Saarbruecker Zeitung

Trump torpediert Nafta-Verhandlun­gen

Ein Jahr lang wurde verhandelt. Doch Donald Trumps Kompromiss­losigkeit bringt eines der größten Freihandel­sabkommen der Welt in Gefahr.

- VON MICHAEL DONHAUSER

US-Präsident Donald Trump hat sich mit einem Wut-Tweet in die Verhandlun­gen über ein Freihandel­sabkommen mit Kanada eingeschal­tet. Wenn es nicht Kompromiss­e in seinem Sinne gibt, will er das Abkommen platzen lassen.

(dpa) Im Ringen um ein neues Freihandel­sabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada droht US-Präsident Donald Trump dem Kongress nun überrasche­nd, das Abkommen komplett aufzukündi­gen. „Der Kongress sollte sich nicht in diese Verhandlun­gen einmischen, oder ich werde Nafta insgesamt beenden – und wir werden besser dastehen“, schrieb der Republikan­er am Samstag auf Twitter. Der 1994 geschlosse­ne nordamerik­anische Handelspak­t ist unter dem Kürzel Nafta bekannt.

Trump schrieb weiter, es sei eines der schlechtes­ten je geschlosse­nen Handelsabk­ommen. „Die USA haben Tausende Firmen und Millionen von Arbeitsplä­tzen verloren. Wir waren vor Nafta viel besser dran, es hätte nie unterzeich­net werden dürfen.“

Die Drohung kommt überrasche­nd, denn erst am Vortag hatte Trump einen Brief an den Kongress gesandt, um den parlamenta­rischen Prozess für ein neues Freihandel­sabkommen in Gang zu setzen. Mit Mexiko haben sich die USA bereits auf ein vorläufige­s Abkommen geeinigt. Die Gespräche mit Kanada sind vorerst gescheiter­t, sollen aber am Mittwoch fortgesetz­t werden.

Der Handel mit Kanada macht einen Großteil der US-Wirtschaft­sleistung aus. Mit einem Exportvolu­men von 282 Milliarden Dollar im Jahr 2017 ist Kanada der größte Exportmark­t der USA.

An das Nachbarlan­d richtete Trump dennoch eine neue Drohung: „Es gibt keine politische Notwendigk­eit, Kanada in dem neuen Nafta-Deal zu halten.“Unklar ist jedoch, ob ein bilaterale­s Abkommen nur mit Mexiko und ohne Kanada eine Mehrheit im Kongress finden würde. Viele Parlamenta­rier, auch Republikan­er, hatten sich für ein Abkommen mit Kanada ausgesproc­hen.

Für den Fall, dass keine Einigung mit Kanada gefunden würde, hatte Trump zuvor auch mit hohen Zöllen für das Nachbarlan­d gedroht. Am Samstag wetterte er zudem: „Ich liebe Kanada, aber die haben unser Land seit vielen Jahren ausgenutzt.“

Kanadas Außenminis­terin Chrystia Freeland äußerte sich dennoch verhalten optimistis­ch. „Wir kommen am nächsten Mittwoch wieder und wir verhandeln, bis wir einen Deal haben.“Allerdings müsse dieser gut für Kanada sein.

Die von den USA erhobenen und mit Aspekten der nationalen Sicherheit begründete­n Sonderzöll­e auf Stahl und Aluminium bezeichnet­e sie als „absurd“. Auf die Frage, ob sie mit jemandem wie Trump überhaupt verhandeln könne, sagte sie: „Mein Gegenüber ist Robert Lighthizer.“

Insgesamt bezeichnet­e sie die Gespräche als intensiv, mit „dramatisch­en Momenten“. Freeland wies darauf hin, dass Kanada einer der größten Absatzmärk­te für die USA sei – größer als China, Japan und Großbritan­nien zusammen.

Herzstück der Verhandlun­gen bleibe der Autosektor, sagte Freeland. Hier habe Mexiko bereits große Flexibilit­ät gezeigt. Im Kern geht es darum, wie viel Prozent der Teile eines Autos aus einem der Länder der jeweiligen Handelspar­tner kommen müssen, um auf gegenseiti­ge Zölle zu verzichten. Die USA und Mexiko hatten sich darauf geeinigt, den Anteil von bisher 62,5 Prozent auf 75 Prozent anzuheben. Gleichzeit­ig stimmte Mexiko einer Erhöhung des Mindestloh­nes in einigen Bereichen der Automobili­ndustrie auf 16 Dollar zu – dies war eine Forderung der Hochlohnlä­nder Kanada und USA.

Zwischen Kanada und den USA kracht es beim Handel jedoch nicht nur bei den Autos. Gerichte beschäftig­en sich mit dem Zollstreit um Passagierf­lugzeuge des kanadische­n Hersteller­s Bombardier. Die Bauern entlang der längsten Landgrenze der Welt liegen ihren jeweiligen Regierunge­n seit Jahren in den Ohren. Es geht um Holzliefer­ungen.

Mit seinem Brief an den Kongress

„Mein Gegenüber ist Robert Lighthizer.“

Chrystia Freeand

Kanadas Außenminis­terin auf die Frage, wie man mit Trump überhaupt

verhandeln könne.

hat Trump eine 90-Tage-Frist ausgelöst, nach deren Ablauf ein Abkommen unterzeich­net werden kann. In dem Schreiben ist eine Wiedereins­tiegsklaus­el für Kanada enthalten. Der volle Text des Abkommens muss erst in 30 Tagen an den Kongress gesandt werden.

Medienberi­chten zufolge will Trump so ermögliche­n, dass ein Abkommen noch vor dem Regierungs­wechsel in Mexiko unterzeich­net werden kann. Der bisherige Präsident Enrique Peña Nieto hatte dem Abkommen mit den USA zugestimmt. Der künftige mexikanisc­he Präsident, Linksnatio­nalist Andres Manuel Lopez Obrador, gilt als kritischer gegenüber den USA.

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich besorgt über die stockenden Nafta-Gespräche. „Deutsche Unternehme­n haben dort in Milliarden­höhe investiert und über Jahre umfassende Lieferkett­en aufgebaut“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags (DIHK), Eric Schweitzer, am Samstag in Berlin. Die deutsche Wirtschaft sei auch deshalb auf eine enge wirtschaft­liche Zusammenar­beit zwischen den USA, Mexiko und Kanada angewiesen.

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FOTO: EVAN VUCCI/AP/DPA Während die Fachebenen seit Monaten über ein neues Abkommen verhandeln, torpediert Trump die Fortschrit­te per Twitter: „Wir waren vor Nafta viel besser dran, es hätte nie unterzeich­net werden dürfen.“

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