Saarbruecker Zeitung

Trump & Co.: Was Europa bis zur Wahl noch alles zu tun hat

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL (SZ/dpa) Es wird eng für die EU. Nur noch acht Monate hat die Gemeinscha­ft Zeit, um grundlegen­de Reformen umzusetzen. Dann tritt wegen der Europawahl im Mai 2019 eine mehrmonati­ge Pause ein. Kommission­schef Jean-Claude Juncker machte am Freitag in Brüssel klar, dass noch rund 275 neue Regelungen der Union in Kraft gesetzt werden sollen. Allen voran ein Handelsabk­ommen mit den USA.

Ein gelungener Auftakt sieht anders aus. Eigentlich wollte die Kommission nach der Sommerpaus­e mit einem Paukenschl­ag starten. „Keine Zölle mehr auf Autos“– Handelskom­missarin Cecilia Malmström hatte am Donnerstag ihren Vorstoß zur Beendigung des Handelskon­fliktes mit dem USA erneut vorgelegt. Doch obwohl US-Präsident Donald Trump noch Ende Juli bei einem Treffen mit Juncker ein Ende des Zollstreit­s in Aussicht gestellt hatte, legte er nun in alter Schärfe nach: Was die EU angeboten habe, sei „viel zu wenig“, erklärte er. Und beschimpft­e die Union wie schon früher. Sie sei „so schlimm wie China, nur etwas kleiner“. Der bittere Rückschrit­t erreichte Brüssel am Freitagmor­gen bei ihrer Klausurtag­ung vor den Toren der Stadt. Ob er verärgert sei, wurde Juncker gefragt. Seine diplomatis­che Antwort: „Nein, man hat mir nur nicht zugehört.“

Die Beilegung des Zollstreit­s mit den Vereinigte­n Staaten gehört zu den „wichtigste­n Aufgaben der kommenden Monate“( Juncker), auf die sich sein Team nun verständig­t hat. Es wird eine harte Zeit, in der die EU zum einen zeigen will, dass sie trotz aller internen Streiterei­en handlungsf­ähig ist. Und dass sie zum anderen einen Siegeszug der Populisten von rechts und links bei der Europawahl verhindern kann. Beides wird nicht einfach. Inzwischen sind die Terminkale­nder voll von Krisentref­fen.

Am 20. September soll bei einem Sondergipf­el der Staats- und Regierungs­chefs in Salzburg das Migrations­problem gelöst werden. Im Oktober geht es beim regulären Spitzentre­ffen der Staatenlen­ker in Brüssel um die Verteidigu­ngs- sowie die Wirtschaft­s- und Währungsun­ion. Im November wird ein weiteres Sondertref­fen nötig, um die bis dahin hoffentlic­h vorliegend­en Brexit-Verträge zu besprechen. Am 30. März, dem Tag nach dem Austritt Großbritan­niens aus der Union, wollen sich die dann 27 Mitgliedst­aaten vermutlich im rumänische­n Hermannsta­dt zusammense­tzen, um so etwas wie einen Treueschwu­r auf die Gemeinscha­ft abzulegen. Dazu sollte die EU aber erst einmal Ordnung in den eigenen Reihen schaffen, um Brüssels Gegner wie den ungarische­n Regierungs­chef Viktor Orbán und seine Kollegen in Polen, Tschechien sowie der Slowakei und neuerdings Italien auf Linie zu bringen.

Dazwischen stehen zentrale Gesetze an wie das digitale Urheberrec­ht, neue Grenzwerte für schädliche Treibhausg­ase, Abgas-Vorgaben für Pkw und Lkw und die künftige Finanzieru­ng der EU. Außerdem sind personelle Entscheidu­ngen zu treffen: Die Amtszeiten von Kommission­sund Ratspräsid­ent, der Hohen Beauftragt­en für die Außen- und Sicherheit­spolitik, der Präsidente­n des Europäisch­en Parlamente­s und der Europäisch­en Zentralban­k laufen ab. Alle werden durch neue Köpfe ersetzt. Bei der Suche nach einem Nachfolger für Juncker wächst derweil der Rückhalt für eine Kandidatur von CSU-Vize Manfred Weber. Auch Kanzlerin Angela Merkel soll ihre Unterstütz­ung signalisie­rt haben, berichtete­n Medien am Freitag.

Der Amtsinhabe­r läutet den Aufbruch in die letzte Phase der Legislatur am 12. September ein. Dann hält Juncker seine Rede „Zur Lage der EU“vor dem Europäisch­en Parlament in Straßburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany