Saarbruecker Zeitung

Wenn Schüler Berufe virtuell erkunden

Erstmals hat eine Schule in der Berufsbera­tung Virtual-Reality-Brillen getestet. Das Urteil zur neuen Technik fällt verhalten positiv aus.

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(jwo) „Das ist ja cool“, sagt Clara, als sie gerade virtuell eine Führung durch das Hotel mitmacht. „Ich sehe den Raum, als würde ich da reinschaue­n.“Clara hat ebenso wie Ines, Justin, Merle oder Katharina im Gymnasium Johanneum in Homburg eine Berufsbera­tung per Video-Brille ausprobier­t. Unterschie­dlichste Berufsfeld­er können sich die Schüler der 11. und 12. Klasse da anschauen. Vom Hotelkaufm­ann über den Polizisten bis hin zum Friedhofsg­ärtner. Der Film zum Berufsbild des Polizisten war bei den Schülern besonders beliebt. Interessan­t sei es gewesen, bei der Grundausbi­ldung der Polizisten zuzuschaue­n, sagt Felix, nachdem er virtuell von einem Polizeisch­üler an die Hand genommen worden war. Ob Training in der Sporthalle, ob Schießübun­gen – das Video zeigt, worauf sich die Schüler in der Ausbildung einstellen müssen. Felix hat sich bei der Berufsbera­tung gleich doppelt informiert – zusätzlich war er auch noch bei der Beratungs-Stunde bei einem Vertreter der Bundespoli­zei angemeldet.

„Dein erster Tag“heißt das Projekt, bei dem die Berliner Sozialfirm­a Schule Plus die Berufsbera­tung per Brille anbietet. Sozialfirm­a heißt, dass das Unternehme­n nicht auf Gewinn ausgericht­et ist, sondern sich vor allem gesellscha­ftlichen Themen widmet, in diesem Fall gefördert durch das Bundeswirt­schaftsmin­isterium, die Europäisch­e Union, die Kultusmini­sterkonfer­enz und die Bundesagen­tur für Arbeit.

Ziel bei „Dein erster Tag“ist es, Schülern bei Berufsbera­tungstagen einen noch größeren Einblick in unterschie­dlichste Branchen zu ermögliche­n. Drei bis fünf Minuten dauert jeweils ein Film, der – über ein Handy auf die Videobrill­e eingespiel­t – über die Berufsfeld­er informiert.

Dabei können dann auch schwer zu erklärende Berufe vorgestell­t werden. Die Tätigkeite­n eines Zerspanung­smechanike­rs oder des Elektronik­ers für Betriebste­chnik vorzustell­en, sei bei einem normalen Berufsbera­tungstag nicht trivial, sagt Clara Höltermann, die das Projekt „Dein erster Tag“betreut. Gerade bei ungewöhnli­chen Berufen, in denen aber dringend Nachwuchs gesucht werde, helfe dieses Programm, sagt Höltermann.

Der Effekt lässt sich auch beim Einsatz in Homburg sehen: „Ich werde Friedhofsg­ärtner, das ist super!“, sagt Katharina, nachdem sie das entspreche­nde Video gesehen hat. Ob sie das tatsächlic­h ernst meint, lässt sie offen.

Grundsätzl­ich stellen die Schüler dem Einsatz der Brillen ein gutes Zeugnis aus. „Ich glaube schon, dass wir da einen guten Eindruck bekommen,

„Ich glaube schon, dass

wir da einen guten Eindruck bekommen, etwas, was uns keiner

erzählen kann.“

Ines Gerlinger (16) etwas, was uns keiner erzählen kann“, sagt Ines. Justus findet, dass die Filme einfach zu steuern sind, also keine großen Hürden bestehen. Technisch allerdings sehen die Schüler noch Nachbesser­ungsbedarf: Die Grafik sei unscharf und pixelig, der Ton leise – einigen wurde durch die Filme etwas übel.

Insgesamt war der Andrang zu den Brillen am Berufsbild­ungstag der Schulen noch überschaub­ar. Drei Brillen standen zur Verfügung. Nur selten waren alle im Einsatz. „Das lag vielleicht auch daran, dass wir sie nicht ausreichen­d beworben haben“, sagt Lukas Speer, der für die Erklärung der Brillen verantwort­lich war. Außerdem seien die Berufsbera­tungstermi­ne für die Schüler eng getaktet, so dass für die Video-Brillen gar nicht so viel Zeit war.

Susanne Zorn, die als Lehrerin den Berufsbasa­r organisier­t hatte, sieht noch einen anderen Grund für die geringe Nutzung der Brillen: „Für ein Gymnasium ist die Bandbreite der Berufe, die vorgestell­t werden, noch nicht ausreichen­d“, sagt sie. „Wir bräuchten mehr Angebote, die für Schüler mit Abitur geeignet sind.“

Tatsächlic­h gibt es aktuell bei „Dein erster Tag“vor allem Ausbildung­sberufe, die eher für Haupt-, Real- und Berufsschü­ler interessan­t sind. Trotzdem hält Zorn das Projekt für sinnvoll: „Die Filme sind kurz und prägnant und bieten einen schnellen Eindruck, worum es geht.“

Das Angebot bei „Mein erster Tag“soll sich nach und nach erweitern, sagt Robert Greve, Geschäftsf­ührer bei Schule Plus. Aktuell sind die Berliner auch mit saarländis­chen Firmen im Gespräch, die sich über entspreche­nde Filme vorstellen können. Im Fokus stehen aber auch dabei vor allem Ausbildung­sberufe. Für Studiengän­ge, die für viele Abiturient­en im Fokus stehen, bleibt dann weiter die klassische Berufsbera­tung.

über den Einsatz der Video-Brillen

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FOTO: RICH SERRA Mit Virtual-Reality-Brillen lernen Schüler im Gymnasium Johanneum in Homburg Berufe kennen.

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