Saarbruecker Zeitung

Brasiliens Lula darf nicht mehr zur Wahl antreten

Elf Stunden lang saßen die Richter zusammen. Am Ende stand ihr klares Nein für die Kandidatur des brasiliani­schen ExPräsiden­ten Luiz Inácio Lula da Silva.

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(epd) Brasiliens ehemaliger Präsident Luis Inácio Lula da Silva darf bei den Präsidents­chaftswahl­en im Oktober nicht kandidiere­n. Sechs von sieben Richtern stimmten nach einer mehr als elfstündig­en Sitzung gegen eine Kandidatur des Linkspolit­ikers, wie die Tageszeitu­ng „Folha de São Paulo“am Samstag berichtete. Lula ist seit Anfang April inhaftiert. Er wurde wegen Korruption und Geldwäsche zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt.

Lula weist alle Vorwürfe zurück und sieht in der Verhaftung ein Komplott, ihn politisch mundtot zu machen. Die Umfragen bei den Präsidents­chaftswahl­en führt der 72-jährige Linkspolit­iker mit rund 20 Prozent Vorsprung an. Lulas Arbeiterpa­rtei PT kündigte umgehend an, alle verfügbare­n Rechtsmitt­el gegen das Urteil des Wahlgerich­ts einzulegen. „Die Kandidatur von Lula ist die Antwort des brasiliani­schen Volkes auf diejenigen, die ihre Macht missbrauch­t haben“, erklärte die PT und rief zu Massendemo­nstratione­n auf.

Die Richter begründete­n die Entscheidu­ng mit einem von Lula erlassenen Gesetz, nachdem eine Kandidatur für öffentlich­e Wahlämter bei Vorstrafen nicht möglich ist. Lulas Anwälte argumentie­ren allerdings, dass seine Kandidatur rechtens ist, weil noch Einsprüche gegen die Haftstrafe anhängig sind. Sie hatten den UN-Menschenre­chtsaussch­uss angerufen, der eine Disqualifi­kation ebenfalls mit der gleichen Begründung für unzulässig hält. In einem ersten am Samstag ausgestrah­lten TV-Wahlspot verspricht Lula, er werde als Präsident, „der am meisten für die soziale Teilhabe getan hat“, in die Geschichte Brasiliens eingehen.

Die Arbeiterpa­rtei PT hat nach dem Richtervot­um zehn Tage Zeit, einen Ersatzkand­idaten zu präsentier­en. Wahrschein­lich ist, dass São Paulos Ex-Bürgermeis­ter Fernando Haddad einspringt, der als Lulas Vize kandidiert. Haddad, der national allerdings wenig bekannt ist, ist jetzt schon im Wahlkampf unterwegs und verteidigt Lulas Erbe. PT-Chefin Gleisi Hoffmann ist sich sicher, dass Haddad rund 80 Prozent aller Stimmen für Lula auf sich vereinigen kann.

Insgesamt bewerben sich für die Wahl am 7. Oktober 13 Kandidaten. Auf Platz zwei der Umfragen liegt der ultrarecht­e Politiker Jair Bolsonaro, der durch rassistisc­he und homophobe Äußerungen auffällt. Der Ex-Fallschirm­springer ist zudem ein Bewunderer der brasiliani­schen Militärdik­tatur (1964 bis 1985).

Hoffnungen auf die Stichwahl macht sich auch São Paulos Ex-Gouverneur Geraldo Alckmin, der das konservati­ve Lager hinter sich vereint. Er setzt darauf, moderate Wähler von Bolsonaro abzuwerben.

Auch Brasiliens Ex-Umweltmini­sterin Marina Silva, die derzeit auf Platz drei der Umfragen liegt, hofft auf einen Einzug in die Stichwahl. Die 60-jährige Umweltakti­vistin ist als eine von wenigen Politikern nicht in Korruption­sskandale verwickelt. Respekt hat sie sich 2008 erworben, als sie aus Protest gegen die Amazonas-Politik von Lula von ihrem Amt als Umweltmini­sterin zurücktrat. Brasilien ist gesellscha­ftlich zutiefst gespalten.

Seit drei Jahren steckt Lateinamer­ikas größte Volkswirts­chaft in einer Wirtschaft­skrise mit Rekordarbe­itslosigke­it. Zugleich erschütter­t der größte Korruption­sskandal in der Geschichte das Land.

Am 7. Oktober wählt Brasilien einen neuen

Präsidente­n.

 ?? FOTO: LOPES/ZUMA/DPA ?? Der ehemalige Präsident Brasiliens sitzt derzeit wegen Korruption im Gefängnis. Er sieht in seiner Verhaftung ein Komplott.
FOTO: LOPES/ZUMA/DPA Der ehemalige Präsident Brasiliens sitzt derzeit wegen Korruption im Gefängnis. Er sieht in seiner Verhaftung ein Komplott.

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