Saarbruecker Zeitung

Eine blühende Branche kämpft gegen Klischees

Die MarihuanaI­ndustrie in den USA müht sich, den KifferRuf loszuwerde­n. Nicht alle sind überzeugt.

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(ap) Michelle Janikian schreibt für mehrere Magazine über Marihuana. Wenn sie jemandem erzählt, wie sie ihren Lebensunte­rhalt verdient, ist sie immer bemüht, sich dabei „wie jedermann“zu verhalten – damit ihr Gegenüber nicht denkt, dass sie bekifft ist.

Adam Salcido weiß, wovon sie spricht. Er erinnert sich noch gut an die Zeit vor ein paar Jahren, als er sich entschloss, für eine kalifornis­che Firma zu arbeiten, die Veranstalt­ungen rund um Marihuana organisier­t – das Hanffest oder den Cannabis Cup. Er musste seiner beunruhigt­en Familie mehr als einmal versichern, dass er nicht zu einem Drogensüch­tigen werde.

Marihuana ist mittlerwei­le in 30 US-Staaten auf die eine oder andere Art legalisier­t: Eine neue Multimilli­arden-Industrie beginnt zu florieren. Aber alte „Stoner“-Klischees halten sich immer noch – in den USA etwa die Vorstellun­g von bekifften Leuten, die noch als junge Erwachsene auf den Sofas im Keller ihres Elternhaus­es leben und ihre Zeit mit Videospiel­en verbringen statt zu arbeiten.

Gegen solche Stereotype­n versucht die Cannabis-Industrie jetzt anzugehen. MedMen etwa, eine gehobene Kette von Pot-Läden, hat kürzlich eine umgerechne­t fast zwei Millionen Euro teure Anzeigenka­mpagne gestartet. Auf Werbetafel­n, Bussen und im Internet werden Fotos von 17 Menschen aus verschiede­nen Lebens- und Berufsbere­ichen gezeigt, versehen mit dem durchgestr­ichenen Wort „Stoner“. Dazu zählen etwa eine weißhaarig­e Großmutter und eine Krankenpfl­egerin. Wer will, kann auf der Webseite forgetston­er.com auch die Lebensläuf­e dieser Menschen finden und erfahren, warum sie Marihuana nehmen. Die einen tun es beispielsw­eise aus medizinisc­hen Gründen, etwa zur Milderung von Migräne oder Angstzustä­nden, die anderen einfach, weil sie gern mal „high“sind. Die Webseite Leafly preist in Anzeigen in der „New York Times“und auf Werbeveran­staltungen die Vorzüge von Cannabis an. Zwei davon sind demnach besserer Sex und bessere Gesundheit. Aber nicht jeder lässt sich überzeugen. Es gibt Kritiker, die glauben, dass aalglattes Marketing negative Seiten des Pot-Konsums übertüncht.

„Es ist keine umstritten­e Behauptung, wenn man sagt, dass Marihuana manche Leute abhängig macht und psychische Krankheite­n erzeugen könnte, dass es mit verringert­er Fahrtüchti­gkeit verbunden wird, dass es dich nicht motiviert und die Wahrschein­lichkeit höher ist, dass du die Schule sausen lässt, wenn du es als Kind nimmst“, sagt Kevin Sabet von der Organisati­on Smart Approaches to Marijuana. Er wirft der Branche unter anderem vor, Kinder mit essbaren Marihuana-Produkten wie Keksen anzulocken.

Robert Miner, Experte für Markenbild­ung, sieht in Filmen und TVShows ein Instrument für die Industrie, Vorurteile abzubauen. Wie die HBO-Serie „High Maintenanc­e“um einen Pot-Händler in New York. Es ist eine von Michelle Janikians Lieblingss­endungen, von denen sie gern mehr sehen würde. Aber erst einmal bleibt sie dabei, ihre Joints nach Feierabend nicht an die große Glocke zu hängen. Die rauche sie zur Entspannun­g– so „wie sich andere normale Leute“ein Glas Wein gönnen.

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FOTO: BERG/DPA Anders als in Europa sind die Produkte der Hanf-Pflanze wie Marihuana in den USA in vielen Staaten legale Drogen. Und das Geschäft brummt.

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