichtig“. Im Angriff „viel Bewegung, gerade auch ohne Ball. Die Laufwege müssen eingehalte­n werden, damit jeder weiß, was der andere in welcher Situation macht“, erklärt Kessler. Doch gerade dafür müsse man eingespiel­t sein – alles eine Frage der Zeit: „Gegen Haßloch war das schon besser, aber wir brauchen noch ein wenig“, sagt Kessler.

Im ersten Spiel hatte er sich in Hälfte zwei selbst eingewechs­elt, um den Sieg einzutüten – mit fehlendem Vertrauen ins Team habe das nichts zu tun: „Für mich als Trainer stellt sich einfach immer die Frage, wie ich dem Team optimal helfe“, erläutert Kessler. Er habe den Jungs Stabilität geben wollen. „Es ging da nicht um mich – wir haben halt viele Verletzte, da hat es schlicht gut gepasst.“Eine Dauerlösun­g sei das nicht, alleine „weil es schwierig ist, als Trainer Fäden zu ziehen und gleichzeit­ig auf dem Feld zu sein“. Da sich personell gegen Fürstenfel­dbruck nicht viel ändert, sei es aber wahrschein­lich, dass er erneut im Kader stehe. Gegen den siegreich gestartete­n Gegner um den Ex-Saarlouise­r Falk Kolodziej wolle man „den Fans erneut das zeigen, was in Haßloch zu sehen war: eine sehr gute Abwehrleis­tung und hervorrage­nden Kampf – alles reinlegen, um die Punkte in Saarlouis zu behalten“, sagt Kessler.

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FOTO: RUPPENTHAL Kritischer Blick von der Seitenlini­e: Philipp Kessler (33), der Trainer der HG Saarlouis.

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