Saarbruecker Zeitung

Bewegender Abschied von John McCain

Die politische Elite versammelt sich in Washington, um US-Senator McCain zu verabschie­den – eine Gegenveran­staltung zu Trumps Amerika.

- VON FRANK HERRMANN

Eine Zeremonie, die Eindruck hinterläss­t: Rund 3000 Besucher und ehemalige Präsidente­n erwiesen dem verstorben­en US-Senator John Mc Cain die letzte Ehre. Einer war dagegen unerwünsch­t.

Es ist ein idyllische­s Fleckchen Erde, das sich John McCain für sein Grab ausgesucht hatte. Ein Freund, ein Admiral namens Charles Larson, hat die Stelle beizeiten für ihn reserviere­n lassen. Es ist eine Zeremonie im kleinen Kreis, ein markanter Kontrast zu den öffentlich­en, sehr politische­n Feiern in Washington, die den Abschied von dem streitlust­igen Senator zu einer Demonstrat­ion werden ließen. Zu einer Rebellion gegen nationalis­tische Nabelschau. McCain wollte es so, nach seinem Willen sollten die Trauertage in der Hauptstadt ein Sich-Auflehnen signalisie­ren – gegen das „America first“Donald Trumps, in dem er einen Weg in die Sackgasse sah.

Donald Trump muss am Fernseher im Weißen Haus zuschauen, wie sich am Samstag viel Prominenz unter den rund 3000 geladenen Gästen in der Nationalka­thedrale versammelt, um einen seiner schärfsten Kritiker zu würdigen. Selber nicht eingeladen, lässt er sich durch seine Tochter Ivanka und den Schwiegers­ohn Jared Kushner vertreten. Und ohne Trump auch nur ein einziges Mal beim Namen zu nennen, rechnet Obama mit dem Trumpismus ab: „So vieles in unserer Politik, in unserem öffentlich­en Leben, in unserem öffentlich­en Diskurs kann gemein und kleinlich erscheinen, ins Bombastisc­he und Beleidigen­de ausufernd, in vorgetäusc­hte Kontrovers­en und künstliche Empörung.“So etwas spiele Tapferkeit vor, in Wahrheit sei es aus der Angst geboren. „John hat an uns appelliert, größer zu sein, besser zu sein.“Gerade in der Außenpolit­ik habe er oft nicht mit ihm übereinges­timmt, sagt der Ex-Präsident über den Republikan­er, der Interventi­onen wie der im Irak das Wort redete und die USA in der Pflicht sah, Freiheit und Demokratie zu verbreiten. Dennoch, McCain habe verstanden, dass Amerikas Einfluss in der Welt nicht allein auf militärisc­her Macht beruhe, nicht allein auf Wohlstand, nicht allein auf der Fähigkeit, anderen seinen Willen aufzuzwing­en. Sondern auf der Fähigkeit gründe, andere zu inspiriere­n und selber an Werten festzuhalt­en, die für alle gelten sollten.

Bush, der McCain im Jahr 2000 im innerparte­ilichen Duell um die Präsidents­chaftskand­idatur besiegte, spricht von der Würde, die jedem Menschenle­ben innewohne und die sein einstiger Kontrahent aus innerster Überzeugun­g respektier­t habe. „Eine Würde, die nicht an Grenzen haltmacht und nicht von Diktatoren ausgelösch­t werden kann.“

Doch es ist Meghan McCain, die 33 Jahre alte Tochter des Verstorben­en, die unter Tränen am eindringli­chsten Klartext redet. „Wir sind zusammenge­kommen, um den Verlust amerikanis­cher Größe zu betrauern“, beginnt sie. Das Amerika John McCains sei großzügig, es habe offene Türen, es sei kühn, fügt sie hinzu. Es spreche mit leiser Stimme, weil es stark sei. Amerika prahle nicht, weil es Angeberei nicht nötig habe. Dann spielt sie auf das „Make America Great Again“an, Trumps auf Millionen roter Baseballka­ppen verewigten Slogan. „Das Amerika John McCains muss nicht wieder groß gemacht werden, denn groß war es schon immer.“

 ?? FOTO: MARTINEZ MONSIVAIS/DPA ?? Ex-US-Präsident Barack Obama rechnet bei der Trauerfeie­r für den verstorben­en Senator John McCain mit dem Trumpismus ab.
FOTO: MARTINEZ MONSIVAIS/DPA Ex-US-Präsident Barack Obama rechnet bei der Trauerfeie­r für den verstorben­en Senator John McCain mit dem Trumpismus ab.

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