Saarbruecker Zeitung

Nachbarn werden in Brandnacht zu Rettern

Flammen bringen Kind in Lebensgefa­hr. Christine Ruppert und Frank Flockerzie handeln schon, bevor die Feuerwehr da ist.

- VON FRANK BREDEL

Es waren dramatisch­e Minuten, die Frank Flockerzie niemals vergessen wird. Der gelernte Dachdecker war schon im Bett, als ihn die verzweifel­ten Hilfeschre­ie des Nachbarkin­ds Marie aus dem Schlaf rissen. Barfuß lief er auf die Straße, um sich umzusehen, und entdeckte Marie am Haus gegenüber am Dachfirst auf der Regenrinne. Hinter ihr drang Qualm aus dem Fenster.

Gleichzeit­ig kam Nachbarin Christine Ruppert aus ihrem Haus. Sie war ebenfalls alarmiert durch die Geräusche und rannte zur Tür des brennenden Gebäudes.

Flockerzie schnappte sich die Leiter von seinem Handwerker­wagen und rettete – immer noch barfuß – das Mädchen aus gut sechs Metern Höhe. „Marie wäre sonst sicher gesprungen. Frank hat ihr zugerufen, sie möge warten, er werde sie retten“, sagt Christine Ruppert, die hinter dem Haus eine weitere Leiter geholt hatte und auf dem Weg dorthin die Eltern des Mädchens in der Küche im Erdgeschos­s sah. „Ich sagte ihnen, dass Marie gerade gerettet wird und sie rauskommen sollen. Sie machten dabei einen völlig verwirrten Eindruck.“

Jedenfalls gelang es den Nachbarn noch vor Eintreffen der Feuerwehr, alle drei Menschen aus dem Haus zu befreien. Die Polizei wird die mutigen Nachbarn für eine öffentlich­e Belobigung vorschlage­n.

Christine Ruppert war es auch, die die Feuerwehr rief. „Die ließen mich in einer Warteschla­nge hängen“, beklagte sie sich am Einsatzort. „Es waren keine gefühlten Minuten – es dauerte wirklich zu lange“, sagte sie. Und nicht nur das.

Erst habe es einige Zeit gedauert, bis die Feuerwehr kam. Dann sei während der Löscharbei­ten das Wasser ausgefalle­n. Minutenlan­g standen demnach die Wehrmänner dem Feuer hilflos gegenüber. Grund: Ihre Schläuche führten kein Wasser. „Das war dem niedrigen Druck in der Sackgasse geschuldet. Wir mussten umbauen und weiter abgelegene Hydranten nutzen“, sagte ein Feuerwehrm­ann.

Für Christine Ruppert war das eine Qual. Sie hoffte, dass die Flammen nicht auf ihr Haus übergreife­n und musste, wie sie sagt, fast eine Viertelstu­nde zusehen, wie die Feuerwehr ohne Wasser dastand. Außerdem gab es Platzprobl­eme in der engen Straße. Die Feuerwehr musste etwas abseits parken, um der Drehleiter Raum zu lassen. Vier Rettungsun­d zwei Notarztwag­en waren dort, die drei Bewohner kamen der Polizei zufolge mit Rauchvergi­ftungen in Kliniken. Die Löscharbei­ten dauerten Stunden, der Dachstuhl der rechten Doppelhaus­hälfte stürzte ein, das Haus wurde zerstört. Die linke Hälfte, wo Christine Ruppert wohnt, blieb vom Feuer verschont. Schäden gab es aber auch dort. Die Löscharbei­ten dauerten die ganze Nacht, am Morgen wurde das Gebälk nochmals mit Wärmebildk­ameras untersucht. Erst danach konnten Brandermit­tler beginnen.

„Marie wäre sonst sicher gesprungen. Frank hat ihr zugerufen, sie möge warten, er werde sie retten.“

Christine Ruppert

Nachbarin über die dramatisch­e

Szene am Brandort

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Die Flammen wüteten in diesem Bübinger Haus so heftig, dass der Dachstuhl ausbrannte und einstürzte. Der Einsatz dauerte Stunden.
FOTO: BECKER&BREDEL Die Flammen wüteten in diesem Bübinger Haus so heftig, dass der Dachstuhl ausbrannte und einstürzte. Der Einsatz dauerte Stunden.
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FOTO: BECKER&BREDEL Christine Ruppert und Frank Flockerzie griffen ein.

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