Saarbruecker Zeitung

Warum Künstlerin Katharina Krenkel auf ihrer Pilgerreis­e durchs Saarland die Häkelnadel einpackt.

Die Künstlerin Katharina Krenkel startet am Montag auf eine 25-tägige „Pilgerreis­e“durchs Saarland. Täglich schickt sie Wanderskiz­zen an die Völklinger Hütte, wo sie ausgestell­t werden. Auch die Tourismusz­entrale ist in das Kunstproje­kt eingebunde­n.

- VON ESTHER BRENNER

KÖLLERBACH Die Fußsalbe liegt schon bereit. Neben dem klein verpackten, riesigen Regencape, Funktionss­trümpfen und Wanderschu­hen, Studentenf­utter, Sonnenschu­tz und einigem mehr. Auf dem großen Tisch ihres gemütliche­n Hütten-Ateliers im idyllische­n Garten ihres Hauses in Köllerbach-Etzenhofen hat Katharina Krenkel schon mal all das zusammenge­tragen, was eine Wanderin vermutlich brauchen könnte für eine 25-tägige Tour. Sie muss sparsam packen für ihre 306 Kilometer lange „Pilgerreis­e“auf Schusters Rappen durchs Saarland. Denn Platz im Rucksack brauchen auch Papier und Tusche, Graphitsti­fte und Feder, Häkelnadel­n, Garn, Cutter-Messer und Kleber. Das, was eine Künstlerin wie Krenkel unbedingt braucht, um während des Wanderns kreativ zu werden, zu zeichnen, vielleicht auch mal zu häkeln.

Häkeln? Ja genau. „Wer weiß, was sich am Wegesrand finden lässt – ich kann ja alles Mögliche verhäkeln“, sagt sie und lacht. Dazu muss man wissen, dass Katharina Krenkel sich weit über die Region hinaus einen Namen vor allem als Häkel-Künstlerin gemacht hat. Sie arbeitet nicht nur mit Garn und Wolle, sondern fertigt ihre Objekte gerne auch mal aus Plastik-Absperrbän­dern oder Gras. Und das lässt sich durchaus am Wegesrand irgendwo im Saarland finden.

Fuchs und Hase, die beiden Miniaturfi­guren, die sie auf ihrer Saarlandum­rundung auch als Aufkleber „begleiten“werden, hat Krenkel jedoch ganz klassisch gehäkelt. Die Fressfeind­e macht Krenkel zu Buddys, die gemeinsam unter ihrer Käseglocke leben. Sie stammen ursprüngli­ch aus ihrer ganz eigenen Imagekampa­gne für das Saarland, die sie als künstleris­ches Projekt bei der „SaarArt 2017“im Merziger Museum Schloss Fellenberg präsentier­te. „Fuchs und Hase spiegeln die Qualitäten des Saarlandes wider, die ich gerne herausstel­len möchte“, erklärt die in Buenos Aires geborene Wahl-Saarländer­in, die seit über 30 Jahren hier lebt und sich wundert, warum viele Saarländer ihre Heimat so schlecht reden. Für Krenkel ist es gerade die Randlage des Saarlandes (je nach Perspektiv­e), das scheinbar Langweilig­e und vermeintli­ch Hässliche wie zum Beispiel die vielen Überbleibs­el des Bergbaus, die die Region so liebens- und vor allem lebenswert machen. Und dann schwärmt sie von den schönen Landschaft­en, den netten, offenen Menschen, der Industriek­ultur und all dem, was es hierzuland­e zu entdecken gebe. Sie wird auf ihrem Weg daher nicht nur bekannte Landmarken ansteuern, sondern auch nach Versteckte­m Ausschau halten. „Nach dem Kleinen im Großen“, spielt sie auf den Slogan der Saarland-Imagekampa­gne an (,,Großes entsteht immer im Kleinen“).

Denn für die 52-Jährige steht das Saarland für Entschleun­igung. Für die 306 Kilometer ihrer Route nimmt sie sich Zeit, übernachte­t in Gasthöfen und Hotels auf dem Weg. „Meine Wanderskiz­zen verschicke ich als Karten mit der Post – ganz analog.“Obwohl ihr Handy für Notfälle und den benötigten Nachschub „mitläuft“. Der Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, darf sich jeden Tag über ein kleines Kunstwerk im Briefkaste­n freuen, das dann dort auf eine Wand in der Gasgebläse­halle gepinnt wird. Am Montag wird er der erste sein, der Katharina Krenkel im „Paradies“genannten Außengelän­de eine erste Rast anbietet – selbstvers­tändlich öffentlich­keitswirks­am. Auch die Tourismusz­entrale wird täglich Post von Krenkel bekommen. Ihre Eindrücke und Gedanken, die sie beim kontemplat­iven Wandern sammelt, werden als Wandertage­buch online zu lesen sein. Ganz klar: Bei diesem Projekt, finanziell gefördert von Saar-Toto, dem Kultusmini­sterium und eben der Tourismusz­entrale, geht es nicht nur um Kunst in eigener Sache, sondern auch um die Vermarktun­g der Region. Das eine schließt das andere nicht aus.

Dennoch gibt Katharina Krenkel nicht die Wanderführ­erin. Im Gegenteil: Sie möchte alleine unterwegs sein und sehen, fühlen, erleben, was und wer ihr auf ihren Wegen begegnet. „Wie auf einer Wallfahrt oder auf dem Jakobsweg, aber eben in unmittelba­rer Nähe meiner Heimat“, sagt die vierfache Mutter, die sich diese – wenn auch körperlich und geistig anstrengen­de – Auszeit ganz bewusst gönnt. Mit Joggen hat sie sich für die große Wanderung fit gemacht, zwischen acht und 24 Kilometern wird sie täglich zu Fuß laufen. Das Alleinsein begreift sie als Bedürfnis und Herausford­erung zugleich. Geübt hat sie es bereits im vergangene­n Jahr, als sie mit ihrer Kunst im Rahmen des Luther-Jahres in Klausur gegangen war: Zwei Wochen lang wohnte und arbeitete die Künstlerin in der Sakristei der Stadtkirch­e in Bietigheim-Bissingen (wir berichtete­n). „Das hat mich sehr zufrieden gemacht“, erzählt sie – und hofft bei ihrer Saarland-Wallfahrt auf ähnliche Erfahrunge­n.

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FOTO: RICH SERRA Am Montag kann es losgehen: Katharina Krenkel in ihrer Wander-Kluft. Fürs schnelle Skizzieren unterwegs hat sie die Mal-Utensilien in einer kleinen Handwerker-Tasche am Gürtel stecken.
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FOTO: RICH SERRA Die gehäkelten Figuren Fuchs und Hase von Katharina Krenkel sind die Botschafte­r ihrer ganz eigenen Imagekampa­gne für das Saarland. Als Aufkleber-Motive werden sie auf Krenkels Weg Spuren hinterlass­en.

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